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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch unter dem 1. Konzertmeister durchspielen. »Eine ganze Stunde …«, dachte er laut. »Von 11 bis 12 Uhr … Und nun komm schlafen, Liebling.«
    Carola stand vor dem Bett und starrte Donani an. Wie fremd er auf einmal ist, dachte sie erschrocken. Es ist, als ob mit den Worten alles aus mir herausgeschleudert worden ist, was mich mit ihm verband. Nun bin ich leer … mit siebenundzwanzig Jahren eine brillantblitzende Hülle, die nichts umschließt. Wenn er mich jetzt anfaßte, würde ich mich wehren, dachte sie. Ich würde um mich schlagen und kratzen und beißen, als wenn ein fremder Mann mich zwingen wollte. So gleichgültig ist er mir plötzlich … so … so … widerlich …
    Sie atmete tief auf und spürte das Entsetzen über ihre innerliche Wandlung. Donani gähnte wieder und rutschte unter die Bettdecke. Wie mich das alles anekelt, dachte sie. Er ist nichts weiter als ein alter, verbrauchter Mann. Er ist mit seinen achtundvierzig Jahren schon ein Greis. Ich aber bin jung, ich habe noch das Leben vor mir, ich bin erst siebenundzwanzig Jahre … Einundzwanzig Jahre jünger als dieser Bernd Donani, dessen Namen ich trage. Vielleicht ist es wirklich so, daß man Altersunterschiede nicht einfach verleugnen kann, auch wenn man glaubt, es durch die Liebe doch zu können. Es ist ein Selbstbetrug, der sich einmal bitter rächt. Man kann ein paar Jahre überspringen … aber einundzwanzig Jahre, fast ein Vierteljahrhundert … das wiegt keine Liebe auf, weil sie einfach einmal aufhören muß, stark genug zu sein, das Doppelte zu geben, was die Natur bereithält.
    »Du hättest nie heiraten dürfen –« sagte sie leise, aber deutlich.
    Donanis Kopf hob sich aus dem Kissen.
    »Das sagt Bombalo auch. Sie haben alle nicht eine so herrliche Frau wie ich. Sieh mal …«
    Donani tastete zu Carolas Bett, schob das Kopfkissen zur Seite und holte eine flache Schachtel hervor. Sie hätte sie finden müssen, wenn sie sich ins Bett gelegt hätte.
    »Das solltest du entdecken, Engelchen …«, sagte er mit müder Stimme. »Ich wußte nicht, daß du heute nacht so nervös sein würdest. Sieh es dir an …«
    Er klappte das Etui auf und hielt es ihr hin. Auf einem roten Samtkissen lag eine Halskette aus Platin, besetzt mit Rubinen und Brillanten. Der Schmuck einer Königin.
    Carola sah kurz auf die blitzende Kette. Sie rührte sich nicht, sie griff nicht zu, sie sah an dem Etui vorbei in das erwartungsvolle Gesicht Donanis.
    »Wie wenig kennst du mich«, sagte sie endlich langsam. »Gold und Brillanten … was ist das? Ich könnte das alles verschenken, wenn ich mir damit unser früheres Glück zurückkaufen könnte … wenn alles wieder so werden könnte wie damals … Ich gäbe alles hin, wenn du mir gehören könntest und nicht nur deinem Beruf … Aber das begreifst du nicht … vielleicht darfst du es nicht begreifen, um das zu bleiben, was du bist … der große Donani … Aber ich, ich kann so nicht mehr weiterleben … Ich kann es einfach nicht mehr.«
    Sie drehte sich um und lief aus dem Zimmer. Auf dem Gang hörte sie noch seine fast klagende Stimme.
    »Aber Engelchen … wo willst du denn hin?«
    Dann klappte die Tür zu. Es war ihr, als schlüge die Pforte hinter einer Welt zu, der sie glücklich entflohen war.
    *
    Die Place de l'Opéra lag verlassen in der Nacht. Vereinzelte Taxis drehten ihre Kreise um die Springbrunnen, ein Betrunkener stand an einem der beleuchteten Becken und erbrach sich.
    Über Paris lag eine warme, helle Sommernacht. Wie Samt war die Luft, wie Seide der Himmel, bestickt mit Diamanten. Carola Donani sah auf ihre Armbanduhr.
    3 Uhr morgens.
    Sie war, nachdem sie das Hotel verlassen hatte, ziellos herumgelaufen. Erst am Seineufer entlang, von Brücke zu Brücke, wo unter den Bogen die Clochards schnarchten oder auf den Bänken lagen, zugedeckt mit auseinandergefalteten Zeitungen. Zwei Schutzmänner, die ihr begegneten, betrachteten sie kritisch und blieben stehen, bis sie aus ihrem Blickfeld entschwand. Eine Frau um diese Zeit an der Seine verhieß nichts Gutes, vor allem wenn sie allein war. Oft genug sah man sie am Morgen dann wieder, im Leichenschauhaus der Polizei. Die Seine ist ein beliebtes Endziel für Liebeskranke.
    Von den Flußbrücken war Carola Donani dann zurück in die Innenstadt gelaufen, bis zur Place de l'Opéra. Nun stand sie auf dem weiten Platz, sah hinüber zu der angestrahlten Oper und fror trotz der warmen Luft. Sie zog die Schultern zusammen und drückte das Nerzcape enger
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