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Such mich Thriller

Such mich Thriller

Titel: Such mich Thriller
Autoren: Carol O Connell
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zu glauben!«
    Die sorgfältig durchgestrichenen Zahlen konnten nur Telefonnummern sein, die für Mallory wertlos geworden waren. Riker packte den Arzt am Arm und zog ihn zu sich herum. »Sie haben das schon mal gesehen.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, ja fast ein Vorwurf. »Sie wissen, was das bedeutet. Los, raus mit der Sprache.«

    Der Arzt nickte. Er war nicht gekränkt. »Ja, aber es ist lange her. Auf alten Telefonrechnungen von Markowitz. Das war in Mallorys ersten Monaten bei ihnen, wenn ich mich recht erinnere, da muss sie elf gewesen sein.«
    Stimmt genau.
    Louis Markowitz, ein großartiger Polizist und leider tot, und seine Frau Helen hatten die Kleine an Kindes statt angenommen, aber Kathy hatte ihnen nie etwas über ihre Herkunft gesagt, ihnen nicht einmal ihr wahres Alter verraten. Zuerst hatte sie steif und fest behauptet, sie sei zwölf, und Lou hatte ihr ein Jahr abgehandelt, aber sie hätte ebenso gut zehn oder neun sein können.
    Der Arzt stand mitten im Zimmer und putzte sich mit einem Taschentuch die Brille. »Lou hat mir damals Telefonrechnungen gezeigt, da waren reihenweise Ferngespräche, die hatte alle Kathy geführt.« Er trat wieder näher an die Wand heran. »Als Kind litt sie an Alpträumen. Lou machte die Anrufe dafür verantwortlich. Manchmal kam er mitten in der Nacht herunter und ertappte sie am Telefon. Hunderte von Malen hat sie in diesen ersten Monaten in der Gegend herumtelefoniert. In allen Ferngesprächen blieben sich vier Zahlen gleich, die anderen waren mehr oder weniger beliebig. Lou gegenüber hat sie nichts darüber rausgelassen, aber er hatte eine ziemlich überzeugende Theorie. Es gab da einen Menschen, den sie erreichen wollte, jemanden aus ihrem früheren Leben, aber die Telefonnummer hatte sie nur unvollständig im Gedächtnis.«
    »Also hat Lou die Nummern auch angewählt.«
    »Ja, alle. Und dabei ergab sich ein eigenartiges Muster. Weil die Anrufe alle so spät in der Nacht kamen, waren sie sogar den Männern im Gedächtnis geblieben. Wenn ein Mann sich meldete, legte Mallory gleich wieder auf. Bei einer Frau sagte sie: ›Hier Kathy. Ich habe mich verirrt.‹«

    »Muss ein scheußlicher Schock für die Frauen gewesen sein.«
    »Ja, es traf einen Nerv, sie wurden ganz panisch.« Der Arzt sah zu einem der Hochhausfenster in der dunklen Stadt auf. »Sie flehten Kathy an, ihnen zu sagen, wer und wo sie war, aber sie legte danach immer wortlos auf. Sie bekam wohl nie die erhoffte Reaktion. Sie erreichte nie eine Frau, die sie kannte.«
    »Eine Frau.« Riker kramte einen Zettel aus der Tasche, den ihm der erste Cop am Tatort gegeben hatte. Darauf standen ein paar Stichworte zur Identität des Opfers, unter anderem auch die Telefonnummer von Savannah Sirus. Eine Vier-Ziffern-Gruppe deckte sich mit der an der Korkwand. »Schätze, Mallory hat endlich die richtige Verbindung bekommen.«
     
    Achthundert Meilen weiter westlich hatte man ebenfalls eine Leiche gefunden.
    Die Fenster der Geschäfte und Büros waren schon seit Stunden dunkel, als eine regenschwere Bö einen Schirm erfasste, der schlitternd und kreiselnd über die breiten Stufen des Chicago Art Institute schurrte. Einzige Zeugen waren zwei Großkatzen, stehende Bronzelöwen, die den hoffnungslosen Kampf des Regendachs gegen die fast waagerecht über die Straße fegenden Wasserschwaden ignorierten. Ihre grüne Patina changierte im grellen Weiß der Blitze und des roten Blinklichts der Polizeifahrzeuge. Pkws und Vans sammelten sich an der Baustelle auf der gegenüberliegenden Seite der Michigan Avenue. Zwei Beamte vom Morddezernat, nass bis auf die Knochen, steckten resigniert die Hände in die Jackentaschen und sahen hilflos zu, wie die Regenfluten ihre kostbaren Spuren davonschwemmten. Die Körperflüssigkeiten, die Haare und Fasern - alles verschwand in der Gosse. Die sauber gewaschene Leiche konnte ihnen nichts sagen außer der Todesursache: extreme
Gewalteinwirkung. So einen Tatort hatte es in der Geschichte von Chicago, Illinois, noch nie gegeben, keinen, der so schockierend, keinen, der so traurig gewesen wäre.
    Der gläubige Beamte bekreuzigte sich. Der andere machte die Augen zu.
    Der Tote zu ihren Füßen war auf die Adams Street ausgerichtet, besser bekannt als Route 66, eine Straße mit vielen Namen. Eine Straße der Fluchten hatte Steinbeck sie genannt.
     
    Der Gewitterregen hatte sich gelegt, aber für normale Kundschaft war es zu spät am Tag. Hinter der massiven Tür der
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