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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung
Autoren: Shana Abe
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Reisegruppe bildete eine solch geschlossene Form, dass man fast den Eindruck von einem aus glitzerndem Metall bestehenden Tier hatte, das sich durch die Landschaft wälzte. Waffen, Rüstungen und polierter Stahl – die bedrohlichen Zeichen des Krieges – wurden stolz zur Schau gestellt.
    Doch das Bemerkenswerteste an dieser Gruppe, die sich durch die sanft geschwungene Hügellandschaft auf Trayleigh Castle zubewegte, war wohl jene Frau, der der ganze Schutz galt.
    Nahe der Spitze des Zuges ritt sie, umgeben von Männern, auf einer Fuchsstute.
    Lady Avalon hatte es nicht nur abgelehnt, in einer geschlossenen Sänfte getragen zu werden, sondern sie hatte auch die Kapuze ihres Umhangs zurückgeworfen; nun glänzte in der strahlenden Sonne ihr Haar, das von einem so hellen Blond war, dass etliche ihrer Begleiter es mit dem Heiligenschein eines Engels verglichen.
    Diejenigen jedoch, die auf der Sänfte bestanden hatten, murrten, dass kein Engel so stur sein könne. Und einigen waren auch die Gerüchte und das Raunen hinter vorgehaltener Hand zu Ohren gekommen. Jenes gefährliche Wort, das kaum einer zu äußern wagte – besonders nicht, wenn man dem ungewöhnlichen Blick jener gewissen Dame begegnete.
    »Seht dort, Mylady!« Der Soldat an der Spitze drehte sich im Sattel um und wies in die Ferne, sodass die junge Frau in diese Richtung schaute.
    Am Fuße eines flachen Hügels kam allmählich Trayleigh Castle in Sicht, das man bisher nur schemenhaft durch das herbstliche Laub der umgebenden Bäume erkennen konnte. Das war das Heim von Bryce, Baron d’Farouche – ihrem Cousin und Vormund.
    Vor zwölf Jahren hatte Lady Avalon d’Farouche miterlebt, wie diese Burg, der Wohnsitz ihrer Familie, in Flammen stand, während sie sich an die Spitze einer Birke klammerte, auf die das Kind am Nachmittag vergnügt geklettert war.
    Von diesem Punkt aus, am Rande der nahe gelegenen Wälder, hatte sie fast alles gesehen, was während des Überfalls geschah. Und im Gegensatz zu dem, was die Londoner behaupteten, erinnerte sie sich an jede einzelne Sekunde.
    Dichte Wolken aus schwarzem Rauch, die aus jedem Winkel der Burg drangen.
    Menschen, die rannten und schrien. Ein unbeschreibliches Chaos. Menschen, die bewegungslos am Boden lagen und Ströme von Blut vergossen.
    Ona, ihr Kindermädchen, das zum Baum gerannt kam, auf dem sie saß, und in heller Panik ihren Namen rief.
    Die Schar von Männern, die die Frau verfolgten.
    Onas Häscher waren wie alle anderen mit Blut überströmt, jedoch auf seltsame Art mit Farben bemalt, und sie trugen Waffen. Sie kamen auf die Birke in wildem Laufe zu. Obwohl Avalon von dem Baum heruntergeklettert war, um Ona vor der Gefahr im Rücken zu warnen, war es zu spät gewesen. Ebenfalls im Gegensatz zu allen Gerüchten, hatte Avalon nicht gesehen, wie ihr Vater starb. Sie war nur Zeugin, wie ihr Kindermädchen neben der Birke abgeschlachtet wurde.
    Bei den angemalten Männern handelte es sich um aufständische Pikten, um Männer ohne Heimat oder Ehre. Aber auf die siebenjährige Avalon wirkten sie wie Kreaturen direkt aus einem Albtraum: blau und rot bemalte Kobolde mit glühenden Augen.
    Fast wäre sie zusammen mit Ona am Fuße der Birke gestorben, da man ihr genauso erbarmungslos die Kehle aufschlitzen wollte. Doch Onkel Hanoch war gekommen. Hanoch hatte ihren Vater besucht und Hanoch war es gewesen, der sich vorbei an Pfeilen, Äxten und Blut zu ihr durchgekämpft hatte. Und statt ihrer ließen die Kobolde ihr Leben. Er hatte die zukünftige Braut seines Sohnes gerettet und fort, weit fort gebracht, in die kälteste Region des ganzen Landes – nach Schottland.
    Ja, das letzte Mal, als Avalon Trayleigh gesehen hatte, lag sie in den Armen von Hanoch Kincardine. Man trug sie fort, während sie wie eine Besessene schrie und weinte und um sich trat – bis man ihr einen Stofffetzen in den Mund stopfte, der nach Rauch und Tod schmeckte.
    Aber der heutige Tag war herrlich und eine Ewigkeit seit jenem Drama vergangen. Die Sonne schien auf sanft geschwungene, grüne Hügel und endlose Weiden. Die Landschaft strahlte eine vollkommene Ruhe aus. Jetzt erkannte Lady Avalon d’Farouche, die junge Frau, dass Trayleigh Castle sich von jenen schrecklichen Ereignissen vor zwölf Jahren erholt hatte.
    Während der Jahre ihrer Abwesenheit hatte sie sich nicht so sehr der prächtigen Burg erinnert, in der sie geboren worden war, sondern des verheerenden Chaos’, das sie an jenem Tag aus der Ferne mit ansehen musste. In
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