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Such mich Thriller

Such mich Thriller

Titel: Such mich Thriller
Autoren: Carol O Connell
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überlegt und sich erschossen hat?«
    »Nein.« Aber er konnte die Überlegung nachvollziehen. Dies war das einzige offene Fenster in einer kalten Frühlingsnacht, auch das Fliegengitter war hochgeschoben. »Die Frau muss Mallory gut gekannt haben, sie war schon eine Weile hier.« Er griff nach dem Flugticket. »Ist vor drei Wochen gekommen.« Dass es ein Hin- und Rückflugticket war, sagte er nicht. Mallorys Hausgast hatte nicht vorgehabt, in New York City zu sterben - jedenfalls nicht am Tag ihrer Ankunft. »Savannah Sirus verstand nicht viel von Schusswaffen und Munition. Ich sehe das so: Sie hat sich gedacht, dass die Kugel durch ihren Körper durchgehen und eine Wand verdrecken könnte. Das hätte Mallory nicht gefallen.«
    Der Arzt nickte.
    »Also hat die Lady das Fenster aufgemacht«, fuhr Riker fort, »und das Fliegengitter hochgeschoben. Da hat sie gestanden, als sie sich erschossen hat. Und es sieht so aus, als ob sie es von langer Hand geplant hat.« Er deutete auf die Waffe, die am Boden lag. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass dieses Spielzeug Mallory gehört?«
    »Nein, wohl nicht«, sagte Dr. Slope.
    Was da auf dem Teppich lag, war eine leichte Zweiundzwanziger,
eine Damenwaffe. Kathy Mallory war keine Dame, ihr Arbeitsgerät war eine Smith & Wesson.357 mit stärkerem Rückstoß und mehr Möglichkeiten, einen Gegner auszubremsen, zu verstümmeln und zu töten.
    Dabei wusste Riker natürlich, dass die Waffe doch Mallory gehörte. Sie hatte eine umfangreiche Sammlung von Schusswaffen aller Art - alle ohne Waffenschein -, und eine Zweiundzwanziger war vielseitig verwendbar, aber wenn das Slope erfuhr, würde er womöglich zögern, auf Selbstmord zu befinden.
    Der Detective rutschte tief in die schwarzen Lederpolster und grübelte. Wohin war seine Partnerin unterwegs? Und warum war sie seit einiger Zeit nicht mehr zum Dienst erschienen?
    Was hast du in dieser Zeit getrieben, Mallory?
    Entschlossen rappelte er sich wieder hoch und gähnte, als sei er so einer Gewalttat gegenüber inzwischen völlig abgestumpft. Und in gewisser Weise stimmte das sogar: Als echten Sohn New Yorks konnte ihn in dieser Hinsicht nichts schocken. »Ich seh mich mal in den anderen Räumen um.«
    Als er am Gästezimmer vorbeikam, registrierte er zerknitterte Bettwäsche und eine schlampig hingeworfene Decke. Ein paar Schritte weiter, in Mallorys Zimmer, war das Bett glatt und faltenlos, als habe nie jemand darin geschlafen. Tatsächlich gab es eine Theorie, die besagte, dass Mallory nie schlief. Mallory, die Maschine - so hieß sie in Kollegenkreisen.
    Dr. Slope war Riker dicht auf den Fersen, als der ein weiteres peinlich aufgeräumtes Zimmer betrat. In Mallorys Arbeitszimmer wagte es keine Staubflocke, sich häuslich niederzulassen. Manche Leute hielten sich Hunde, Mallory hielt sich Computer. In Reih und Glied saßen sie da, die Zyklopenaugen zur Tür gerichtet, und warteten auf die Rückkehr ihrer Herrin.
Selbst die technischen Handbücher lagen genau auf Kante im Bücherregal. Die hintere Wand war mit Kork verkleidet, und Riker registrierte verblüfft etwas, was auf den ersten Blick aussah wie ein gestreiftes Tapetenmuster. Als er sich umdrehte, sah er tiefe Bestürzung im Blick des Pathologen.
    Von der Decke bis zur Fußbodenleiste war die Korkwand mit Papierbogen bepflastert, auf denen dicht an dicht Spalten mit Zahlen standen. Zwischen den einzelnen Ziffern gab es Abstände, die darauf schließen ließen, dass es sich um Telefonnummern mit Vorwahl handelte. Er hatte eine Lesebrille in der Brusttasche, kniff aber lieber die Augen zusammen, um die Zahlen besser erkennen zu können. Jetzt sah er, dass sechs Ziffern jeweils beliebig angeordnet waren, eine Folge von vier Ziffern aber in jeder Zeile konstant blieb. Das also war die Antwort auf die Frage, was sie in letzter Zeit so getrieben hatte - oder Teil der Antwort. Hin und wieder hatte sie offenbar auch an die Wand geballert und Ungeziefer in die Ewigkeit befördert, wenn sie keine Fliegenklatsche zur Hand hatte, und womöglich - wenn er an die Leiche im Wohnzimmer dachte - noch Schlimmeres angestellt. Zuzutrauen war es ihr. Immerhin hatte sie in klaren Momenten die Löcher im Putz geflickt.
    Dr. Slope bestaunte die Tausenden von Zahlen auf der Korkwand. Die meisten waren rot durchgestrichen, und zwar schnurgerade und mit größter Präzision. Er ging einen Schritt näher heran und linste durch seine Bifokalbrille. »So akkurat wie auf einer technischen Zeichnung. Nicht
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