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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Autoren: Christoph Hardebusch
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Waffe um, nach irgendetwas, was ihr den Mut zurückgegeben hätte angesichts der Kreatur, die sich langsam aus den Trümmern erhob, die sie verursacht hatte. Lediglich ein Luntenstock mit glimmender Spitze lag neben der jungen Offizierin, und sie ergriff ihn, als sie sich aufrappelte. Ihre Waffe wie einen Schild vor sich haltend, schritt sie rückwärts, ohne das gewaltige Wesen aus den Augen zu lassen.
    Sein Kopf fuhr zu ihr herum, seine riesigen Augen fixierten sie, und sie sah darin mehr als nur den hungrigen Ausdruck eines Tieres. Roxane stolperte über ein Tau, fiel rücklings hin, kroch vor dem Drachen davon, immer noch den lächerlichen Luntenstock auf ihn gerichtet, als glaubte sie, dass er Feuer fürchtete.
    Ihre Hand berührte etwas Kaltes, Schweres: rundes Metall. Der Drache schüttelte sich, hob einen Flügel, eine Klaue griff nach der Kante des Decks, doch sein Blick blieb auf Roxane gerichtet. Sie hingegen sah hinab, entdeckte den umgestürzten 32-Pfünder, der in die Mitte des Decks gerollt war. Das schwere Geschütz lag auf der Seite, doch sein Lauf wies in die richtige Richtung.
    Als würde der Drache ihren Blick verstehen, bäumte er sich auf, brüllte erneut und funkelte sie an. Er holte tief Luft. Roxane presste den Luntenstock in das Zündloch des 32-Pfünders. Sei geladen, bitte, sei geladen , betete sie, als einen Moment lang nichts geschah.
    Dann bockte das Geschütz, schlug gegen ihren Arm, schleuderte den Luntenstock aus ihrem Griff, sandte grauenhaften Schmerz durch ihren Körper, während der Knall ihre
Trommelfelle zu zerreißen drohte. Sie wurde herumgewirbelt, Pulverdampf hüllte sie ein, nahm ihr Luft und Atem, als sie auf den Planken aufschlug.
    Sie lag halb auf die Seite gedreht, Lichter tanzten vor ihren Augen, und ein schrilles Pfeifen in ihrem Ohr übertönte alle Geräusche. Sie sah nicht auf, denn sie fürchtete sich vor dem, was sie sehen könnte. Das Schiff lag nun endlich ruhig, sie spürte das Schaukeln der ewigen See, kein unnatürliches Beben und kein Schütteln mehr.
    Ein Drache. Nach tausend Jahren, in denen niemand an unseren Gestaden einen Drachen auch nur zu Gesicht bekommen hat, werden wir plötzlich von einem angegriffen. Und ich muss mit Kanonen auf Legenden schießen .

THYRANE

    »Ah, ein Moment der Ruhe. Zumindest keift mich die Bailiff jetzt nicht mehr an.«
    Der Admiral goss sich einen großzügig bemessenen Port ein und nahm einen ebenso großen Schluck.
    »Darf ich euch auch etwas anbieten?«, fragte er und wies auf seine deutlich geschrumpften Vorräte an Alkoholika. Sobald sie in Lessan waren, musste er sie auffüllen.
    »Ich nehm’ auch so’n Schweinewein«, erklärte Manoel und kratzte sich langsam über den flachen Bauch. Thyrane verzog das Gesicht ob der gewollt groben Ausdrucksweise, füllte aber dennoch einen Becher und reichte ihn dem Maestre. Die Hilfe des jungen Mannes war unbezahlbar gewesen, und der Admiral war gewillt, über seine zahlreichen Brüche der Konventionen hinwegzusehen – vor allem, da er sich selbst oft genug nicht um derartige Einschränkungen geschert hatte.
    Während Manoel sofort trank, sah Sinao den Admiral lange an, bis auch sie nickte. Sie sah erschöpft aus, mit blasser Haut und dunkelvioletten Ringen unter den Augen. Aber in ihrem Blick sah Thyrane ein Feuer, das allem zu trotzen schien, was die Welt ihr entgegenstellte.
    »Auch Portwein?«, erkundigte er sich sicherheitshalber und warf einen belustigten Blick auf den jungen Maestre, der seinen Becher bereits geleert hatte und nun seine Pfeife stopfte.
    »Ja.«
    Ihre Stimme war leise und rau. Vielleicht hatte sie von allen Überlebenden am meisten durchgemacht. Sie hielt das Glas, das er ihr reichte, so behutsam, als könne es durch den kleinsten Druck zerbrechen, und nippte dann vorsichtig an dem süßen alkoholischen Getränk.
    »Und jetzt?«, fragte Manoel, als er fertig war und seine Pfeife in den Mund steckte. Er hielt ein Streichholz an den Kopf und entzündete den Tabak.
    »Jetzt fahren wir nach Lessan, wo ich Bailiff Malster an die Autoritäten übergebe. Dann sehen wir weiter.«
    »Man wird sie bestrafen?«
    In Sinaos Worten schwang eine Hoffnung mit, die Thyrane nicht teilte. »Ich weiß es nicht. Sie hätte es verdient – die ganze Compagnie hätte das. Aber ich fürchte, das wird ein Gericht zu entscheiden haben und nicht ich.«
    »Wird man dich bestrafen?«
    Jetzt musste Thyrane lächeln, obwohl die Frage berechtigt war.
    »Vielleicht. Es gehört sich
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