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Supernova

Supernova

Titel: Supernova
Autoren: Charles Stross
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nachdenklich. Versucht, sich
nichts anmerken zu lassen, wie beim Poker, dachte Rachel. Gleich
darauf verschränkte er abwehrend die Arme. »Das ist ja
interessant.«
    Gildas Gefolgsleute, denen offenbar nicht wohl bei der Sache war,
rutschten unruhig hin und her. »Hören Sie, ich glaube
wirklich nicht, dass diese Dinge Ihre Unpünktlichkeit irgendwie
entschuldigen«, brachte einer von ihnen schließlich
hervor.
    »O doch«, erwiderte Rachel glatt und deutete auf Madame
Vorsitzende. »Sie sind nämlich gar nicht befugt, in
Budgetvereinbarungen herumzustochern, die allein im Ermessen des
Geheimdienstes stehen. Ich fürchte, ich muss Sie festnehmen
lassen.«
    »Was?« Madame Vorsitzende wirkte angespannt. »Das
können Sie nicht tun! Sie gehören ja gar nicht zu
irgendeinem bevollmächtigten Vollzugsdienst!«
    »O doch.« Rachel lächelte noch breiter, streckte
eine Hand hoch und sah auf ihr Telefon. Ȇbrigens, wissen
Sie was? Sie hätten nicht so offensichtlich versuchen sollen, in
bestimmten Dingen herumzustochern. Das war nicht besonders schlau von
Ihnen, Gilda. Es hat nämlich dazu geführt, dass gewisse
Leute Ihre hehren Absichten in Zweifel gezogen haben. Sie sind ja
nicht die Einzige, die fehlende Beträge auf einem Konto
ausmachen kann. Und ich bin sicher, es wird Ihre Kollegen sehr
interessieren zu erfahren, woher Sie das Geld für dieses
große Landhaus außerhalb Sewastopols genommen haben. Ist
schon komisch, wo die Spur hinführt. Nicht, dass wir irgendwie
erwarten würden, dass Sie nur für die
Unterhaltungsabteilung arbeiten, Gilda – diese
Einschränkung macht Ihr Anstellungsvertrag ja auch gar nicht.
Aber wir haben wirklich nicht damit gerechnet, dass Sie Reservefonds
für dringliche Einsätze, die dem Geheimdienst zustehen, in
Ihre eigene Tasche leiten.«
    »Was soll dieser Unsinn?« Eindeutig aus der
Fassung gebracht, rappelte sich Gilda hoch. »Sie versuchen doch
nur, von Ihren eigenen Schandtaten abzulenken! Offensichtlich wollen
Sie mich erpressen…«
    Als Rachel an einem ihrer Ringe drehte, ging die Tür hinter
ihr auf, und die Polizistin, die in der Lobby am Empfang gestanden
hatte, kam herein. »Das ist sie«, sagte Rachel und deutete
auf Madame Vorsitzende. »Sie gehört Ihnen.«
    »Das können Sie nicht tun!« Gilda zog sich zum
Fenster zurück. »Dazu fehlt Ihnen jede Grundlage!«
    »Keineswegs.« Die Polizistin klappte ihr Visier hoch und
sah sie müde an. »Sie sind Gilda Morgenstern? Ich bin
Inspektorin Rosa MacDougal. Am 4. Februar dieses Jahres befanden Sie
sich in einer Besprechung mit Rachel Mansour, genau hier. Sie haben
sie daran zu hindern versucht, den Raum zu verlassen, richtig? Tja,
das war nicht besonders schlau, wie? Wo sie doch auf dem Weg zu einem
UXB-Einsatz und all dem war. Ist es Ihnen denn gar nicht in den Sinn
gekommen, dass es eine strafbare Handlung ist, eine Offizierin vom
Bombenentschärfungskommando an der Ausübung ihrer Pflicht
zu hindern? Oder wollen Sie die Sache etwa leugnen?«
    Gefolgsmann Nummer zwei sah seine Chefin mit verhülltem
Entsetzen an. »Gilda, war das wirklich…«
    »Nehmen Sie die Frau fest und die Sache zu Protokoll«,
sagte Rachel und schüttelte den Kopf. »Um die anderen Dinge
kümmere ich mich später.« Sie sah den
Rechnungsprüfer namens Pullman an. »Und Sie tun gut daran,
sich nicht in diese Sache hineinziehen zu lassen.«
    »Miststück!« Madame Vorsitzende, ganz raschelnde
Seide und Giftspritze, ging um den Konferenztisch herum. »Ich
hatte Sie am Wickel…«
    »Bleiben Sie sofort stehen!«, warnte Inspektorin
MacDougal.
    Während Rachel zu MacDougal hinüberblickte, registrierte
sie kaum, dass die wütende Vorsitzende die Hand hochstreckte und
der Gefolgsmann zu ihrer Linken sich gegen diese Hand wehrte, denn
ihr war gerade ein verblüffender Gedanke gekommen. Wirtschaftet in die eigene Tasche, indem sie Gelder des
Geheimdienstes abzweigt; sammelt Informationen über unsere
Einsätze vor Ort; besitzt ein großes Landhaus in der
Nähe von Sewastopol; arbeitet in der Abteilung Unterhaltung und
Kultur. Irgendetwas roch da faul – und es steckte mehr
dahinter als die Veruntreuung von Geldern.
    Als Madame Vorsitzende mit einem zittrigen Finger auf sie deutete,
spannte sich Rachel an. »Betrug!«, schnappte Gilda.
»Mit Leuten wie Ihnen kenne ich mich aus. Saugen Gelder aus dem
Diplomatischen Korps heraus, um die eigenen finsteren Projekte zu
finanzieren. Und dann behaupten sie, die öffentlichen Interessen
zu verteidigen. Sie sind
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