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Such mich Thriller

Such mich Thriller

Titel: Such mich Thriller
Autoren: Carol O Connell
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mussten eine große Enttäuschung für Mallory gewesen sein, denn sie bestätigten ihre Theorie. Nach den Briefen hätte man meinen können, es habe sie und ihre Mutter nie gegeben.

    Das silberfarbene Cabrio schraubte sich die gewundene Straße hoch und höher, dann ging es auf der Achterbahn jäh bergab, sie streiften Felswände und Äste auf dem Weg zu jenem fernen Küstenstrich, den die vierzehnjährige Kathy Mallory besucht hatte. Er sah sie vor sich, ein erwartungsvolles Kind am Rande der Welt, blutjung, ohne Sicherheitsnetz, das seine ganze Hoffnung auf diese Begegnung von Vater und Tochter gesetzt hatte. Dann war der Augenblick da. Und das Kind war allein davongegangen.
     
    Es war ein ungewöhnlicher Weg - mit drei Endpunkten und einer Lösung.
    Als sie in dem kleinen Küstenort ankamen, war es zu spät für Besuche. Und deshalb tauchte das silberfarbene Cabrio von dem Hotel auf der Main Street aus erst am nächsten Morgen in den Dunst ein, der Mendocino, Kalifornien, einhüllte. Die Sonne musste schon vor Stunden aufgegangen sein, nur sehen konnte Charles sie nicht.
    Kein verheißungsvoller Beginn.
    Die Straße stieg steil an. Dann hatten sie die Wolken hinter sich und fuhren in strahlendem Sonnenschein durch üppig grüne Wälder mit Farnen und blühenden Pflanzen. Von der Straße aus waren keine Häuser zu sehen, nur Grundstücksnummern verrieten ihm, dass da hinten jemand wohnte. Die Bürger von Mendocino schienen großen Wert auf ihre Privatsphäre zu legen. Sie kamen an einen kleinen unbefestigten Weg, offenbar eine private Einfahrt. Charles nahm Gas weg, denn auf dem Briefkasten stand keine Nummer oder vielmehr - es war gar kein Briefkasten da, nur ein kaputter Pfosten. Eine Hälfte ragte noch aus dem Boden, die andere lag verrottet im Gras.
    Durch Lücken im Geäst sah er einen Mann über die Einfahrt gehen, er hatte einen Briefkasten an einem neuen Pfosten
in der Hand. Durchs Haar zogen sich silberne Fäden, aber entscheidend verändert hatte Peyton Hale sich nicht. Das gebräunte Gesicht hatte ein paar Falten, aber der Junge auf dem Foto war noch zu erkennen. Auch seine Figur war gleich geblieben, und er trug nach wie vor Jeans und ein T-Shirt. Die Muskeln in seinen Armen strafften sich, als er den Stumpf des vermoderten Pfostens aus der Erde zog.
    Charles fuhr an den Straßenrand und stellte den Motor ab.
    Den morschen Pfosten im Arm sah Peyton Hale auf, ein natürlicher Reflex, wenn Fremde zu Besuch kommen. Er lächelte überrascht und ein wenig nostalgisch, denn der Wagen war das genaue Abbild des VW-Cabrios, das er einmal besessen hatte. Das musste er genauer sehen! Mit der freien Hand griff er in die Brusttasche, holte eine Brille mit Drahtgestell und dicken Gläsern heraus und setzte sie in dem Moment auf, als Mallory aus dem Wagen stieg.
    Sie straffte die Schultern. Eine Chance würde sie ihm noch geben, eine einzige, sie am Gesicht ihrer Mutter zu erkennen - und an seinen grünen Augen.
    Charles blieb am Steuer sitzen. Das Herz tat ihm weh. Sie hatte die Latte viel zu hoch gelegt. »Letzte Chance«, flüsterte er wie eine Litanei. »Letzte Chance.«
    Und das Gebet wurde erhört. Peyton Hale stand da wie vom Donner gerührt.
    Es fiel nicht schwer zu erraten, was sich hinter den weit aufgerissenen Augen abspielte. Charles sah förmlich, wie Peyton unter der Last von Savannahs Lügen innerlich zusammenbrach. Vor sich hatte er den lebenden Beweis dafür, dass Cassandra nicht mit seinem Kind im Leib gestorben war.
    Peytons Mund verzerrte sich, als habe seine Tochter ihn bis ins Herz getroffen, und auf eine für Mallory sehr typische Weise stimmte das ja auch. Die Knie wurden ihm weich, der
alte Briefkastenpfosten fiel zu Boden, Charles fürchtete jeden Augenblick, auch Peyton würde stürzen. Dessen Blick saugte sich an dem Gesicht seiner Tochter fest, das dem der Mutter so ähnlich war, und Charles Butler verstand auch den neuen Ausdruck in Peytons Augen zu deuten. Er nannte ihn Epiphanie - das Hallelujah eines Vaters, der zum ersten Mal sein Kind sieht, sein wunderbares Kind. Noch immer schwankend streckte er wie hilfesuchend die Hände nach ihr aus. »Unser Baby«, sagte er.
    Charles schloss die Augen. Unser Baby - natürlich! Peytons Kind hatte noch keinen Namen gehabt, als er seinen letzten Roadtrip antrat. Die Briefe für U. B. waren an Mallory gerichtet gewesen, noch ehe sie auf der Welt war. Die Leidenschaft ihres Vaters für eine vom Verschwinden bedrohte Straße hatte sein
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