Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmflut mit Schokoladenengel

Sturmflut mit Schokoladenengel

Titel: Sturmflut mit Schokoladenengel
Autoren: Dora Tauer
Vom Netzwerk:
streichelte mich, wollte mich gar nicht mehr loslassen. „Wann sehen wir uns wieder, Uta?“
    Es klingelte, ich zog die Tür auf. Bert stürzte herein. „Warum nimmst du nicht ab, verdammt noch mal! Ich hab zwei unheimlich wichtige Bücher bei dir ...“ Wie angewurzelt blieb er stehen. „... vergessen ...“
    Er starrte erst auf meine nackten Füße, dann auf meine nassen Klamotten und schließlich auf Hannes. Der hielt mich immer noch fest. „Was ..., was ist passiert?“, stammelte Bert.
    „Nichts Besonderes“, sagte ich, „nur eine Sturmflut ...“

Taxifahrt

    Ist es vier Jahre her? Oder schon fünf? Der Mann war am Tag zuvor aus Teheran zurückgekommen. Dort hatte er den Verkauf seines Vaterhauses geregelt und sein kleines Elektrogeschäft verpachtet, um sich endgültig in Deutschland niederzulassen. Das alles wusste ich nicht, als ich ihn zum ersten Mal sah. Für mich war er ein Taxifahrer unter vielen.
    Der Tag begann wie die meisten anderen auch: Zu spät aus den Federn, Stress im Bad und beim Schminken, ein loser Knopf am Jackett, Taxi bestellen und ein halbes Dutzend Telefonate; die Hälfte während des Frühstücks, die andere Hälfte, während ich den Knopf am Jackett festnähte. Und dann klingelte es auch schon.
    Schlüssel suchen, Gepäck zusammenraffen, vorsichtshalber noch ein paar Tampons in der Handtasche versenken, nachsehen, ob alle Lichter ausgeschaltet waren und vor allem die Kaffeemaschine – das übliche Ritual halt. Ein paar Minuten später galoppierte ich die Treppen hinunter.
    Ich arbeitete damals für einen großen Umzugskonzern und hatte mich auf internationale Beziehungen spezialisiert. Drei oder vier Tage in der Woche war ich in der Republik unterwegs, organisierte Kongresse in Übersee und brachte den lieben Kollegen in den Filialen bei, wie sie bei Großumzügen mit den Partnern in Japan, den USA oder sonst wo in der Welt umzugehen hatten.
    Kein ganz schlechter Job eigentlich – wenn man bereit ist auf Familie und feste Beziehung zu verzichten. Und das war ich damals. Bildete ich mir ein.
    Nahm ich den Taxifahrer überhaupt wahr? Er verstaute meinen Trolley im Kofferraum, ich stieg in den Font des Taxis und sagte meinen täglichen Spruch: „Hauptbahnhof. So schnell wie möglich.“
    Dabei der übliche Blick auf die Borduhr: Fast fünf Minuten zu spät dran, typisch. In neunzehn Minuten würde der Zug fahren. Ich wohnte damals im Kölner Nordwesten, und die morgendliche Rushhour hatte die Stadt im Griff.
    Der Fahrer drehte sich um: „Sie haben es eilig?“ Er sprach akzentfreies Deutsch, dass er Ausländer sein musste, verrieten mir lediglich seine schwarzen Augen und sein bronzefarbener Teint.
    Ich verdrehte die Augen. „Korrekt.“ Ich wiederhole mich nicht gern. Er wandte sich ab, ich betrachtete sein Profil. Hatte dieser Mann mich früher schon einmal gefahren? Inzwischen kannte ich ja eine Menge Taxifahrer in Köln. Nein, diesem war ich noch nie begegnet.
    Er drehte den Zündschlüssel um und fuhr los. Klassische Musik erfüllte plötzlich das Taxi, sehr getragen, vielleicht der Adagio-Satz einer Beethoven-Sinfonie, so genau kannte ich mich da nicht aus, jedenfalls damals noch nicht.
    Keinesfalls jedoch passte die Musik zu dem Fahrstil des Mannes: Er raste, als müsste er dem Bassgehämmer einer Heavy-Metal-Band gerecht werden.
    Ich zog die Teilnehmerliste des bevorstehenden Seminars aus meiner Aktentasche – an diesem Tag ging es nach Hannover, das weiß ich noch – aber nicht daran zu denken, mich auf die fremden Namen zu konzentrieren. Ich wurde hin und hergeworfen, wenn er in Seitenstraßen einbog, vor roten Ampeln abbremste und nach roten Ampeln wieder beschleunigte. Und ständig tönte die Hupe.
    „Hören Sie mal! Ich hab’ nichts gegen Michael-Schuhmacher-Fans, aber wir sind hier weder in Istanbul noch in Rom!“
    „Schuhmacher?“ Der Name schien ihm nichts zu sagen. Das brachte ihm meinen ersten Sympathiepunkt ein. „Ich bin Ihr Fan – Sie sind nämlich meine Kundin und wollen möglichst schnell zum Bahnhof.“ Und in Istanbul und Rom sei er leider noch nie gewesen.
    Also weder Türke noch Italiener. Und Recht hatte er auch, wie mir ein Blick auf die Borduhr bestätigte. „Okay, okay – aber fahren Sie wenigstens über keine roten Ampeln.“
    Über die Schulter blickte er zu mir nach hinten; ohne den Verkehr aus den Augen zu lassen, hoffte ich. „Soll ich langsamer machen?“
    „Schon gut. Nein. Ich will nur lebend am Hauptbahnhof ankommen.“ Für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher