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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Autoren: Christoph Hardebusch
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dann auch meine Muse zurück .
    Tatsächlich beschäftigte ihn die anstehende Trennung von Niara weniger als sein Mangel an neuen Textideen. Er schob es auf die viele Arbeit, die er sich mit der Versammlung machte. Aber auch hier sank seine Lust beständig, sich noch länger als nötig zu engagieren. Politik war nicht sein Feld. Das Herz war aus der Sache gewichen und hatte dem Verstand Platz machen müssen. Die Debatten drehten sich nur noch um Wahl- und Steuerfragen, um Posten und Kabinettsbesetzungen und dergleichen, und Franigo war sein Verstand einfach zu schade, um sich mit derartigen Trivialitäten zu beschäftigen.
    Trotz der Sonnenstrahlen fröstelte der Poet. Das warme Zimmer mit dem weichen Bett lockte ihn fort von seinem Aussichtspunkt. Schon bald würde er die Veränderungen, die in seinem Leben anstanden, in Angriff nehmen. Den Rückzug aus der Politik, die Trennung von Niara, die Arbeit an dem großen, gewaltigen Epos, das dafür sorgen würde, dass sein Name für alle Zeiten überdauerte. Sehr bald schon. Vielleicht morgen , überlegte der Poet, als er unter die Decken schlüpfte.

JAQUENTO

    Die Straßen, durch die er Rénand Deguay folgte, waren menschenleer, und der Nebel war mittlerweile so dicht geworden, dass er sie beide einhüllte und Jaquento sowohl vor dem verräterischen Kapitän als auch vor den Posten der Géronaee verbarg.
    Seine Schritte hallten von dunklen Hauswänden wider, von geschlossenen Fensterläden. Man sah kaum ein Licht. Es war, als sei die Stadt von allen Lebenden verlassen.
    Schließlich ließen sie die letzten Häuser und Hütten des Hafenviertels hinter sich. Eine Weile lang lief Deguay noch auf dem eingeschlagenen Weg weiter, dann erreichten sie eine kleinere Bucht mit einem flach abfallenden Kiesstrand.
    Auf den Strand gezogen, lag ein kleines Ruderboot. Da sonst nichts und niemand zu sehen war, musste das Dingi das Ziel des Kapitäns sein. Tatsächlich blieb Deguay stehen, sah sich noch einmal nach rechts und links um und nahm dann mit einer schwungvollen Geste den Hut vom Kopf und warf ihn in das kleine Boot.
    Sogar wenn du dich allein glaubst, bist du ein eitler Mistkerl, schoss es Jaquento durch den Kopf. Und offenkundig noch dazu einer, der sich aus dem Staub machen will.
    Deguay hatte eben damit begonnen, das Boot ins Wasser zu schieben, als Jaquento seinen Namen rief. »Rénand!«

    Sofern der Ruf den Kapitän überraschte, ließ er es sich nicht anmerken. Als er sich umwandte und Jaquento erblickte, der aus dem Nebel auf ihn zutrat, spielte ein feines Lächeln um seine Mundwinkel. »Ah, der verlorene Sohn kehrt schlussendlich zurück. Wie dramatisch. Und, hat man dir ein warmes Willkommen in der Heimat bereitet?«
    Ohne ein weiteres Wort zog der junge Hiscadi den Degen und riss den Hut vom Kopf. Mit einer fließenden Bewegung warf er ihn zur Seite.
    »Kein Wort für deinen alten Käpt’n? Du musst so lange nach mir gesucht haben, und jetzt, da du mich endlich gefunden hast, fällt dir nichts ein? Zu schade.«
    Nun zog auch Deguay blank. Gemessenen Schrittes näherte er sich seinem Gegner. Die Klinge seiner Waffe kratzte unheilvoll über den Boden. Jaquento indes stand unbeweglich da, das Haupt gesenkt, den Griff seines Degens fest in der Hand. Er vertrieb alles aus seinen Gedanken, die Sorge um Roxane, die Fragen nach dem schwarzen Schiff, die Jagd. Alles in ihm fokussierte sich auf ein einziges Ziel: Deguay.
    Dann war der Kapitän heran. Jaquento sprang zur Seite, sein Mantel wehte um ihn herum, die Klinge zuckte vor, rascher, als sie sich jemals in seiner Hand bewegt hatte.
    Aber Deguay war schneller. Sein Rapier fing den Stoß ab, lenkte ihn zur Seite. Doch der Kapitän strauchelte unter dem Angriff, wenn er auch nicht getroffen worden war. Jaquento setzte sofort nach, seine Schritte waren sicher und wohlgesetzt. Schlag folgte auf Stoß, Hieb auf Ausfallschritt. Zwei hohe Angriffe, pariert, ein niedriger Stoß, der Deguay weiter zurückzwang. Sie hatten keine Augen füreinander, nur für den Tanz der Waffen; ihr Klirren tönte in Jaquentos Ohren, nahm dem Rest der Welt den Ton. Stets gelang es Deguay, die Lücken zu schließen, zurückzuweichen, zu parieren. Eine Riposte
lief ins Leere, und der Degen des Hiscadi zog eine blutige Spur über Deguays linken Arm.
    Wie auf ein lautloses Kommando ließen sie voneinander ab und standen sich keuchend gegenüber. Jetzt lächelte der Kapitän nicht mehr. Indigniert strich er sich eine Strähne seines Haares aus dem
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