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Sueße kleine graue Maus

Titel: Sueße kleine graue Maus
Autoren: Sandra Brown
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komm mit mir in die Küche. Während ich abwasche, möchte ich alles über dein Leben erfahren.«
    »Auch die nicht jugendfreien Dinge?« Sie kicherte und nahm sein Kinn zwischen ihre Finger. »Die zu allererst ...«
    Trent folgte seiner Tante in die Küche, in Gedanken war er jedoch immer noch bei Miss Ramsey. Wie hieß sie bloß mit Vornamen? Trotz ihres schäbigen, sackartigen Kleides hatte er bemerkt, daß sie sich erstaunlich grazil und geschmeidig bewegte. Ihre Haltung war sehr aufrecht. Die Hand, die er so arrogant geküßt hatte, war nicht manikürt, aber zart und feingliedrig. Aus irgendeinem Grund hatte er ihre Haut trotz des schwachen Farb- und Terpentingeruchs sehr gern geküßt.
    Oben im Schlafzimmer ihres Apartments zog sich Rana aus. Während der letzten sechs Monate hatte sie es vermieden, in den Spiegel zu schauen, doch jetzt betrachtete sie sich zum erstenmal wieder von oben bis unten. Der große Drehspiegel stand in einer Ecke des holzgetäfelten Zimmers, so daß sie sich in voller Größe sehen konnte.
    Als sie New York verließ, war sie so schlank gewesen, daß man es schon fast hätte mager nennen können. Bei knapp einem Meter achtzig hatte sie fünfzig Kilo gewogen. Dank Rubys Kochkünsten und ihrem ständigen Zureden hatte Rana zugenommen.
    Gemessen an normalen Maßstäben war sie immer noch dünn, in ihren eigenen Augen kam sie sich jedoch ziemlich mollig vor. Ihre Hüftknochen traten nicht mehr so scharf hervor, und ihre Brüste waren runder und weicher geworden. Sie wirkte nicht mehr so knabenhaft, sondern sehr feminin.
    Auch ihr Gesicht hatte sich verändert. Die legendären Wangenknochen, die für die bekanntesten Modemagazine der Welt abgelichtet worden waren, traten nicht mehr so scharf hervor. Das machte ihre Gesichtszüge weicher.
    Sie nahm die unnütze Brille ab. Diese topasgrünen Augen hatten einmal unzählige Frauen auf der ganzen Welt dazu animiert, Lidschatten mit so illustren Namen wie Saharagold oder Feengrün zu kaufen.
    Kunstvoll geschminkt, hatten Ranas mandelförmige Augen tatsächlich eine ganz außergewöhnliche Ausstrahlung. Selbst ohne Make-up wirkten sie geheimnisvoll und verführerisch. Zu verführerisch. Sehr charakteristisch. Aus diesem Grund mußte Rana sie hinter getönten Brillengläsern verbergen, wenn sie ihre Identität geheimhalten wollte.
    Sie zwang sich zu lächeln. Ihre Zähne waren ebenmäßig und schimmerten weiß.
    Sie griff nach der Haarbürste und strich das lange Haar aus dem Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf so, wie man es ihr beigebracht hatte. Da war er - der Rana-Look. Dichtes dunkelrotes Haar umrahmte ein exotisch schönes Gesicht. Sicher, der Spiegel zeigte eine sehr abgeschwächte Version, aber das genügte, um all die schmerzhaften Erinnerungen heraufzubeschwören.
    Selbst jetzt spürte sie noch die nikotinverfärbten Finger des Agenten an ihrem Kinn, wie sie ihren Kopf in alle Richtungen drehten und verrenkten. »Sie sieht einfach zu ... zu exotisch aus, Mrs. Ramsey. Sie ist hübsch, aber ... fremdartig. Ja, genau! Sie sieht nicht amerikanisch genug aus.«
    »Sie haben doch schon jede Menge Models, die amerikanisch aussehen«, hatte Susan Ramsey abschätzig erwidert. »Meine Rana ist anders. Das macht sie so unbezahlbar.«
    Niemand, nicht der widerliche Agent, nicht der gähnende Fotograf und erst recht nicht ihre Mutter bemerkten Ranas leises Stöhnen. Sie hatte entsetzlichen Hunger. In ihrer Phantasie erschien ein Hamburger, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen.
    Aber es hatte keinen Sinn, sich selbst zu quälen. Wenn sie Glück hatte, würde man ihr einen einfachen grünen Salat mit kalorienarmem Dressing erlauben -wenn man ihr überhaupt ein Mittagessen zugestand.
    »Es tut mir leid«, erklärte der Agent, raffte alle glänzenden großformatigen Fotos von Rana zusammen und gab sie Susan Ramsey zurück. »Sie ist ein hübsches Mädchen, aber nichts für uns. Haben Sie's schon bei Ford versucht? Eileen hat schon die ausgefallensten Typen engagiert.«
    Susan stopfte die Fotos in eine große Mappe, packte Rana fest am Arm und stolzierte mit ihr aus der Agentur. Im Aufzug strich sie den Namen des Agenten von ihrer langen Liste. »Mach dir keine Sorgen, Rana. Nicht jeder in New York kann so dumm und so blind sein. Stell dich bitte gerade hin. Und würdest du beim nächsten Mal bitte versuchen, ein wenig öfter zu lächeln!«
    »Ich kann nicht mehr, Mutter. Ich fühle mich schon ganz schwach vor Hunger. Ich hatte nur eine Scheibe
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