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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Mädchen, die Florine, Mariette, Suzanne du Val-Noble und Tullia gleichen, beunruhigte mich von Zeit zu Zeit, genau so wie ich nicht weiß, welch ein Kind sich darüber beunruhigte, was aus den alten Monden wurde.
    Erschreckt über den Gang der öffentlichen Angelegenheiten, hatte Mademoiselle Laguerre sich 1790 in Les Aigues niedergelassen, das Bouret für sie erworben, der dort mehrere Sommer mit ihr verbracht hatte; das Los der du Barry hatte sie dermaßen zittern machen, daß sie ihre Diamanten vergrub. Damals war sie erst dreiundfünfzig Jahre alt, und nach ihrer Kammerfrau, die einen Gendarmen geheiratet hatte, einer Madame Soudry, war »Madame schöner denn je.« Zweifellos, mein Lieber, hat die Natur Gründe, um diese Art Geschöpfe als verwöhnte Kinder zu behandeln; anstatt sie zu töten, mästen, erhalten und verjüngen die Ausschweifungen sie. Unter einem lymphatischen Aussehn bestehen sie aus Nerven, die ihren wunderbaren Bau stützen; stets sind sie schön aus dem Grunde, der ein tugendhaftes Weib häßlich machen würde. Das Glück ist sicherlich nicht moralisch. Mademoiselle Laguerre hat dort in tadelloser Weise, und, sollte man nach ihrem berühmten Abenteuer nicht sagen: wie eine Heilige gelebt? Eines Abends flieht sie in Liebesverzweiflung aus der Oper in ihrem Theaterkostüm, eilt in die Felder und verbringt dort die Nacht weinend am Wegrande. (Man hat die Liebe zu Ludwigs XV. Zeiten doch verleumdet!) Sie war so wenig gewöhnt, Aurora erscheinen zu sehen, daß sie sie begrüßt, indem sie eine ihrer schönsten Arien singt. Durch ihre Pose ebensosehr wie durch ihren Flitterkram zieht sie die Bauern an, die, ganz erstaunt über ihre Gesten, ihre Stimme und ihre Schönheit, sie für einen Engel halten und um sie herum auf die Knie fallen. Ohne Voltaire würde man unter Bagnolet ein Wunder mehr gehabt haben. Ich weiß nicht, ob der liebe Gott das Mädchen für seine verspätete Tugend belohnen wird, denn die Liebe ist einer so liebesmüden Frau, wie es eine der Unkeuschen der alten Oper sein muß, sehr ekelhaft. Mademoiselle Laguerre war 1740 geboren, ihre beste Zeit war um 1760, als man Monsieur de ... (der Name ist mir entfallen) wegen seiner Liebschaft mit ihr zum Ersten Commis de la guerre ernannte. Sie gab diesen auf dem Lande völlig unbekannten Namen auf und nannte sich dort Madame des Aigues, um sich auf ihrem Landsitze, den es ihr gefiel, in durchaus künstlerischem Geschmacke zu unterhalten, besser ducken zu können. Als Bonaparte erster Konsul wurde, arrondierte sie ihr Besitztum durch Kirchengüter, indem sie ihm den Erlös aus ihren Diamanten opferte. Da ein Opernmädchen sich nicht gerade darauf versteht, ihre Güter zu verwalten, hatte sie die Verwaltung ihres Besitztums einem Intendanten überlassen und beschäftigte sich nur mit ihrem Park, seinen Blumen und seinen Früchten.
    Als Mademoiselle gestorben und in Blangy beerdigt worden war, stellte der Notar von Soulanges, dieser kleinen Stadt, die zwischen Ville aux Fayes und Blangy liegt, eine umfangreiche Inventur auf und entdeckte schließlich die Erben der Sängerin, die nichts von Erben wußte. Zwölf arme Landwirtsfamilien aus der Umgebung von Amiens, die auf Stroh schliefen, erwachten eines Morgens unter Goldbrokat. Man mußte versteigern. Les Aigues wurde damals von Montcornet erworben, der bei seinen Kommandos in Spanien und Pommern die für diese Erwerbung nötige Summe, eine Sache von etwa elfhunderttausend Franken, das Mobiliar inbegriffen, herausgewirtschaftet hatte. Stets sollte dieser schöne Platz dem Kriegsministerium gehören. Zweifelsohne hat der General die Einflüsse dieses wollüstigen Erdgeschosses verspürt und ich versicherte der Komtesse gestern, daß ihre Heirat durch Les Aigues bestimmt worden wäre.
    Um die Komtesse, mein Lieber, richtig zu beurteilen, muß man wissen, daß der General ein hitziger Mann, von lebhaften Farben, fünf Fuß neun Zoll hoch, rund wie ein Turm, mit einem starken Hals und mit Schultern wie ein Schlosser ist, die einen Küraß stolz ausfüllen mußten. Montcornet hat die Kürassiere in der Schlacht bei Eßling, welche die Oesterreicher Groß-Aspern nennen, befehligt und ist dort nicht umgekommen, als die schönen Reiter gegen die Donau zurückgedrängt wurden. Er hat den Fluß auf einer großen Holzplanke zu Pferde überschreiten können. Als die Kürassiere die Brücke zerstört fanden, faßten sie auf Montcornets Ansprache den herrlichen Entschluß, kehrt zu machen und der ganzen
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