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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller
Autoren: Tom Egeland
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brauchten. Die Hauptsendung um zweiundzwanzig Uhr wurde von der jungen Ninni gemeinsam mit dem gut gebauten NRK-Veteranen Arve Arnesen geleitet. Die Absicht des Chefredakteurs war es, die Zuschauer glauben zu lassen, die zwei hätten ein Verhältnis.
    Skaug schnippte eine Zigarette aus der Schachtel, steckte sie in den Mundwinkel, zündete sie aber nicht an. Er hatte den oberen Hemdknopf geöffnet, und der Schlipsknoten hing schlapp auf seiner Brust.
    »Eins fünfundvierzig?«, versuchte Kristin fragend.
    Skaug schob seine Brille zurecht und nahm einen Pseudozug. »Fräulein Fellini, schauen Sie mir mal auf die Lippen: Einsdreißig. Basta! Regieraum zwei. Pronto! «
    Der Regisseur spulte die Videobänder im Schnelldurchlauf ab und verharrte auf einem beinahe vom Boden aufgenommenen Bild der Postfiliale mit einem Einsatzfahrzeug der Polizei im Vordergrund.
    »Tolle Perspektive«, sagte er. »Beinahe wie im film noir . Sollen wir damit starten?«
    »Okay-dokay. Wie viel kann ich bei diesem ersten Bild sagen?«, fragte Kristin.
    »Deine ganze Lebensgeschichte, Baby. Vier Sekunden, maximal fünf.«
    »Nimm die Zeit: Unmittelbar nach der Öffnung am Morgen stürmte ein Räuber in die Postfiliale Veitvet.«
    »Sechs Sekunden. Soll das ein abendfüllender Spielfilm werden?«
    »Sechs? O je, Mist!« Sie kicherte. »Versuchen wir es mal so: Überfall auf die Postfiliale in Veitvet direkt nach Geschäftsöffnung.«
    »Genau vier Sekunden, wenn du ein bisschen schneller sprichst.«
    »Überfallaufdie Postfilialein Veitvetdirektnach Geschäftsöffnung!«
    »Zwei Sekunden. Olympischer Rekord. Aber vielleicht doch nicht gaaaanz so schnell?«
    Sie prusteten beide los.
    So setzten sie weiter Bilder und Worte zusammen, Sequenz für Sequenz. Wie üblich musste sie einen Großteil des Textes streichen. Eine der ersten Lektionen, die sie lernen musste, nachdem sie im Fernsehen begonnen hatte, war, höchstens Platz für ein Drittel von dem zu haben, was sie eigentlich sagen wollte. Entweder hatte sie nicht genug Bilder, oder die Bilder passten nicht zum Text. Die Kameraleute versuchten sie immer damit zu trösten, dass die Bilder doch viel mehr sagten als Worte. »Ach ja?«, brummte sie dann sauer. »Dann zeig mir doch ein Bild der Zehn Gebote!«
    Sie brauchten anderthalb Stunden, um die Reportage zu redigieren. Sie wurde kürzer, als Skaug es gefordert hatte: eins fünfundzwanzig.
    Kristin öffnete die Tür des Regieraumes und pfiff auf den Fingern, um die Aufmerksamkeit des Chefs vom Dienst zu bekommen. »Die Reportagezeit beträgt eins fünfundzwanzig«, rief sie. »Dann habe ich morgen aber fünf Sekunden gut!«
    Skaug warf ihr einen Luftkuss zu.

3
    Ein Haus. Ein großes, weißes Haus mit einem Apfelgarten, einem schmiedeeisernen Tor und einer hohen Hecke. Etwas entfernt, eine weiß gestrichene Bank. Im Garten: eine Frau im Bikini. Die Kamera zoomt sie heran. Sie scheint etwa zwanzig zu sein. Hübsch. Sie blickt auf, in Richtung Kamera, winkt aber nicht. Dann beginnt sie, den Rasen zu mähen.
    Kristin drückte auf den Stop-Knopf und spulte zurück. Sie verstand nichts.
    Hinter ihr fluchte der Chef vom Dienst und rief: »Hat sich jemand nach diesem Feuer in Bærum erkundigt? Keiner? Verdammt! Caspar, kümmer du dich darum! Fahr hin, wenn was los ist.«
    Kristin drückte auf die Play-Taste und sah sich die Bilder noch einmal an. Dieses Mal ließ sie das Band weiterlaufen.
    Eine Straße in einer Stadt. Geflickter, grauer Asphalt, eine Bürgersteigkante. Kristin kam es irgendwie bekannt vor, sie konnte die Straße aber nicht platzieren. Frogner? Oder Briskeby?
    Eine Straßenbahn. Ein Vogelnest. Der Bürgersteig.
    »Die Polizei in Bærum bestätigt, dass da ein Wohnhaus brennt!«, rief Caspar. »Haben wir ein Foto?«
    Die Kamera fokussiert eine Frau, die gemeinsam mit einem Mann auf die Kamera zugeht. Die gleiche Frau wie zuvor.
    Das war alles.
    Kristin stutzte. Sie hatte irgendeinen Höhepunkt erwartet, irgendein besonderes Bild oder Geschehnis, das erklärte, warum man ihr diese Kassette geschickt hatte. Sie winkte Ninni zu sich, die in die Redaktion gefegt kam. »Skaug, haben wir was über das Feuer in Bærum?«, rief Ninni dem Chef vom Dienst zu.
    »Unter Kontrolle«, antwortete Skaug.
    »Kontrolle?«, brummte Caspar sauer. »Wir haben keinen freien Kameramann!«
    Kristin zog Ninni zu sich, während sie das Band zurückspulte. »Schickes Kostüm! Ist das neu? Du, schau dir das mal an, bitte!«
    Schweigend betrachteten sie die
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