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Sturmzeit

Sturmzeit

Titel: Sturmzeit
Autoren: Link Charlotte
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für Minuten in Nichts auflösen, aber so sicher wie ein Stehaufmännchen standen sie dann wieder da und gemahnten gnadenlos an ihre Existenz. Zwölf Jahre, und zu viele Scherben.
    »Liebe am Nachmittag«, sagte Alex, »und das mit einer Dame aus feinsten Kreisen.«
    Felicia öffnete die Augen. »Die Dame ist vom Regenbogen gestürzt«, plapperte sie in plötzlicher Erinnerung. Alex stutzte, dann lachte er. »Das weißt du noch, das mit dem Regenbogen?«
    »Das hab' ich mir immer gemerkt.«
    »Typisch. Ich wette, von meinen feurigen Liebesschwüren damals hast du keinen einzigen behalten.«
    »Wozu auch? Da du sie selber vergessen hast, nützen sie mir reichlich wenig.«
    »Mein Vergessen ist das Kind deines Vergessens«, sagte Alex geheimnisvoll. Er tastete auf dem Nachttisch nach einer Zigarette, fand sie und zündete sie an. Unvermittelt fuhr er fort:
    »Ich werde Lulinn kaufen.«
    »Was?« Felicia fuhr in die Höhe. Ihre grauen Augen, ebennoch verschleiert im Nachklang der Leidenschaft, blickten hellwach, mißtrauisch und aufmerksam. »Ja, was willst du denn mit Lulinn?«
    »Ich? Nichts. Nach New York kann ich es ja schlecht mitnehmen«, sagte Alex lässig und wußte, daß er in diesem Moment rücksichtsloser mit Felicia umging als je zuvor. Diesmal kratzte er an ihrer Substanz. Die beiden Heiligtümer ihres Lebens - Lulinn und die Familie - waren ihre Achillesferse. Sie starrte ihn an, als habe er versucht, sie zu ermorden, und jede Faser ihres Körpers schien zu schreien: Hände weg! In diesem Teil meines Lebens hast du nichts zu suchen!
    »Ich werde es dir überlassen«, fuhr er fort, »es gehört zwar mir, doch du kannst damit tun, was du möchtest. Wie gefällt dir das?«
    Felicias Gesichtszüge entspannten sich. Sie hätte es gleich wissen müssen, er meinte es nicht ernst. Er wollte sie ärgern, und fast wäre es ihm gelungen, sie aus der Fassung zu bringen.
    »Rede doch keinen Unsinn«, sagte sie.
    »Ich rede keinen Unsinn. Ich mache dir ein Angebot. Und du wirst es annehmen.«
    Sie sah ihn forschend an, ängstlich und irritiert. Er mußte über den mißtrauischen Ausdruck in ihren Augen lachen.
    »Kind, ich meine es wirklich ernst. Ich weiß von Kat, daß du drauf und dran bist, dein gesamtes irdisches Hab und Gut zu verlieren, sogar die Hinterlassenschaften deines verstorbenen Gatten. Guter Gott«, er grinste, »mir wird himmelangst, wenn ich mir vorstelle, wie unglaublich skrupellos und beutegierig du deine Geschäfte betrieben haben mußt. Nur wer sehr hoch steigt, kann so tief fallen!«
    »Ich nehme nichts von dir.«
    »Ich schenke dir auch nichts. Ich kaufe einen Besitz, für den zu sorgen mir selber die Zeit fehlt, und du als meine geschiedene Frau lebst dort. Auch wenn es dir nicht paßt - es gibt noch ein paar juristische Verkettungen zwischen uns.«
    »Warum tust du das?«
    »Oh... Dankbarkeit. Ich habe dich damals in einer ziemlich hoffnungslosen Lage sitzenlassen, und du hast es trotzdem geschafft, die Fabrik zu neuer Blüte zu bringen, mit... äh, welchen Mitteln auch immer. Mein Vater und meine Schwester haben von dir gelebt. Ich revanchiere mich jetzt bloß. Es ist ein Handel wie jeder andere auch, und vom Handeln verstehst du doch schließlich etwas.«
    Sie sah ihn aus schmalen, katzenhaft klugen Augen an.
    »Warum wirklich, Alex?«
    Er erwiderte ihren Blick, sanft plötzlich, fast zärtlich. Jetzt, dachte Felicia, jetzt wird er mir sagen...
    »Einen Zugriff zu deinem Leben will ich behalten«, sagte er gleichmütig. Seine Stimme hatte nichts mit seinen Augen gemein. »Hin und wieder, wenn mir Amerika zuviel wird und mir die Frauen mit den Kulleraugen und dem ewigen Wimperngeklimpere zu süß schmecken, möchte ich zu dir zurückkommen. So wie dein heißgeliebter Maksim kommt, wenn ihn mal wieder der Zweifel an der proletarischen Weltrevolution überfällt. Er wird so denken, wie ich dachte-zurück in die Heimat, neue Kraft aus vertrautem Boden ziehen. Aber in Wahrheit... suchen wir dich, weil du kräftespendend und lebendig bist. Und ich...« Er stockte. »Ach, nichts«, meinte er dann unbestimmt, und im gleichen Moment war es, als explodiere die Wahrheit zwischen ihnen: die Wahrheit, daß sie einander liebten und daß keiner von ihnen je wieder davon sprechen würde, weil sie beide nicht dazu geschaffen waren, mit wirklicher Liebe umzugehen.
    »Dann wirst du also fortgehen«, sagte Felicia, denn sie mußte etwas sagen, um nicht an dem Fieber zu ersticken, das in ihr war, und aus dem
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