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Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume
Autoren: Patricia Shaw
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Weg hatte sich zu einem ausgetrockneten Flussbett erweitert. Sie waren nur noch eine Meile von der Schlucht entfernt. Es war Zeit, die Herde in die Länge zu strecken und das Tempo zu drosseln. Da kam ihm ein Gedanke. Der andere Viehhüter, der Fremde, hatte ihn gefragt, ob er von der Big Run käme. Was bedeutete, dass er selbst nicht von dort stammen konnte. Wer also war dieser Eindringling? Wo hatte Paddy ihn aufgelesen?

3. Kapitel
    F ünf Männer zogen quer durchs Land. Sie bewegten sich schnell, ihre nackten Füße tappten leise über die harte, trockene Erde, die Körper waren staubbedeckt, die Gesichter kalt und grimmig. Sie waren seit der Morgendämmerung unterwegs, machten keine Umwege, drängten stetig voran über die ockerfarbenen Ebenen, aus denen sich vereinzelt bleiche Büschel Stachelkopfgras und verkümmerte Bäume erhoben. Am Horizont erschien die hohe Spirale eines Wirbelsturms, umfing sie mit einem verkleinerten Tornado aus pfeifendem Staub und Geröll, peitschte die nackte Haut, blendete sie fast, doch er zog schnell vorüber, und sie tauchten unversehrt wieder auf, dankbar für die klare Luft.
    Sie rutschten die zerfurchte Böschung eines ausgetrockneten Flussbetts hinunter, die Füße tasteten nach Anzeichen von Feuchtigkeit und fanden sie, Hände gruben sich drängend eine Armlänge tief in die Erde, Wasser sprudelte, sie tranken. Dann zogen sie weiter, Meile um Meile im gleichen Tempo, die langen Jagdspeere störten nicht den Rhythmus ihrer Schritte. Sie schienen nicht auf die quälende Sonne zu achten, die sie den ganzen Tag verfolgt hatte, schließlich das Interesse verlor und in der Ferne verblasste. Reden kostete Kraft. Mimimiadie war der Anführer, sie mussten mit ihm Schritt halten an diesem fünften Tag ihrer verzweifelten Flucht.
    Die Männer gehörten zu der berühmten, oder, wie die Weißen sagen würden, berüchtigten Horde vom Daly River, die in Wirklichkeit aus mehreren Stämmen bestand, denen das Gebiet am Fluss seit Urzeiten gehörte. Doch in den letzten Jahren hatte ein Krieg zwischen den weißen Siedlern, Viehtreibern und Goldsuchern des Territoriums und dem Eingeborenenvolk getobt, das seine Heimat nicht kampflos aufgeben wollte. Dass die neue Regierung, die Tausende von Meilen weiter südlich in Adelaide saß, auf eine humane Behandlung der Schwarzen drängte, wussten die meisten Aborigines nicht, und nur die wenigsten Weißen teilten diese Haltung. Es war ein verborgener, ein Guerillakrieg, der nur selten in den Zeitungen des Südens auftauchte, und wenn es doch geschah, versprachen Geschichten von mörderischen Überfällen durch schwarze Dämonen eine höhere Auflage und kitzelten die Sensationsgier der Bürger in den Vororten. Sie bekamen nicht genug von den blutigen Neuigkeiten und den Heldentaten der Pioniere des Nordens, die den schwarzen Horden standhaft entgegentraten.
    Es interessierte niemanden, wenn die Berater der Königin im fernen London ihrem Entsetzen darüber Ausdruck verliehen, dass in dieser Kolonie ein Guerillakrieg tobte, und auf Einhaltung der Gesetze pochten. Mord war noch immer ein Verbrechen, daran sollten die Gerichte beide Seiten erinnern. Aber wie?
    Der Vertreter der Regierung im Territorium hatte seinen Sitz in Darwin und war als »Der Resident« bekannt. Zurzeit hatte Lawrence Mollard, ein ehemaliger Staatssekretär für öffentliche Arbeiten, dieses Amt inne. Nach außen hin unterstützte er die Bitten der Parlamentarier in Adelaide, unternahm aber nichts gegen die Gewalttaten, die nach wie vor in seinem Zuständigkeitsbereich geschahen. Mollard fand es einfacher, derartige Berichte als übertrieben abzutun.
    Und so ging der Krieg im Outback weiter.
    Weiße Männer entführten schwarze Frauen, Schwarze schlachteten das Vieh der Weißen ab. Krieger wurden gejagt und erschossen, Wohnhäuser gingen in Flammen auf, ganze Familien wurden von Trupps weißer Männer umzingelt, die Erwachsenen erschossen, die »Brut« zu Tode geprügelt, um Munition zu sparen. Verletzte Weiße wurden in ihren Lagern ermordet. Die Vergeltung folgte auf dem Fuß. Suchtrupps erschossen blindlings Schwarze, wo immer sie sie fanden, während eine hoffnungslos unterbesetzte Polizei zur gleichen Zeit verzweifelt versuchte, Gesetz und Ordnung aufrechtzuerhalten, und einige der wahren Täter, weiß wie schwarz, verhaftete.
    Die schnellen Wanderer, von denen hier die Rede ist, gehörten nicht unbedingt zum selben Clan, hatten aber ihre Familien versammelt, um zu überleben,
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