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Tablettenfee

Tablettenfee

Titel: Tablettenfee
Autoren: Gunter K. Kubicza
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Vermutlich auch auf Grund der dann fehlenden Unkenrufe. Auf dieses Niveau wollte sich Udo nicht herablassen. Leitner holte sich durch ›seine‹ Vorschläge und Ideen im Laufe der vergangenen letzten Jahre allerlei nette Benefits und Boni, während Udo immer leer ausging.
    Manchmal dachte Udo, sein Arbeitsplatz war in Wahrheit ein geheimes Alzheimer-Versuchslabor der Regierung. Ein Projekt der Sozialisierung von schwer erinnerungsgeschädigten Personen und er war so etwas wie das Kontrollobjekt, das den Normalzustand repräsentierte. Das konnte doch nicht sein, dass da keiner noch nicht mal »Pieps« sagte, oder besser: »… aber das war doch Udo Weikerts Idee.«
    ›Dieser Leitner … waaaah!‹ Udo musste innerlich aufschreien, als er an Leitner und seine Situation in der Firma dachte. Ingenieur! Bah!
    Dabei hatte Leitner doch nur die Höhere Technische Lehranstalt besucht und war hinterher irgendwo ein Jahr lang oder so zum Jausen-Semmelholen beschäftigt gewesen, so dass er diesen Titel tragen durfte. Keine große Besonderheit – aber egal. Naja, nicht wirklich, für Udo war es gar nicht egal. Er wollte sich nicht weiter reinsteigern. Wobei die zweifellos vorhandene Attraktivität von Leitner und das dementsprechende Wirken auf die weibliche Bevölkerungsschicht sicher zusätzlich zu Udos Ungunst beitrugen. Dieser gottverdammte Scheißkerl. Wenn er ihn sah, war er immer mit Frauen unterwegs, von denen Udo nur träumen konnte. Zwar hielt es keine der Gespielinnen lange beim HTL-Fuzzi aus, aber dieser schien auch nicht unter der hohen Fluktuation zu leiden. Wie hatte Leitner mal auf einer Firmenfeier – unter dem Einfluss von einigen doppelten Schnäpsen und ein paar Maß Bier – gelallt: »Dasch Wundermittel – hicks! – um die heutigen Weiber auszuhalten ischt: Promiskuität. Hähähä. Verschteht ihr ...!?« Udo war verwundert, dass Leitner solche Fremdwörter überhaupt beherrschte. Vermutlich nur den facheinschlägigen Jargon. Klang echt nach Leitner. Echt Assi! Das Schlimmste war, wenn man Leitner so ansah, könnte man meinen, dass es ihm reichlich Spaß machte. Mit seiner Art überwand er jeglichen Stress und Ärger mit Verflossenen recht leicht und ohne großes Aufsehen.
    Udos Brötchengeber Schlürpmann selbst war, wie man dem Namen nach vielleicht sogar vermuten würde, wirklich noch eines der letzten Familienunternehmen, die in der Hand der Gründerfamilie waren. Nach wie vor führte der alte Josef Schlürpmann das Traditionsunternehmen. ›Gepetto‹, wie er hinter seinem Rücken genannt wurde, erinnerte nicht nur vom Spitznamen her, sondern auch durch sein Aussehen an den Erschaffer von Pinocchio.
    So stellte man sich eigentlich einen Schreiner vor, aber weniger den Inhaber eines großen Getränkeherstellers. Etwas kleiner, von hagerer, geradezu asketischer Gestalt, mit weißgrauen Locken. Dazu trug dieser einen schon mehr weiß gewordenen als ergrauten Schnauzer auf der Oberlippe. Gepetto war an sich eigentlich ein recht netter und umgänglicher Chef, wäre er nicht ein wenig stur und würde immer auf die falschen Einflüsterer hören. Einflüsterer … Schlangen … Wie zum Beispiel dieser dumme Leitner. Aber es gab auch eine Sache, die Udo am alten Schlürpmann gar nicht ausstehen konnte, mit der Leitner ausnahmsweise gar nichts zu tun hatte. Der alte Josef Schlürpmann hatte die Angewohnheit Ideen oder Einwände mit einem hämischen »Papperlapapp« abzutun, notfalls auch mit einem repetierenden »Papperlapapp, Papperlapapp, Papperlapapp«. Notfalls so lange, bis der Sprechende ungewollt verstummt war. Dummerweise hatte niemand diese Wortwiederholung in den letzten zehn Jahren so oft gehört wie Udo. Hier allerdings wieder dank Leitners Einfluss wohlgemerkt. Vielleicht war aber auch das der Grund, warum es Udo gar so störte. Denn ohne Leitner wäre die Welt viel besser. Zumindest für Udo.
    Es läutete. Freizeichen.
    Dann ein Knacksen in der Leitung und eine Volksmusikgruppe begann ein lustiges HUM-TA-TA anzustimmen und eine sexy Frauenstimme sprach immerwährend »Schlürpmanns Sprudelwater – wir sind gleich für Sie da.« Nach der fünfzehnten Wiederholung – ein Knacken.
    ›KNACK - KLICK!‹
    »LEITNER!«, krähte es vom anderen Ende der Leitung ins Telefon. Udo schluckte. War klar. Volltreffer.
    »Ähhh. Herr Leitner, hier ist der Udo Weikert.«
    »Inscheniöööör! So viel Zeit muss sein Herr Weikert. Das sollten sogar Sie schon gelernt haben.«
    Udos linke Hand krallte sich in
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