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Sturz ins Glück

Sturz ins Glück

Titel: Sturz ins Glück
Autoren: Karen Witemeyer
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schnell in die Irre führen ließen. Frauen … wie sie.
    Ein kummervolles Seufzen entrang sich ihrer Brust. Wie hatte sie nur so eine Närrin sein können? Sie hätte stutzig werden sollen, weil er nie detailliert über eine gemeinsame Zukunft gesprochen, sondern immer nur vage Andeutungen gemacht hatte. Und da stand sie nun, mit laufender Nase, verquollenen Augen, schweren Armen, weil sie eine Hotelmatratze attackiert hatte – alles für einen Mann, den sie eigentlich nie geliebt hatte.
    Um ehrlich zu sein, war sie nicht wütend, weil sie Henry verloren hatte. Sie beklagte den Verlust ihrer Träume, die er repräsentiert hatte. Romantik. Eine Familie. Eine Schulter, an die sie sich lehnen konnte, und ein liebevolles Lächeln, das nur ihr galt. Sie hatte ihm seine Quacksalberei abgekauft, in der Hoffnung, dass es das Heilmittel für den Kummer ihres Herzens sei. Doch sein Stärkungsmittel hatte sich als einfaches Zuckerwasser herausgestellt – anfangs süß und am Ende doch völlig wertlos.
    Ermüdet ließ sie sich wieder auf das Bett sinken und rollte sich zu einer Kugel aus Selbstmitleid zusammen. Sie legte den Kopf auf die zerknitterte Tagesdecke und blickte in Richtung Zimmerdecke.
    „Warum hast du das geschehen lassen, Herr?“ Ihre Stimme, rau und schwach, zitterte bei dieser Frage. „Du hast einen hinterlistigen Mann Jagd auf eins deiner Kinder machen lassen. Warum hast du mich nicht vor ihm beschützt, anstatt dass ich mich völlig zum Narren mache?“
    Wieder wurde sie von der großen Ungerechtigkeit überwältigt, die ihr zuteilgeworden war, und schlug die Matratze ein letztes Mal. Dann zeigte sie anklagend mit dem Finger in Richtung Decke. „Ich habe gebetet, Gott. Das weißt du. Wochenlang habe ich dich gefragt, was ich wegen Henry unternehmen soll. Ich habe um Weisheit gebeten. Ich habe um Führung gebeten. Und alles, was ich von dir bekommen habe, war Schweigen. Wie sollte mir das bitteschön helfen?“
    Sie vernahm keine Antwort. Gott schien ihr im Moment nichts zu sagen zu haben und sie wusste nicht, warum. Ihn anzuschreien machte die Sache sicher auch nicht besser, doch selbst David hatte in schweren Zeiten in seinen Psalmen geklagt, also schien das doch ein legitimes Mittel zu sein. Trotzdem fühlte sich ihre Tirade ein bisschen respektlos an.
    Leise murmelte Adelaide eine Entschuldigung und lehnte sich mit dem Rücken an den Bettrahmen. Seufzend zog sie die Knie an und schlang die Arme darum. Ihr Kopf sank auf die Knie, während sie trauerte. Warum hat Gott mich verlassen? Sie wusste, dass er seinen Kindern nie ein sorgenfreies Leben versprochen hatte, aber er hatte zugesagt, immer für sie da zu sein. Warum war er es nicht? Warum schwieg er?
    Zu ausgelaugt, um Gottes Wege weiterhin verstehen zu wollen, griff Adelaide nach einem Bettpfosten und zog sich auf die Beine. Sie taumelte zu ihrem Koffer, zog ein frisches Baumwollnachthemd hervor und presste es gegen die Brust, während sie langsam ans Fenster trat und auf die Straße starrte.
    Der Himmel hatte sich seit ihrer Ankunft aufgeklart, doch eine große Wolke schien sich dort hartnäckig zu halten. Sie hing direkt über dem Saloon auf der anderen Straßenseite und erinnerte sie an eine Bibelgeschichte, die sie ihre Schüler gelehrt hatte. In der Bibel hatte die Wolke Gottes natürlich über dem Heiligtum und nicht über einem Saloon geschwebt, doch es war ein Zeichen der Führung. Ein winziges Flattern rührte sich in ihrem Herzen. Wollte Gott ihr sagen, dass er auch jetzt bei ihr war?
    Adelaide starrte die Wolke an und wartete … auf irgendetwas. Irgendeine Nachricht, die ihr aufzeigte, wie ihr nächster Schritt aussehen sollte. Aber die Wolke hing einfach nur da, als hätte sie jemand am Himmel festgeklebt. Diesig, unbestimmt und völlig nutzlos. Adelaide seufzte und wandte sich vom Fenster ab. Sie warf ihr Nachthemd aufs Bett und ließ sich in den gepolsterten Sessel fallen, der in der Zimmerecke stand. Die Füße zog sie wieder an sich, wie sie es auch als kleines Kind immer schon im Büro ihres Vaters getan hatte.
    Wenn sie doch nur zurück nach Cisco gehen und so tun könnte, als sei das alles nicht geschehen. Aber das war unmöglich. Die örtliche Schulbehörde hatte ihre Stelle bereits wieder vergeben. Sie würde sich also nicht ernähren können. Außerdem wäre die Schmach zu groß. Getuschel über ihre blamable Männerwahl würde die Runde machen und ihren guten Ruf zerstören. Nein. Sie konnte nicht zurück.
    Adelaide öffnete
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