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Sueße kleine graue Maus

Titel: Sueße kleine graue Maus
Autoren: Sandra Brown
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auch gekannt?«
    »Gast.«
    »Wie bitte?«
    »Ihre Tante nennt uns alle Gäste. Sie meint, >Mieter< hört sich zu geschäftsmäßig an.«
    »Ach so.« Trent nickte. Sein Hemd stand am Hals offen, und der V-Ausschnitt enthüllte seine braune Haut und dunkle, gelockte Haare. Bei diesem Anblick spürte Rana ein Flattern in der Magengrube. Schnell wandte sie den Blick ab. »Ich möchte Sie bitten, mich mit den Regeln hier im Haus vertraut zu machen. Wann zum Beispiel ist die Sperrstunde?«
    Er neckte sie schon wieder, und wie schon zuvor ärgerte sie sich darüber. Sie hatte so viele Männer gekannt, die diese Art von Spielchen mit Frauen spielten, und einige von ihnen hatten mehr Talent im Flirten als Trent Gamblin. Es waren alles Spiele, bei denen die Frau stets die Beute und der Mann den Jäger darstellte.
    Rana hatte sich immer gegen diese Art von Anmache gewehrt und gegen die Annahme der Männer, daß sie an diesem ermüdenden Schwachsinn interessiert sei. Jetzt war es nicht anders. Außerdem, warum gab sich dieser Mann so viel Mühe mit der hausbackenen, unscheinbaren Miss Ramsey?
    Auf einmal wußte Rana die Antwort. Außer seiner Tante war sie die einzige Frau im Haus. Offenbar hatte Mr. Gamblins vielschichtige Persönlichkeit eine herausragende Eigenschaft - er war der geborene Herzensbrecher. Und angeborene Talente konnte man schwer unterdrücken.
    »Die frühere Bewohnerin Ihres Apartments war eine Witwe in Rubys Alter«, erklärte Rana kühl. »Als es ihr gesundheitlich nicht mehr so gut ging, ist sie nach Austin in die Nähe ihrer Familie gezogen.«
    Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Wasserglas und hoffte, mit dieser Geste die Unterhaltung zu beenden, bis ihre Gastgeberin mit dem Essen erscheinen würde. An diesem Abend kam Rana das Eßzimmer eng und stickig vor. Sie schloß bei sich die Möglichkeit aus, daß Trent Gamblins Anwesenheit damit etwas zu tun haben könnte. Vielleicht mußte Ruby den Thermostat an der Klimaanlage verstellen.
    In Mißachtung der Bitte seiner Tante, er möge sich anständig benehmen, hatte Trent beide Ellbogen auf den Tisch gestützt, legte das Kinn auf seine Hände und betrachtete Miss Ramsey ungeniert.
    Interessant. Sie konnte nicht sehr alt sein. Vielleicht um die dreißig. Sie war ihm ein Rätsel. Warum verbarg sich eine offensichtlich gesunde, intelligente junge Frau auf Dauer in Tante Rubys Pension, so gemütlich und anheimelnd diese auch sein mochte? Welches Motiv hatte eine Frau, sich so zu isolieren?
    Vielleicht eine Familientragödie? Eine in die Brüche gegangene Liebesbeziehung? Hatte man sie am Altar stehenlassen oder etwas in der Art?
    Miss Ramsey erweckte in ihm die Vorstellung einer altjüngferlichen Schullehrerin aus dem vorigen Jahrhundert. Schmales Gesicht, glattes Haar - obwohl, im Kerzenlicht schimmerte es in einem Farbton, den er nie zuvor gesehen hatte. Dieses fürchterliche graue Kleid verbarg ihre Figur so vollkommen, daß nicht einmal er auch nur ahnen konnte, wie sie beschaffen sein mochte.
    Sie hatte sich nicht geschminkt, ihre Haut jedoch schien makellos zu sein, aber im Gegensatz zu den meisten rothaarigen Frauen hatte sie eine ganz leicht olivfarbene Tönung. Und doch - ihr Haar war eigentlich zu dunkel, um es rot zu nennen. Dieser tiefe Mahagoniton ließ sich schwer beschreiben.
    Ihre Hände, die unruhig mit dem Silberbesteck spielten, waren erstaunlich schmal und schlank. Sie sahen jedoch etwas rauh aus. Ihre Nägel waren kurz und unlackiert. Diese Frau benutzte auch kein Parfum. Trents geschulte Nase konnte etliche Duftnoten voneinander unterscheiden, aber bei Miss Ramsey versagte sein Geruchssinn. Am schlimmsten war ihre runde Brille. Diese großen, blaugetönten Gläser verbargen völlig ihre Augen.
    Sein forschender Blick machte Rana nervös; das bemerkte Trent daran, wie sie unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte. Mit einem Hauch von Bosheit freute er sich darüber, daß seine Aufmerksamkeit sie nicht kalt ließ. Das arme Ding brauchte womöglich dringend etwas Abwechslung in einem trüben, langweiligen Leben. Warum sollte er nicht dazu beitragen? Er hatte sowieso nichts Besseres zu tun.
    »Warum leben Sie hier, Miss Ramsey?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Au! Sind Sie immer so stachelig?«
    »Nur wenn jemand mich so unverschämt anstarrt und so dämliche Fragen stellt.«
    »Ich bin der Neue. Sie müssen lieb zu mir sein.«
    Irgendwie hatte Ruby recht. Er war wirklich anbetungswürdig, besonders, wenn er sie so ansah wie jetzt.
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