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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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zu bringen? Damit ihr euch all dem hier fernhaltet? Zugegeben, die Aufseher des Ordnungsamtes sind gerade auf dem Weg dorthin, aber ich musste auf Nummer sicher gehen, dass meine kleine Party hier unbemerkt bleibt.« Er stellte den Huf auf den Boden, und sie hörte, wie Gallagher nach Luft schnappte. Im gleichen Augenblick trat Abbas ihm in die Schulter. Zarah fuhr zusammen, als sein Schrei in ihre Ohren schnitt und in jeder Zelle ihres Körpers nachhallte.
    Sie hatte auch geschrien. Trotz der Hand, die sie sich vor den Mund presste.
    »Oh, sieht das übel aus«, murmelte Abbas. »Ich glaube, sein Schlüsselbein ist gebrochen. Willst du ihm noch mehr Schmerzen zumuten?«
    »Es … geht mir … gut«, keuchte Gallagher und wandte ihr sein Gesicht zu. »Was auch immer … passiert, bleib im Schutzkreis.«
    »Tz, tz, tz. Menschen haben überhaupt keinen Selbsterhaltungstrieb, scheint mir.« Abbas packte ihn an den Haaren und zog ihn auf die Füße, die andere Hand krallte sich in die verletzte Schulter. »Sei vernünftiger als er, Zarah. Du bist bei den Dämonen aufgewachsen, ich kann kaum glauben, dass das auf dich nicht abgefärbt hat.«
    »Würde eine waschechte Dämonin nicht bloß auf sich achten und im Kreis bleiben? Vielleicht hat es auf mich mehr abgefärbt, als dir lieb ist. Enya war schon immer menschlicher als ich, das ist anscheinend erlernbar.«
    »Du denkst immer noch an deine Schwester, ungeachtet dessen, was sie getan hat?«
    »Du meinst: Wozu du sie gezwungen hast?«
    »Ich habe sie stark gemacht. Ihre Schwäche, die leider immer mit der besonderen Magiesensibilität einhergeht, ausgeglichen. Sie hat es sich gewünscht, glaub mir. Sie wollte schon lange auf eigenen Beinen stehen, sich von dir lösen.«
    »Jetzt immer noch?«
    Abbas schaute zu einem der Monitore auf und seufzte. »Ich befürchte, für lange Diskussionen habe ich keine Zeit mehr. Du willst deinem Menschen also unbedingt wehtun. Meinetwegen.«
    Er stieß Gallagher zu der gehörnten Dämonengestalt, und deren riesige Pranke schloss sich sogleich um ihn. Langsam fuhren die Krallen in seinen Körper, durchbohrten Arme und Oberschenkel; eine blutige Spitze ragte aus seiner Schulter.
    »Aufhören!« Sie taumelte.
    »Gib mir, was ich will, und du hast ihn auf der Stelle zurück.«
    »Bitte, hör auf!« Sie könnte noch einen Schritt tun und den Schutzkreis verlassen. Sie könnte das Baby nehmen, das vermutlich sowieso sterben würde, und es dem Ghul geben. Und ihre Schwester …
    »Noch sind keine lebenswichtigen Organe verletzt. Aber ich kann ihn für den Rest seiner Tage zum Krüppel machen. Willst du das?«
    »Hör auf, ich mache alles, was du willst!«, brüllte sie und sah nicht hin, konnte einfach nicht hinsehen.
    Gallagher würde sie verachten.
    Aber er würde leben.
    »Nein …« Es war ein Stöhnen, mehr nicht. Sie hob ruckartig den Kopf.
    Er verachtete sie nicht. Er bekam eine Kralle zu fassen und stieß sie sich in die Brust.
    Abbas schnaubte.
    Die Zwiegestalt ließ Gallagher los und er fiel. Er fiel, und sie konnte ihn nicht auffangen.
    Etwas rauschte in ihren Ohren. Die Leere um sie herum verschlang sie geradezu. Dann merkte sie, dass Gallagher nach Luft rang. Vor seinem Mund schäumte Blut. Seine Lippen färbten sich blau, die Haut wirkte mit jedem Atemzug fahler.
    »Idiot«, sagte Abbas. Beinahe mild.
    Zarah hielt sich am Tresen fest, stellte einen Fuß vor den anderen und spürte kaum den Boden, bis sie neben Gallagher auf die Knie fiel.
    »Ich schätze«, sinnierte der Ghul, »das sollte ins Herz gehen, aber er hat doch nur einen Lungenflügel erwischt. Tja, Zarah. Willst du ihm die nächsten zwanzig Minuten beim Sterben zusehen? Lass mich das Ritual vollbringen, und ich werde so viel Macht haben, dass ich sogar die Toten auferwecken kann.«
    Mit den Fingerspitzen fuhr sie durch Gallaghers nasses Haar. In schnellen Atemzügen kämpfte er um jeden Schluck Luft. Sein Blick irrte orientierungslos durch den Raum. Seine Hand tastete umher, dann spürte Zarah, wie seine Finger sich um ihr Handgelenk schlossen. Er wollte etwas sagen, doch seine Stimme klang verwaschen.
    »Bring mir das Baby, Zarah, und es wird alles wieder gut.« Abbas tätschelte ihre Schulter. »Das muss nicht das Ende sein.«
    Sie beugte sich zu Gallagher und küsste ihn auf die Schläfe. Sein Haar kitzelte ihre Nase. Nein, sie würde ihn nicht verraten. Nicht noch einmal.
    »Es wird auch nicht das Ende sein«, sagte sie und richtete sich auf. Abbas stand vor ihr,
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