Taenzer der Nacht
macht“, murmelte er Malone zu. Der wüten de Wächter zog ab. Lavalava nickte ihrer Beglei tung zu herbeizukommen, ein großer, dunkler, gutaus sehender Mann mit rosa Strumpfhosen und grünen Hosenträgern auf der nackten Brust. Es ging etwas Anziehendes von ihm aus, als er so dastand und einen Moment die Menge überblickte, etwas Ruhiges, Bewe gungs loses und Geheimnisvolles, bevor Sutherland stöhn te: „Frankie!“
War es Frankie? Vielleicht auch jemand, der wie Fran kie aussah, denn es gibt in jeder Saison Dutzende Frankies in der Sub von New York: dunkle, düstere Jungen, mit schwermütigen Augen und Gesichtern, die man sich sofort auf Kissen in einem halbdunklen Raum vorstellt. Allein auf dieser Party gab es schon mehrere Frankies, und als Malone von seiner Abendeinladung in Water Island zurückkehrte, und Suther land ihm seine Befürchtungen mitteilte, sagte er: „Oh ja, ich weiß, er war auf dem Boot, das vorhin ankam. Mach dir keine Sorgen. Das ist jetzt ganz vorbei. Er ist mit dieser reichen, alten, kubanischen Federtunte zu sam men, er liebt die Insel, er hat an mir noch genau soviel Interesse wie an benutzten Poppers.“ Sie beob achteten den wirklichen Frankie vom Balkon aus, wie er auf der Tanzfläche unter ihnen in einem Kreis von Leuten stand, die sich Poppers in die Nase steckten und um ihn herum tanzten; und als Frankie sein Hemd auszog, lächelte Malone. Denn jetzt hatte sich der Kreis geschlossen. Das war der endgültige Beweis, das letzte Indiz, das noch gefehlt hatte, Malones Sicht der Welt zu bestätigen: und er schaute Frankie zu, wie er ohne Hemd tanzte, bewundert von den Leuten um ihn herum, seiner eigenen Schönheit voll bewußt.
Und er war nicht der einzige. Malone stand mit Suther land auf dem Balkon und wunderte sich über ihre große Menge. So viele Leute auf dieser Party, die sie gar nicht kannten – vor allem die jüngeren, die zum ersten Mal in die Schlucht kamen, ruhig wie Wildtiere, die kommen, dir Salz aus der Hand zu lecken: mit weit offenen dunklen Augen, die vor Verwunderung und Furcht leuchten, wie wir alle sie empfunden hatten, als wir zum ersten Mal ein Leben sahen, das unseren kühn sten Träumen entsprungen schien ... so viele, die aussehen wie man selber, so viele Männer, in die man sich verlieben könnte. Die alte Verzauberung, kompo niert aus Lichtern, Musik und Leuten, befiel sie zum ersten Mal und machte ihre Gesichter noch rührender.
Freunde kamen, Malone zu umarmen, Leute, die er seit Jahren kannte – wie viele Jahre, daran wollten sie alle nicht denken. Sie betrachteten die neuen Gesichter mit einer merkwürdigen Todesahnung, denn sie waren auch alle einmal neue Gesichter gewesen. Jeder Som mer auf Fire Island hat einen Star: der Junge, der sich durch die kleine Gesellschaft mit all seiner Jugend und Schönheit bewegt, die er jetzt gerade anfängt zu verschwen den (was sonst sollte man auch damit anfan gen?). Die alten Freunde, die Malone und Sutherland umarmten, hatten alle ihren Sommer gehabt, hatten einmal Herzen gebrochen, wenn sie auf eine Party wie diese kamen, schüchtern und nervös wie Rehkitze. Und jetzt fragten sie sich – wie sich damals die Männer bei ihrem Anblick gefragt hatten – ob sie einen dieser neuen Stars ins Bett bekommen könnten; oder waren sie doch schon älter, als sie selber dachten? Waren sie schon so alt wie X, der Mann, der sie in ihrem ersten Som mer mit dieser schrecklichen Verzweiflung auf seinem Gesicht angestarrt hatte, und den sie nicht ein mal hatten kennenlernen wollen?
Nichts dergleichen beunruhigte Malone. In seiner Vor stellung sah er all dies zum letzten Mal. Er konnte es wieder so genießen, wie damals vor vielen Som mern, als er das erste Mal auf die Insel gekommen war.
„Schau mal die an!“ rief Malone mit der entzückten Stimme, die jeder an ihm so mochte, und um die sich alle sammelten, deren eigene Fähigkeit zu staunen ver schwunden war. „Wahnsinn! Totaler Wahnsinn! Und dieses grüne T-Shirt! Du lieber Gott! Ich brauche eine Transfusion! Ich fall’ tot um! Der ist ja umwerfend!“ Und er drehte sich zu John Schaeffer um, der neben ihm stand und ihn zum Tanzen auffordern wollte, aber nicht wußte, wie: „Du mußt zugeben, das ist ja toll hier – obwohl wir doch schon alles gesehen haben ... “ „Ja, wirklich nicht schlecht“, mußte auch Sutherland zugeben, und er streute etwas Asche auf die Menge unter ihnen. „Ihr müßt sofort diese makellose Schön heit hier wieder vergessen“, schloß
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