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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe
Autoren: Catherine Coulter
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sein Erbe ist, mußte er ihn besuchen. Ich soll Ihnen ausrichten, daß er bedauert, Sie heute abend nicht begrüßen zu können.«
    »Da Sie ihn vertreten, werde ich mich nicht darüber beklagen.«
    »Ich vertrete meinen Bruder? Aber, my Lord, ich bin nur ein törichtes Frauenzimmer. Ich verstehe nichts von Schiffen, von Takelage oder …«
    »Von Schifferknoten?«
    »Ist das ein Kochrezept?«
    »Oder von der Bramsegelschanz?«
    »Ist das ein englischer Modehut?«
    »Genau. Ich wußte, daß Sie nicht so unwissend sind.«
    »Aber ich bin doch nur ein …«
    »Ich weiß. Nur eine Frau.« Sie hatte sich nicht wie ein törichtes Frauenzimmer gekleidet. Ihr Kleid war nicht einmal nach der letzten Mode. Die blasse Kremfarbe des Stoffs schmeichelte ihr nicht gerade, stand ihr aber auch nicht unbedingt schlecht. Doch sein erfahrenes Männerauge verriet ihm, daß sie den Ausschnitt tiefer gesetzt hatte, denn die Spitze am oberen Saum war abgetrennt und neu angenäht worden. Ihre Fähigkeiten als Näherin waren allerdings nicht überragend. Die Spitze war schief und teilweise übereinander angenäht.
    Er sah den Ansatz der weißen Brüste, die schlanke Figur bis hinunter zur schmalen Taille. Aber was ihn am meisten anzog, waren ihre Haare. Dichte, tiefschwarze Haare, die oben zu einem Haarkranz geflochten waren, von dem ihr die Locken auf die Schultern fielen. Ihr Gesicht war nicht schön zu nennen. Er hatte Dutzende von schönen Frauen gekannt, bei deren Anblick man vor Begeisterung hätte in Tränen ausbrechen können. Doch in ihrem Gesicht fand er etwas anderes, das ihn viel stärker fesselte: einen starken Charakter. Und Entschlossenheit. Ihr Kinn verriet ebenso wie das ihres Vaters teuflische Hartnäckigkeit. Wie mochte es mit ihrem Temperament bestellt sein? Wie würde sie kämpfen? Würde sie sich gehen lassen, fluchen und schreien?
    Alec gab sich innerlich einen Ruck. Das waren absurde Gedanken. Er war hier, weil er hoffte, eine Werft kaufen zu können, die Baltimore-Klipper baute, und nicht um über eine alberne Frau in Schwärmerei zu geraten, die abends den Kleidausschnitt tiefer setzte und tagsüber ihren Bruder spielte, womit sie jedoch nicht durchkam. Jedenfalls nicht bei ihm.
    Er schaute sie scharf an, und Genny hatte das Gefühl, ihre Brüste lägen zur Besichtigung frei. Wie blöd von ihr, daß sie der weiblichen Eitelkeit nachgegeben und den Ausschnitt nach unten versetzt hatte! Dabei hatte sie gar nicht so große Brüste wie Susan Varnet oder Mrs. Laura Salmon, die die Männer verrückt machten. Ja, sie war blöd gewesen. Mit ihm konnte sie doch nicht mithalten. Er war der schönste Mann, den man sich vorstellen konnte, und sie war weit davon entfernt, die begehrenswerteste Frau zu sein.
    In der Tür des Wohnzimmers erschien Moses. »Mrs. Paxton, Sir, Essen is’ fertig.«
    James Paxton stemmte sich langsam in die Höhe. Sofort war Alec an seiner Seite. »Nicht nötig, mein Junge. Es ist das verdammte Herz, wissen Sie. Ich kann eben nicht mehr so rumflitzen wie früher. Sie nehmen Gennys Arm und führen sie zu Tisch. Moses, komm her!«
    Alec führte Genny in das Speisezimmer, sah auf sie hinunter und sagte: »Ich möchte gern wissen …«
    »Was möchten Sie gern wissen, Sir?«
    »Wie sehr Sie und Ihr Bruder sich ähneln. Mr. Eugene Paxton scheint ein sehr ernsthafter Mann zu sein, allerdings trotz seines vorgeschrittenen Alters von dreiundzwanzig Jahren noch sehr naiv. Nebenbei bemerkt, wie alt sind Sie denn?«
    »Man fragt eine Lady nicht nach dem Alter.«
    »Nein? Ja, wenn die Lady vielleicht schon ziemlich in den Jahren ist, wäre es nicht … Na ja, genug davon. Jetzt zu Eugene. Abgesehen davon, daß Ihr Bruder recht ernsthaft veranlagt ist, glaube ich, daß in ihm ein angehender Wüstling steckt. Er hat mich mit seinen Reden über lauter sexuelle Dinge richtig verlegen gemacht. Es liegt aber wohl nur daran, daß er nicht weiß, wie er es anstellen soll. Glauben Sie, ich sollte ihn unter meine, äh, Fittiche nehmen und ihm zur praktischen Seite der Angelegenheit ein paar Ratschläge geben?«
    Genny hätte ihm am liebsten in das schöne Gesicht geschlagen. Sie, Eugene, sollte ein angehender Wüstling sein? Wie konnte er so etwas andeuten, wenn in Wirklichkeit er es doch gewesen war, der dauernd sexuelle Anspielungen gemacht hatte? »Ich glaube, Eugene würde das zu würdigen wissen, Sir. Er ist vielleicht wirklich noch nicht sehr erfahren, obgleich er das mir gegenüber nie zugeben würde. Allerdings
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