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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angeheuert und bin hier in Port Moresby wieder von Bord gegangen. Da hörte ich von Ihrer geplanten Expedition ins unbekannte Hochland und …«
    »… und dachten sich: Das ist das Richtige für mich. Genau das fehlt mir noch! Ein Marsch in die Urzeit unserer Welt.«
    »Genau so ist's.«
    »Und Sie glauben, ich nehme Sie mit?«
    »Ich bin zäh, ich kann arbeiten, und als angehender Mediziner –«
    »Ich bin selbst Ärztin, Mr. Schmitz.« Leonora gefiel der Junge. Er hat einen offenen Blick, ist ehrlich und voller Begeisterung. Aber er ahnt nicht, was ihn da draußen im Hochland erwartet. Hält er überhaupt die Belastungen aus? Wenn man seine zarten Hände betrachtet – die sollen eine Axt festhalten und einen Baum fällen können?
    »Ich wäre Ihnen ein guter Assistent. Auf dem Schiff habe ich einige Erfahrungen gesammelt.«
    »Ein Schiff ist kein Dschungel, Pepau.«
    »Danke.«
    »Wofür danke?«
    »Daß Sie mich eben Pepau nannten. Das gibt mir Hoffnung.«
    »Wenn ich Sie mitnehme, wird's ein harter Job. Er kann tödlich werden.«
    »Wenn Sie das auf sich nehmen, kann ich es auch.«
    »Ich habe auch ein großes Ziel.«
    »Sie wollen Ihren Vater suchen, ich weiß es.« Peter Paul Schmitz, war sehr ernst geworden. Sein Jungenlächeln verschwand, er sah plötzlich älter aus, energischer, selbstbewußt. »Ich möchte Ihnen dabei helfen. Ich glaube fest, daß ich Ihnen ab und zu nützlich sein kann und Ihnen kein Klotz am Bein bin.«
    »Wenn Sie das wären, würde ich Sie nicht mitnehmen.«
    »Das heißt also …« Er holte tief Atem. »Ich darf mit Ihnen?«
    »Ja.«
    »Ich danke Ihnen.« Er machte eine linkische Verbeugung und war wieder der große, noch nicht ganz erwachsene Junge. »Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    Wieder einen Tag später stellte sich Pater Lucius Delcorte vor. Er gehörte dem belgischen ›Orden des Heiligen Opfers‹ an und trug eine bodenlange weiße Soutane. Sein von grauen Haaren umwucherter Kopf war rund wie eine Kugel, und seine Stimme war tief und klangvoll, als sei er ein Opernbaß. Wenn er sprach, klang es immer etwas pathetisch und hallend. Sir Anthony schätzte ihn auf etwa fünfzig Jahre, was genau zutraf.
    »Sie werden sich wundern«, sagte Pater Lucius, als er wie alle anderen Besucher in einem der Korbsessel auf der Terrasse saß und von Butler Herbert mit einem Drink bedient wurde, »daß ich als Priester mich der geplanten Expedition anschließen möchte. Normal ist es ja, daß die jeweilige Mission ihre eigenen Expeditionen durchführt, in Zusammenarbeit mit Regierungstruppen oder Polizeieinheiten.«
    »So ist es.« Sir Anthony nickte mehrmals. »Bisher sind Missionare auf eigene Faust losgezogen.«
    »Unser ›Orden des Heiligen Opfers‹ ist eine noch kleine Gemeinde, die bisher nur zwei Urwaldkirchen gegründet hat und vier Missionsstationen betreibt, vor allem im Sepikgebiet. Wir sind eine im Verhältnis zu den anderen Missionen sehr arme Gemeinschaft, die von Spenden lebt. Als wir von der neuen Expedition ins unerforschte Hochland hörten, haben wir lange darüber gesprochen und beschlossen zu versuchen, mit dieser Expedition auch Gottes Wort in das unbekannte Land zu tragen. Man hat mich ausgewählt für diesen Versuch.« Pater Lucius hob die Hände und legte sie dann aneinander. »Das ist eigentlich alles sehr wenig und doch ungeheuer viel.«
    »Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Expedition von Miss Patrik allein dem Zweck dient, ihren verschollenen Vater zu finden – oder das, was von ihm übriggeblieben ist. Sie werden wenig Gelegenheit haben, bei den Urzeitmenschen, auf die man stoßen wird, garantiert stoßen wird, Vorträge über Jesus zu halten.«
    »Das klingt sehr spöttisch, Sir Anthony«, sagte Pater Lucius duldsam.
    »Es ist nur die Wahrheit. Zum Missionieren braucht man Zeit und Geduld. Beides wird fehlen. Dafür wird es tausend Gefahren geben.«
    »Und Gott wird seine Hand über uns halten.«
    »Ich habe noch keinen Giftpfeil gesehen, der durch himmlische Fügung in eine verkehrte Richtung geflogen ist.«
    »Sie sind ein Zweifler, Sir Anthony?«
    »Ich bin ein Mensch, der allen Grund hat, nicht an den allwissenden Gott zu glauben. Aber darüber möchte ich nicht sprechen.« Sir Anthony winkte ab. »Überlassen wir die Entscheidung Miss Patrik! Wenn sie einen Priester mitnehmen will, ist das ihre Sache. Das wird überhaupt eine sehr bunte Gruppe, die da loszieht.« Er musterte den Pater, als habe er Zweifel, daß er wirklich ein Geistlicher sei
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