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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung
Autoren: Shana Abe
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die den Fluch brechen könnte, der auf ihnen lastete.
    Tief in ihrem Innern würde die Chimäre, die ihr Herz in Bann hielt, bloß spöttisch das Lachen von Hanoch erwidern.
    Auf der prunkvollen Feier an König Henrys Hof stimmten die Musiker ein wehmütiges Lied an. Sie zupften zart an ihren Lauten, während der Tenor eine verlorene Liebe besang. Avalon nahm einen Kelch mit Met von einem der Diener und nippte gedankenverloren daran. Zu ihrer Linken befand sich eine Gruppe von jungen Damen ihres Alters. Sie standen dicht beieinander, bildeten einen engen Kreis und warfen ihr hochnäsige Blicke zu.
    Hass, seufzte die Chimäre, jene leise Stimme. Neid!
    Die Wände dieses königlichen Saals erstrahlten in den herrlichsten Farben und waren von kunstvollen Fresken mit Szenen aus Dichtung und Wahrheit bedeckt: Drachen und Greife erhoben sich über Rittern, Königen und Heiligen. Avalon begab sich in eine ruhige Ecke und gab vor, die Darstellung eines Heiligen in Krone und Ornat zu betrachten. Er war auf einem Scheiterhaufen festgebunden – und brannte.
    »Schaut sie euch an ...«
    Die Miene des Heiligen verriet nichts, zeigte keine Reaktion auf die Flammen oder den Rauch, der emporquoll.
    »Schaut sie euch an. Flirtet mit jedem Mann, der vorübergeht. Der Aufenthalt bei Hofe sollte ihr verwehrt werden.«
    »Der Aufenthalt im Königreich sollte ihr verwehrt werden.«
    Die gelben Flammen sahen spitz und scharf aus. Unbarmherzig züngelten sie wie Schmerz bringende Lichtklingen aus dem Holzhaufen. Zweifellos eine strahlende Erlösung für den Heiligen, der zumindest nie die Qual erleben musste, der berüchtigtste Gast einer Gesellschaft bei Hofe zu sein.
    Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass der Kreis der jungen Damen kühner wurde. Der Ton, in dem sie mittlerweile ihren Namen hervorstießen, war nicht mehr sanftmütig zu nennen, und sie schienen sich gleichsam wie ein Wesen zu bewegen, um sie noch besser aufs Korn nehmen zu können.
    »Ich habe gehört, dass sie wahnsinnig sein soll!«
    »Das wundert niemanden; schließlich wurde sie von diesen Schotten, die schlimmer sind als Tiere, aufgezogen ...«
    Eine endlose Weile erwiderte Avalon ihre Blicke, ehe sie sich auf der Suche nach Frieden von der Stelle bewegte. Doch die direkt auf sie gerichtete Abneigung folgte ihr und für einen beunruhigenden Moment, während sie weiterging, öffnete die Chimäre kurz die Augen und ließ sie erkennen, was die Gruppe sah: eine junge Dame, die nirgendwo hingehörte, groß und hell in einem rosafarbenen, mit Perlen bestickten Bliaud, schimmerndem Haar, das im Kerzenlicht wie Silber strahlte und von einem Krönchen, doch keinem Schleier, zusammengehalten wurde; seltsame Augen, die merkwürdig leer schienen ...
    Ein schneller Blick in einen dunklen Spiegel in der Nähe der Musikanten bestätigte dieses Bild. Der Spiegel mochte wohl ihr Haar zu einem geisterhaften Grau verblassen lassen und die merkwürdige Farbe ihrer Augen in der trüben Dunkelheit verbergen. Aber es war eindeutig ihr Gesicht, das der Spiegel wiedergab, die ungewöhnliche Farbzusammenstellung und die Gestalt, die, dessen war sich Avalon gewiss, ihr Schicksal von Anfang an überschattet hatten.
    »Ist es zu fassen, dass sie es ablehnt, bei einer Veranstaltung bei Hofe einen Schleier zu tragen? So wie sie ihr Haar zur Schau stellt, ist es wohl ihr ganzer Stolz. Vielleicht machen es ja diese Barbaren in Schottland so!«
    »Dies helle, blonde Haar ist ja so unmodern ...«
    Silberblond wie Mondlicht, hatte Avalons Kindermädchen immer gesagt.
    »Und wie verrückt, dass der Rest von ihr nicht einmal zu ihrem seltsamen Haar passt, dass ihre Brauen und Wimpern pechschwarz sind ...«
    Ein reizender Kontrast, beharrte Ona stets, das Kindermädchen.
    »Ich verstehe nicht, wie sie überhaupt denken kann, sie sei etwas Besonderes. Im Moment wünscht sich doch jede dunkles Haar. Und schaut euch dieses Gesicht an! Weiß wie ein Gespenst!«
    Ona nannte es Alabaster, das Zeichen ihrer hohen Geburt.
    »Und ihre Augen!«
    »Wirklich!«
    »Welche Farbe haben sie eigentlich, meine Lieben? Einfach unbeschreiblich!«
    Weder Veilchenblau, noch Dunkellila, doch etwas, das an eine Mischung aus Dunst und Licht vor der Morgendämmerung erinnerte. Violett, hatte die treu ergebene Ona behauptet.
    Nichts Normales und Gewöhnliches wie ein schlichtes Blau oder Grün oder Braun, überlegte Avalon ironisch.
    Sie schritt weiter, während sie gelegentlich am königlichen Met nippte und sich fragte,
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