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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Autoren: Christoph Hardebusch
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ohnehin eine andere.
    Ein weiterer Durchgang öffnete sich vor ihm, zeichnete sich als dunkler Umriss im allumfassenden Licht ab. Als er hindurchtrat, erfüllte ihn die Vertrautheit der Heimat. Das Licht war hier schwächer, die Mosaike an den Wänden alt und zum Teil blind. Es war ihm gleich, denn er wusste, was sie zeigten, auch ohne sie betrachten zu müssen: die Nigromantenkaiser in all ihrer Macht, umgeben von ihren treuen Dienern, auf der Suche nach dem endgültigen Geheimnis, der letzten Formel, die alles im Universum zusammenhielt.
    Seine eigenen Räume nahmen sich innerhalb der Anlage bescheiden aus. Früher hatte er über seinen Rückzugsort geflucht, doch jetzt konnte er die feine Ironie verstehen. Ein altes Grabmal als Sanktum, das Reich der Toten als Refugium für einen, der selbst ein Totenwächter war.

    »Nicht alles, was tot ist, bleibt für immer verborgen«, murmelte er, während er sich in einen hohen Sessel setzte. Auf einem filigranen Beistelltischchen stand ein Pokal, der auf eine Handbewegung hin zu ihm schwebte. Erst als sein Durst gestillt war, gab er dem Ruf nach.
    Sie war an einem düsteren Ort. Seine Sinne nahmen die Umgebung aufgrund der Distanz nur undeutlich war. Er roch Holz und Teer, schmeckte salzige Luft, hörte das Knarren von schwerer Leinwand. Vor ihm kniete seine Dienerin mit gesenktem Haupt. Aber es war etwas anderes, was seine Aufmerksamkeit beanspruchte. Eine Präsenz, unweit von ihm, deren bloße Anwesenheit an seinem Innersten zerrte.
    Doch als er sich an seine Gehilfin wandte, erfüllte ihn eine fast vergessene Regung – Freude. Lächelnd sprach er sie an.
    »Tareisa, mein Kind. Du warst erfolgreich.«
    Es war keine Frage, nur eine Feststellung.
    »Ja.«
    »Dann hat es begonnen.«

THYRANE

    Die Kutsche rumpelte durch die Straßen, und die Räder tanzten über das Kopfsteinpflaster. Obwohl der Kutscher die Eile walten ließ, zu der man ihn aufgefordert hatte, war die Fahrt dank der gefederten Aufhängung bequemer, als der Admiral befürchtet hatte. Eigentlich missfiel Thyrane die laute, schmutzige und stinkende Stadt, aber dennoch verspürte er eine unvermutete Freude beim Anblick der hohen Häuser. Nicht erst in den letzten Jahren waren sie immer weiter in die Höhe geschossen, da neues Bauland knapp war und der rege Zustrom aus allen Landesteilen und den Kolonien ungebrochen. Das stolze Loidin, Hauptstadt Thaynrics, war für viele Einwanderer ein goldenes Versprechen, das sich allerdings nur in den seltensten Fällen erfüllte. Entsprechend bunt war die Mischung der Menschen auf den Straßen, aber besonders eine Gruppe von ihnen stach ihm ins Auge: die Angehörigen der Marine, die im Straßenbild allgegenwärtig schienen.
    Eigentlich war es die richtige Jahreszeit für den berühmten Nebel in Loidin, doch der Tag war hell und freundlich, mit einem leichten Wind, der Erinnerungen in dem Admiral weckte, Erinnerungen an die See und den unendlichen Wind, der ihm meist wohlgesonnen gewesen war.
    Als die Kutsche in die kurze Straße beim ehemaligen königlichen Marstall einbog, wurde es um das Gefährt herum deutlich
ruhiger. Soldaten patrouillierten hier, und nur wenige Bürger wurden für ihre Geschäfte in diese Bereiche gelassen, in der die Regierung angesiedelt war. Rechts und links der Straße befanden sich imposante Gebäude, deren mächtige Säulen dem Betrachter ihre Wichtigkeit – oder mehr noch die Wichtigkeit ihrer Besitzer und jener, die darin arbeiteten – verkündeten. Schmiedeeiserne Zäune umgaben kleine Parks, die an die Herrenhäuser im Südend erinnerten.
    Als die Kutsche abbog, öffneten zwei Marinesoldaten bereitwillig ein großes Tor. Unter den Rädern knirschte Kies, bis sie vor der breiten Treppe des Hauses anhielten. Ohne zu zögern, erhob sich Thyrane, doch sein Diener war bereits zur Stelle, um den Kutschenschlag zu öffnen und die kleine Treppe herunterzuklappen.
    Eine junge Offizierin empfing Thyrane mit einer respektvollen Verbeugung und deutete dann zur Tür empor: »Willkommen, Admiral. Mir fällt die Ehre zu, Sie zu Ihren Gastgebern zu geleiten. Würden Sie mir bitte folgen, Thay?«
    »Danke«, brummte Thyrane. Obwohl die Frau sicherlich nicht klein war, überragte er sie doch um mehr als Haupteslänge. Dabei hat mich das Alter nicht gerade größer gemacht , dachte er missmutig. Auch wenn er sich stets um eine aufrechte Haltung bemühte, fand er sich häufig mit hochgezogenen Schultern und geneigtem Kopf wieder – ein Umstand, der ihn
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