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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart
Autoren: William Gibson
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führte Laubfrosch Chombo vorwärts. Chombo wand sich und blickte von einem zum anderen. Hollis konnte seinen weit offenen Mund sehen. Laubfrosch stieß ihn nach vorn.
    Garreth berührte die Box. »Jetzt«, sagte er.
    Sie sah, wie Ajay blitzartig den Abstand zwischen sich und Laubfrosch überwand. Was auch immer Laubfrosch widerfuhr, nachdem Ajay zu ihm hinüberteleportiert war, geschah ebenfalls so schnell, dass sie es nicht mitbekam, und Ajay schien sich bereits umgedreht und Chombo gepackt zu haben, bevor Laubfrosch zu Boden ging.
    Jetzt stand Charlie, der kleine, rechteckige Mann mit der Schottenmütze, zwischen den beiden und dem Mann mit dem Vokuhila.
    Das Messer des Mannes sah sie nicht, nur die Art und Weise, wie er die Hand hielt, als er auf Charlie losging. Dann sah sie ihn stürzen, obwohl Charlie nur einen Schritt nach hinten gemacht zu haben schien. Der Mann rollte sich ab und sprang auf, wobei er sich fast so schnell bewegte wie Ajay, versuchte es erneut und stürzte wieder.
    »Charlie hat mal versucht, mir das beizubringen«, sagte Garreth,
    »aber es ist mir nicht gelungen, den nötigen Aberglauben aufzubringen.«
    Inzwischen lag der Mann wieder am Boden, ohne dass Charlie ihn berührt zu haben schien.
    »Warum stürzt er denn immer?«
    »Irgendso eine Gurkha-Feedbackschleife. Aber Laubfrosch steht gar nicht mehr auf. Hoffentlich hat Ajay es nicht übertrieben.«
    Hollis blickte auf, sah Milgrims Fenster. Der Grauhaarige. Ein Gewehr ...
    »Er hat ein Gewehr!«
    »Fiona«, sagte er, »ein Schütze. Unter dem Pinguin. Schnell!«

82. London Eye
    Mit raschen Bewegungen seiner Daumen ließ Milgrim die Flügel des Pinguins ganz kurz in gegenläufige Richtungen rotieren, sodass dieser auf der Stelle wendete. Doch dann sah sich Milgrim einer Ruchnoy Pulemjot Kalashnikowa gegenüber, die ihn augenblicklich sämtliche Englischkenntnisse vergessen ließ.
    Gracie hatte sie sich über die Beine gelegt, die Schulterstütze bereits vorgeklappt, und war gerade dabei, das gebogene Magazin anzubringen. Eine einfache Waffe, über die Milgrim während seiner Arbeit für die Regierung absurd viel gelernt hatte. Diese Magazine waren ihm seither immer wieder auf Fernsehbildschirmen ins Auge gefallen - in den unwirtlicheren Gegenden der Welt waren sie allgegenwärtig.
    »Scheiße«, sagte Fiona neben ihm, das »ß« fast tonlos. Dann: »Mach ich.«
    Gracies Hand glitt seitlich an dem Gewehr entlang, und dann setzte er sich auf, zog die Knie an und legte die orthopädisch aussehende Stütze an die Schulter.
    Der Pinguin paddelte wie aus eigenem Antrieb nach unten, während Gracie gerade den Kopf schräg legte. Der Lauf bewegte sich ganz leicht ...
    Und zuckte hoch, als etwas Dunkles, Rechteckiges darunter hindurchflog. Fionas Drohne.
    Gracie schaute nach oben. Durch den Pinguin Milgrim direkt in die Augen. Der Pinguin hatte offenbar das seltsame Manöver vollzogen, das Fiona ihm im Würfel gezeigt hatte, auch wenn er sich später nicht mehr daran erinnern konnte.
    Etwas warf Gracie zu Boden, und er wurde zur Seite geschleudert wie von der unsichtbaren Hand eines Riesen. Im selben Moment fing der Pinguin an zu ruckeln, und das Bild verwackelte. Die fünf Meter langen Drähte konnte Milgrim nicht erkennen, aber das lag wohl daran, dass sie sehr dünn waren.
    Von Krämpfen geschüttelt rollte sich Gracie auf den Rücken, während Milgrim den Taser ein weiteres Mal abfeuerte. »Galvanismus« ein Wort, an das er sich aus dem Biologieunterricht erinnerte. Gracie griff nach unsichtbaren Fäden. Milgrim drückte wieder auf das Display. Gracie krümmte sich erneut, ließ aber nicht los.
    »Hör auf!«, sagte Fiona. »Befehl von Garreth!«
    »Warum?«
    »Hör auf.«
    Milgrim nahm gehorsam beide Daumen vom Display - er hatte entsetzliche Angst, etwas getan zu haben, was sich nicht mehr rückgängig machen ließ.
    Gracie setzte sich auf, kratzte sich am Hals und riss dann mit aller Kraft an den unsichtbaren Fäden. Wieder verwackelte das Bild.
    Und dann gewann der Pinguin langsam an Höhe. Milgrims Daumen legten sich auf die Flügelsteuerung. Nichts passierte. Er versuchte es mit dem Schwanz, schaltete auf Autopilot. Nichts. Der Pinguin stieg immer höher. Milgrim sah, wie Gracie schwankend auf die Beine kam, das Gleichgewicht zu verlieren drohte und dann losrannte, aus dem Bild hinaus, während der Pinguin sich, von der ungewohnten Last des Tasers befreit, wie aus eigenem Antrieb in die kühle Morgenluft des Themsetals erhob.
    Für
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