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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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nicht. Ich habe es versucht. Ich habe sie sogar zu ihm gebracht, als sein Fluch ihn fast getötet hätte.
    Unsinn. Als er Zarah in Gallaghers Wohnung geführt hatte, hatte er ihr helfen wollen, den Fall zu lösen, und gleichzeitig Gallagher in Schwierigkeiten bringen wollen, sofern entdeckt wurde, dass eine Geächtete ihn besucht hatte. Als er sie vor ein paar Tagen zu ihm gebracht hatte, hatte er gewusst, dass eine Geächtete den Fluch niemals würde brechen können. Er hatte ihr lediglich seinen Tod zeigen wollen, damit sie mit der Liebe abschließen konnte.
    Lass sie gehen, sagte ich noch einmal. Mit ihm.
    Ich kann das nicht. Sie ist mein.
    Niemals würde sie mit ihm zusammen sein, erwiderte ich.
    Ich gebe ihr mein ganzes Licht.
    Ich sagte, auch damit würde er sie nicht dazu bringen, ihn zu lieben.
    Gal wird sterben. Und wenn genug Zeit vergangen ist, wird sie mich lieben, wie sie mich beinahe geliebt hatte, bevor er in ihrem Leben wieder aufgetaucht ist. Ich habe Zeit. Ich kann warten. Denn diesmal taucht er nicht mehr auf. Oder?
    Ich betrachtete Gallagher. Er war bereits bewusstlos. In wenigen Sekunden würden die Aufseher den Raum stürmen, ich spürte sie schon kommen. Sie würden ihn beatmen, ein Arzt würde eine Lungendrainage legen, sie würden versuchen, ihn mit Magie am Leben zu erhalten. Aber ich wäre zu diesem Zeitpunkt schon fort, es würde keine Magie mehr an diesem Ort geben.
    Ashs Licht erglomm noch intensiver. Er wird fort sein. Und ich – da, um ihr zu helfen, ihn zu vergessen. Er strahlte, strahlte ihre Seele an und in sie hinein, heilte die Verletzungen ihres Körpers.
    Ich ließ Ash gewähren, glitt auf meinen Abbas zu und umarmte ihn. Gern hätte ich ihn gefragt, wie es sich anfühlte, in sich selbst gefangen zu sein. Aber das fragte ich nicht. Ich sagte nur, dass wir jetzt gehen müssten.
    Und wir gingen.

3 3
    Sie hebt das Gesicht zur Sonne, schließt die Augen und erlaubt den Strahlen, auf ihrer Haut zu tanzen. Hunderte von Malen hatte sie die Menschen dabei beobachtet, wie diese sich wie kränkliche Pflänzchen der Sonne entgegenstreckten. Jetzt ist sie allein, jetzt kann sie es wagen und das Gefühl endlich selbst auskosten.
    Es ist warm.
    Es kitzelt ein wenig.
    Sie hofft auf mehr und wartet; sie würde so lange warten wie nötig, um endlich ein wenig menschlicher zu sein.
    Vielleicht macht sie aber etwas falsch. Vielleicht sollte sie an die Sonne denken, ihr all ihre Sinne widmen, sie nicht bloß spüren. Stattdessen denkt sie an Gallagher, und ihre Sinne verschmähen die Sonne.
    Zuerst ist nur sein Geruch bei ihr. Ein kühler Hauch auf ihrer erhitzten Haut, ein von würzigen Wiesen aufgesammelter Morgentau. Gallaghers Duft füllt sie aus, kribbelt in ihrem Bauch und bringt etwas in ihrem Körper zum Schwingen – sie selbst ist ein einziger reiner, klangvoller Ton, der zu ihm strebt und in ihm widerhallt.
    Seine Hände umschließen ihre Fäuste und öffnen sanft die verkrampften Finger. Sie braucht kein Messer mehr, keine Pistole, keine Spiegelscherbe darin zu halten. Sein Daumen reibt sanft und ein klein wenig rau über ihre Handfläche. Sie schließt leicht ihre Finger darum, und er gleitet behutsam hinein und wieder heraus, ohne sie gänzlich zu verlassen.
    Nur zu spüren ist nicht genug.
    Vor ihrem inneren Auge taucht sein Gesicht mit diesen verstörenden, ebenmäßigen Zügen auf. Aber sie ist längst nicht mehr verstört bei diesem Anblick. Sie darf ihn schön finden, sie darf ihn lieben, so wie er ist.
    Sie will auch seine Stimme hören, aber er hat keine. Er schweigt, sodass sie mit einem Mal befürchtet, er sei gar nicht bei ihr und sein Geruch, seine Berührungen seien nur Einbildung.
    Sie reißt die Augen auf. Er ist da. Aber zwischen ihnen liegt ein Meer aus Gras, das hin und her wiegt. Und das Licht. Das strahlende, blendende Licht.
    Ich liebe dich , sagt sie.
    Er lächelt ihr zu und hebt eine Hand. Zwischen seinen Fingern zittert ein Veilchen im Wind.
    Ich liebe dich! , ruft sie und will endlich seine Stimme hören. Plötzlich hat sie Angst, sich nicht mehr an seine Stimme zu erinnern, sie nie wieder zu hören.
    Er lässt den Stiel los. Der Wind fängt die Blüte auf und wirbelt sie durch die Luft.
    Es ist nicht nur eine Blume. Es sind Tausende. Nach und nach zerfällt seine Gestalt in Myriaden violette Blüten. Sie muss rennen, will ihn umarmen, bevor er gänzlich verschwindet. Sie ruft nach ihm, kämpft sich durch den Veilchensturm und das Licht, das sie versengt, und
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