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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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kann ihn nicht finden. Während die Blumen um sie herum tosen, ihr Gesicht streicheln und sie küssen, küssen, küssen …
    Zarah reckte sich, stöhnte und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie fühlte sich ausgeruht, sonnenwarm und gleichzeitig … unbehaglich, verbrannt.
    Wahrscheinlich hatte sie nur schlecht geträumt. Sie konnte sich bloß nicht erinnern, wovon genau.
    Sie reckte sich noch einmal und schlüpfte aus dem Bett. Erst jetzt registrierte sie die unbekannte Umgebung: ein kleines Zimmer, eingerichtet mit einem Bett, einem Stuhl, einem Nachtschränkchen. Sie fuhr herum auf der Suche nach einem Fluchtweg. Die Außenjalousien vorm Fenster, die sie nicht ohne ein Werkzeug aufbrechen konnte, waren verriegelt. Die Tür aus Holz. Erst als sie die Klinke heruntergedrückt und sich vergewissert hatte, dass nicht abgeschlossen war, erlaubte sie sich, durchzuatmen und ihren eigenen Körperzustand in Augenschein zu nehmen.
    Das Band an ihrem Handgelenk verriet ihren Namen. Das weiße, blau gepunktete Hemdchen an ihrem Leib klärte den Rest des Rätsels. Sie setzte sich auf die Bettkante. Schon wieder im Krankenhaus. Langsam sollte sie eine Bonuskarte beantragen.
    Sie wollte lächeln, rief sich aber zur Besinnung und lächelte bloß in sich hinein. Ihre Hand fand beinahe selbstständig den Weg zu dem Nachtschränkchen und öffnete die Schublade, um ihre Sachen zu überprüfen und sich vielleicht zu erinnern, weswegen sie dieses Mal hier gelandet war.
    Keine Veilchen.
    Seltsam, ausgerechnet Veilchen in ihrer Schublade zu erwarten.
    Was wollte ihr nicht einfallen? Es war wichtig, so unglaublich wichtig. Als wäre ein Teil von ihr tot. Sie musste sich doch erinnern! Sie würde es. Ganz bestimmt.
    Zuerst war nur sein Duft da. Dann die Berührungen, das Gesicht, das etwas in ihr mit aller Macht verdrängen wollte.
    Der Traum! Es ging um Sonne, Blumen, um … ihren Gallagher.
    Es brach wie ein Damm und flutete ihren Verstand vollkommen über. Sie saß und musste sich trotzdem am Bettgestell festhalten. Der Veilchensturm toste in ihrem Bauch und zerriss sie.
    Das Planetarium. Daimon und sein kleiner Drache. Der Ghul, Enya – war das nur ein Traum gewesen? Was wusste sie noch?
    Eines mit Sicherheit: Dass Gallagher nicht tot war.
    Er konnte einfach nicht sterben, wenn sie weiterleben musste.
    Sie rannte. Ihre nackten Füße klatschten auf das kalte Linoleum des Krankenhausflures. Ihr Atem erreichte kaum die Lunge. Ihre Brust schmerzte.
    »Herzchen, wohin denn so eilig?«
    Sie stoppte nicht, obwohl das Azur der Schmetterlingsfrau schon von Weitem leuchtete. Sie rammte die Krankenschwester mit einer Schulter, erwehrte sich der Hände, die sie festhalten wollten.
    »Ruhig, ruhig, meine Süße, was ist denn los? Ein Monsterchen in deinem Nachtschrank? Unser Oberarzt vermisst nämlich seinen Nachtgiger. Seine Kinderchen haben den Armen durch das Fenster mit Schreckpistolen beschossen.«
    »Lass mich!« Das Schreien half nicht. Weder gegen den Schmerz noch gegen den Körper, der sie nicht durchlassen wollte. Anders als die zierliche Statur und die fiepsige Stimme es vermuten ließen, besaß die Krankenschwester eine erstaunliche Kraft. Sowohl ihre Hände als auch die Füße, mit vogelartigen Krallen bewehrt, hielten Zarah fest.
    »Beruhige dich. Schätzchen, du bist doch ganz außer Atem. Hör zu.« Zarah schlug wieder um sich, doch die Arme packten sie fester und schüttelten sie durch. »Hör mir zu, okay? Ja, so ist es gut. Also. Du gehst jetzt zurück in dein Zimmerchen und wartest dort. Ein paar Abgeordnete des Obersten Dämonenrates wollen mit dir reden. Ich soll ihnen sofort Bescheid sagen, wenn du aufwachst.«
    »Lass mich.«
    »Nein, ich lasse dich nicht. Und wenn es sein muss, rufe ich das Sicherheitsteam, das dich zurück in dein Bettchen bringt, meine Süße.«
    »Bitte, ich muss wissen …«
    »Kein Wort mehr. Ich kann schon Ärger bekommen, weil ich überhaupt mit dir spreche. Meine Anweisungen sind sehr strikt.«
    »Okay. Ich gehe zurück. Ich mache alles, was du willst. Sag mir nur, ob noch jemand mit mir eingeliefert wurde. Bitte.«
    Die Facettenaugen schimmerten sie bläulich an, als die Krankenschwester den Kopf schräg legte. Keine Antwort. Nur schlagende Flügel, Hände und Füße, die sie zurück in ihr Zimmer schoben und auf das Bett niederzwangen.
    Zarah stöhnte. Egal, was die Abgeordneten mit ihr vorhatten – die würden es ihr doch sagen, die würden sie doch nicht im Ungewissen lassen. Aber war der
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