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Supernova

Supernova

Titel: Supernova
Autoren: Charles Stross
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werden, was ich Ihnen
sage«, erwiderte Steffi in täuschend lockerem Ton. Sie war
bleich, hielt aber immer noch das Kästchen in der rechten Hand.
»Ich verfüge über Überwachungssysteme, die die
ganze Umgebung abdecken. Das TALIGENT-Terminal ist aktiviert und mit
dem Netz dieses Notebooks verbunden. Wednesday kann Ihnen
bestätigen, dass ich nicht bluffe.« Sie schluckte.
»Ist schon komisch, was man mit so einem Notebook alles
anstellen kann.« Ihre Hand schloss sich fester darum. »Wenn
ich meinen Daumen von diesem Schirm löse, wird es dem Terminal
eine Nachricht übermitteln. Und Sie können sich sicher
denken, was diese Nachricht besagen wird.«
    Wednesday starrte sie an. »Dieses Ding hier kann einen
unwiderruflichen Start-Code abschicken? Wie haben Sie herausbekommen,
wie das funktioniert?«
    Steffi seufzte. »Wie bin ich denn überhaupt an die
Schlüssel gekommen?« Sie schüttelte den Kopf.
»Sie hätten nicht zu diesem Botschaftsempfang gehen sollen,
Mädchen. Es hätte Ihnen was zustoßen
können.«
    Rachel räusperte sich. »Hoechst war sicher, dass
Svengali die Attentate begangen hat. Und sie verfügte auch
über die Unterlagen desjenigen, der ihm die Honorare dafür
ausgezahlt hat.«
    »Wieso dachten Sie, dass Sven allein gearbeitet hat?«
Steffi blinzelte Wednesday mit einem so grässlich wissenden
Blick zu, dass sie sich am liebsten völlig in ihrem Stuhl
verkrochen hätte, um das nicht mit ansehen zu müssen. Sie
kam sich wie besudelt vor.
    »Sie haben diese Bombe gelegt…«
    »Nein, das war jemand anderes«, erwiderte Steffi
nachdenklich. »Das war eine von Hoechsts kleinen
Überraschungen. Ich glaube, sie wollte mich auf diese Weise
umbringen. Ich selbst habe nur einige andere Leute in ihren eigenen
komfortablen Diplomatenresidenzen erledigt. Und ihnen zur Sicherheit
gewisse Objekte abgenommen, die sie in ihren privaten Safes deponiert
hatten.« Sie streckte das Notebook hoch. »Was mich auf das
aktuelle Thema bringt.« Sie sah Wednesday an. »Kann einer
von Ihnen mir einen überzeugenden Grund dafür nennen, den
unwiderruflichen Start-Code nicht abzuschicken?«
    Wednesday befeuchtete ihre Lippen. »Die haben meine Eltern
und meinen Bruder auf dem Gewissen. Und meine Heimatwelt
zerstört, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Sie haben Frank
gewisse Dinge angetan. Und da wollen Sie von mir hören,
dass es falsch wäre, sie alle umzubringen?«
    Steffi wirkte belustigt. »Die Wahrheit aus Kindermund«,
rief sie zum Mikro hinüber. »Was ist Ihr Angebot,
Rachel?«
    »Geben Sie mir eine Minute Zeit, dann melde ich mich wieder
bei Ihnen.« Rachel klang sehr angespannt. »Du bist nicht
gerade eine Hilfe, Wednesday. Denk daran, dass nur einer der R-Bomber
auf eine Welt der Übermenschen zielt. Die anderen sind immer
noch auf Neu-Dresden gerichtet. Überleg es dir, ehe du wieder
den Mund aufmachst.«
    »Ich gebe Ihnen fünf Minuten, mit Ihrem Vorgesetzten
Rücksprache zu halten«, sagte Steffi. »Und wenn Sie
schon dabei sind, sollten Sie vielleicht auch meine pekuniären
Interessen berücksichtigen.« Gleich darauf legte sie einen
Schalter der Konsole neben ihr um und sah Wednesday mit hochgezogener
Braue an. »Wollen Sie wirklich, dass ich jeden Menschen
auf zwei Planeten töte?«
    »Ich bin mir nicht sicher.« Wednesday sah nachdenklich
aus dem Fenster, das Aussicht auf das All bot. Ein riesiger Wirbel
aus violett-rötlichem Gas, sternförmig von bläulichen
Streifen durchzogen, trieb über eine Folie aus schwarzem Samt
hinweg, die mit unzähligen Stecknadelköpfen – einer
Million stetig leuchtender Sterne – übersät war. Frank ist am Leben, dachte sie. Aber Hoechst ist tot. Wird
man mich deswegen anklagen? Ich könnte Selbstverteidigung gegen
Flugpiraten geltend machen. Der himmlische Rauchring da
draußen schwebte langsam vorbei, ein grell leuchtender
Wegweiser zu einem Friedhof, der noch eine Million Jahre oder mehr
überdauern würde. Und Frank hasst diese Leute genau wie
ich. Aber dann dachte sie an Neu-Dresden und an die Menschen,
denen sie dort so flüchtig wie ein Gespenst, das nach der
Vernichtung des Heimatplaneten einsam und allein übrig geblieben
ist, begegnet war. An drängelnde Kinder in einer völlig
normalen Stadt. An den blauen Himmel und die hohen Gebäude.
»Ich halte mich für zu unbedeutend, um eine solche
Entscheidung zu treffen«, sagte sie langsam. »Und ich
weiß auch nicht, wer so etwas überhaupt entscheiden
könnte.« Sie zitterte, weil ihr ein bestimmter
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