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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller
Autoren: Tom Egeland
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aus.
    »Zehn Sekunden… fünf – vier – drei …«
    Die brausende Fanfare von »24 Stunden!« dröhnte donnernd aus den Lautsprechern der Regie. Auf dem Fernsehschirm leuchtete die Uhrzeit über einer metallischen Weltkarte auf.
    Kamera eins fokussierte auf Ninni, die mit klarer Stimme sagte: »Willkommen in unserer Sendung ›24 Stunden!‹, heute mit diesen Themen…«
    Auf dem Bildschirm entstand ein Mosaik aus kleinen Bildern, die immer deutlicher ein Bild des Mannes zeichneten, den Kristin am Vormittag interviewt hatte.
    »Dieser Mann stoppte den Täter und wurde niedergeschlagen.«
    Das Bild löste sich erneut in einem Mosaik auf, das dann einen Kriegsschauplatz zeigte.
    »Autobombe in Beirut, mindestens acht Tote.«
    Die metallische Weltkarte verwandelte sich in den Schriftzug »24 Stunden!«, und die Fanfare erstarb.
    Ninni wandte sich zu Kamera zwei: »Und dann geht es in dieser Sendung auch noch um den Papagei Pharo, der heute Nachmittag während eines dramatischen Brandes in Bærum gerettet wurde. Pharos Aussage dazu«, sie flirtete mit den Zuschauern, »nun, die werden Sie später zu hören bekommen. Aber zuerst nach Veitvet in Oslo, wo ein Postkunde heute Morgen einen dramatischen Überfall vereitelt hat. Was er vielleicht besser nicht getan hätte.«
    »MAZ ab«, kam die Stimme des Produzenten durch den Ohrstöpsel.
    Während des Films gingen Ninni und Kristin noch einmal die Fragen durch. Beide sprachen leise und konzentriert. Ninni erinnerte sie daran, kurze Antworten zu geben. Passt mir ausgezeichnet, dachte Kristin.
    Die Stimme des Produzenten: »Fünf – vier – drei – zwei…«
    Die rote Lampe an Kamera eins ging an. Ninni wandte sich routiniert an Kristin.
    »Kristin Bye, Sie waren vor Ort. Die Polizei war erstaunlicherweise nicht so dankbar über den Einsatz des Mannes?«
    Kristin spürte, wie ihr Körper erstarrte. Die Knie unter dem Tisch zitterten unkontrolliert. Trotzdem lebten ihr Kopf, die Zunge und Lippen ihr eigenes Leben, vollkommen losgelöst vom restlichen Körper.
    »Das ist richtig, Nina, was aber nicht weiter verwunderlich ist. Die Polizisten, mit denen ich heute am Tatort gesprochen habe, fürchten nämlich Nachahmer. Und das könnte früher oder später schiefgehen.«
    »Sie meinen, dass die Täter Menschen, die eingreifen, einfach erschießen?«
    »Genau! Die Polizei bittet die Menschen, sich bei einem Überfall ruhig zu verhalten und alles genau zu beobachten. Das Wichtigste ist schließlich, dass es keine Todesopfer gibt.«
    »Es ist also nicht wert, für Geld zu sterben?«
    »Auf keinen Fall!«
    Ninni lachte leise. Ein kaltes, professionelles Lachen, das im Widerspruch zu ihrem fast kindlichen Kichern stand. »Danke, Kristin, dann weiter in der Sendung…« Sie löschte das Lächeln und wurde wieder ernst. »Jetzt zu den Entwicklungen im Nahen Osten.«

5
    Kristin schloss die Tür auf und tastete nach dem Lichtschalter. Sie fühlte sich wie in einer kalten, menschenleeren Museumshalle. Jeden Abend musste sie erst eine Runde durch die Wohnung drehen, von Raum zu Raum gehen, die Lichter anmachen (obschon es eigentlich hell genug war) und die Räume mit ihrer Anwesenheit füllen.
    Als Marcus noch bei ihr wohnte, rief er immer irgendetwas Romantisches, wenn sie die Tür ins Schloss fallen ließ. Vor zwei Monaten war ihre Beziehung auseinandergegangen. Auch wenn sie wirklich froh darüber war, ihn aus ihrem Leben befördert zu haben, vermisste sie trotzdem seinen Willkommensgruß.
    Sie hängte ihre Tasche und die dünne Jacke auf und ging ins Wohnzimmer. Die eine Wand stand voller Bücher, an der anderen hingen billige, wenn auch originale Grafiken. Das gediegene Ledersofa sah teuer aus, war aber von Ikea.
    Sie zog die Gardinen vor und zündete drei Kerzen an. Im Schlafzimmer zog sie ihre Bluse und den engen BH aus und streifte eines von Marcus’ T-Shirts über (I’M WITH SEXY). Das Bett war nicht gemacht. Die Tagesdecke war ein zerknäueltes Bündel am Fußende, und dort, wo sie üblicherweise lag, war eine Mulde in der Matratze. Auf dem Nachttischchen lag eine Taschenbuchausgabe von Fräulein Smilla , sie las das Buch zum fünften Mal. Das Kunstplakat an der Wand über dem Bett zeigte einen nackten, muskulösen Mann schräg von hinten. Marcus hatte dieses Bild verabscheut.
    Sie öffnete das Schlafzimmerfenster einen Spaltbreit. Hundegebell und Kindergeschrei schallten aus dem Birkelundenpark zu ihr herauf. Wenn sie frei hatte, nahm sie manchmal einen gefüllten
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