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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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und gut, voll des kaiserlichen Stolzes besitzt er die Spottsucht des Soldaten, die schnelle Entgegnung und die noch schnellere Hand. Wenn er prachtvoll auf dem Schlachtfelde gewesen ist, in einer Ehe ist er unerträglich; er kennt nur die Garnisonsliebe, die Soldatenliebe, der die Alten, jene erfinderischen Mythengestalter, Eros, den Sohn des Mars und der Venus, als Patron gegeben haben. Jene köstlichen Religionschronisten hatten sich mit einem Dutzend verschiedener Liebesgötter versehen. Wenn ihr die Väter und die Attribute dieser Liebesgötter studiert, werdet ihr die vollständige soziale Nomenklatur entdecken, und wir glauben noch irgendetwas erfinden zu können! Wenn der Erdball sich wieder wie ein Kranker, der träumt, umkehren könnte, daß die Meere Festländer würden, würden die Franzosen dieser Zeit in den Tiefen unseres augenblicklichen Ozeans eine Dampfmaschine, eine Kanone, eine Zeitung und eine Urkunde in Meerespflanzen eingehüllt finden.
    Nun, mein Lieber, die Komtesse Montcornet ist eine kleine zerbrechliche, zarte und furchtsame Frau. Was sagst du zu dieser Heirat? Für den, der die Welt kennt, sind solche Zufälle so gewöhnlich, wie gut zusammengehende Ehen Ausnahmen sind. Ich kam her, um zu sehen, wie diese kleine schmächtige Frau ihre Fäden spannt, um diesen dicken, großen, hartnäckigen General so zu leiten, wie er seine Kürassiere leitete.
    Wenn Montcornet laut vor seiner Virginie redet, legt Madame einen Finger auf ihre Lippen und er schweigt. Der Soldat raucht seine Pfeife und seine Zigarren in einem Lusthause, das fünfzig Schritte vom Schlosse liegt, und kehrt dann parfümiert zurück. Stolz auf seine Dienstbarkeit, wendet er sich wie ein von Trauben trunkener Bär an sie, um, wenn man ihm etwas vorschlägt, zu sagen: »Wenn Madame es will!« Wenn er mit dem schwerfälligen Schritte, der die Marmorfliesen wie Dielen schwanken macht, zu seiner Frau kommt und sie ihm mit erschreckter Stimme zuruft: »Kommen Sie nicht herein,« macht er ganz militärisch kehrt, indem er die unterwürfigen Worte äußert: »Sie werden mir sagen lassen, wann ich Sie sprechen kann ...« mit der Stimme, die er an den Ufern der Donau hatte, als er seinen Kürassieren zuschrie: »Liebe Kinder, jetzt heißt's sterben, und das sehr tapfer, wenn man nichts anderes tun kann!« Folgendes rührende Wort hab' ich ihn sagen hören, als er von seiner Frau sprach: »Ich liebe sie nicht nur, sondern bete sie an.« Wenn ihn einer jener Zornausbrüche überkommt, die alle Bande brechen und unbezähmbar dahinrasen, geht die kleine Frau in ihre Zimmer und läßt ihn schreien. Erst vier oder fünf Tage später sagt sie zu ihm: »Bringen Sie sich nicht so in Zorn, abgesehen von dem Uebel, was Sie mir damit antun, könnte Ihnen ein Gefäß in der Brust platzen.« Und dann rettet sich der Löwe von Eßling, um sich eine Träne abzuwischen. Wenn er sich im Salon präsentiert und wir uns gerade mit Plaudern beschäftigen, sagt sie: »Lassen Sie uns, er sagt mir etwas«, und er läßt uns allein.
    Nur die starken, großen und zornigen Männer, diese Kriegshelden, die Diplomaten mit olympischem Haupte, diese genialen Männer haben solch entschlossenes Vertrauen, sind so edelmütig der Schwäche gegenüber, besitzen dies beständige Protektionsbedürfnis, diese Liebe ohne Eifersucht, und die Gutmütigkeit Frauen gegenüber. Meiner Treu, ich stelle die Einsicht der Komtesse ebensosehr über die trockenen und grämlichen Tugenden, wie der Atlas einer Kauseuse dem Utrechter Sammet eines schmutzigen bürgerlichen Sofas vorzuziehen ist.
    Seit sechs Tagen, mein Lieber, weile ich in dieser herrlichen Landschaft und werde nicht müde, die Wunder dieses Parks zu bestaunen, der von finsteren Wäldern beherrscht wird, und wo sich längs der Gewässer hübsche Pfade hinziehen. Die Natur und ihr Schweigen, die ruhigen Freuden, das harmlose Leben, zu dem sie einladet, alles hat mich verführt. Oh, das ist wahre Literatur, in einer Wiese gibt's nie einen Stilfehler. Glück würde es sein, alles, selbst die »Débats« hier zu vergessen. Du kannst erraten, daß es zwei Morgen über geregnet hat. Während die Komtesse schlief und Montcornet seine Besitzungen besuchte, habe ich gezwungenerweise das so unklug gegebene Versprechen, euch zu schreiben, gehalten.
    Obwohl ich in Alençon nach dem on dit als Sohn eines alten Richters und Präfekten geboren worden, obwohl ich Kenner aller Kräuter bin, sah ich die Existenz dieser Besitzungen, durch welche
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