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Sturmflut mit Schokoladenengel

Sturmflut mit Schokoladenengel

Titel: Sturmflut mit Schokoladenengel
Autoren: Dora Tauer
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durch, um meiner eigenen Stimme Nachdruck zu verleihen. „Wer ist bei dir, Nils?“ Wie einen Pfeil aus dem Hinterhalt schoss ich die Frage ab.
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Ich genoss es. Das war boshaft, sicher, doch ich genoss auch meine Boshaftigkeit. Ich glaube, ich lächelte sogar, während hinter dem Schweigen am anderen Ende der Leitung mein Gatte um seine Fassung kämpfte. Ich konnte es förmlich spüren.
    „Wie, was ...?“ Endlich fand er wenigstens seine Sprache wieder. „Wer soll denn bei mir sein, um Himmels Willen?“ Er lachte. Verkrampft klang das, und entschieden zu laut, als dass ich ihm die Erheiterung abnahm.
    „Lass uns aufhören mit der Show, okay, Nils?“ Ich nippte bereits am dritten Glas Rotwein, doch meine Stimme blieb fest, und in meinem Kopf herrschte kühle Klarheit. „Wenn du wieder zu Hause bist, wollen wir reden.“
    „Reden?“ Er spielte den Ahnungslosen. „Über was denn reden, Schatz?!“
    „Über unsere Beziehung ...“
    „... nicht schon wieder ...!“
    „... und über deine Beziehungen.“
    „Was ...?“
    „Oder deine Seitensprünge, von mir aus.“
    „Wie kommst du bloß auf etwas derart Verrücktes, Schatz ...?“
    „Muss ich etwa annehmen, dass du die fehlenden Kondome aus der Packung in deinem alten Aktenkoffer zum Drogenschmuggeln benutzt hast?“ Schweigen. Nur seine Atemzüge hörte ich noch. „Du hast ja noch Zeit genug, über eine Antwort nachzudenken“, sagte ich ziemlich kühl. „Gute Nacht und viel Spaß noch.“
    Ich unterbrach die Verbindung. Ein perfekter Überraschungsangriff. Zufrieden ging ich schlafen.

    *

    Am frühen Nachmittag des nächsten Tages sah ich vom Auto aus einen Mann auf der Bank neben unserer Eingangstreppe sitzen. Er fiel mir gleich auf, als ich in die Garageneinfahrt abbog: Blond, schwarzes Jackett, rote Weste.
    Paul!
    Wie Fieberschauer fiel die Erregung über mich her. „Hoffentlich kommt Kersten bald nach Hause“, murmelte ich. Hoffentlich bleibt Kersten noch möglichst lange weg , dachte ich.
    Ich stieg aus, ließ die Garage offen, nahm den Gartenweg zur Haustür. Paul erhob sich, als er mich sah. Ich gab mir alle Mühe, meine Aufregung zu verbergen, lächelte ihn an, wie reife Frauen zu lächeln pflegen, wenn sie einen netten Gast begrüßen.
    „Hallo Paul.“ Seine Hand fühlte sich warm und kräftig an. „Doch nicht etwa schon wieder versetzt?“ Das sollte scherzhaft klingen, hörte sich in meinen eigenen Ohren aber eher hoffnungsvoll an. Paul zuckte nur mit den Schultern.
    Meine Hand zitterte, als ich den Schlüssel ins Haustürschloss steckte; jedenfalls bildete ich mir das ein. Wenn er jetzt mit mir hinein ging, und wenn dann Kersten nicht innerhalb der nächsten zehn Minuten nach Hause kam – dann würde alles zu spät sein.
    Unaufgefordert folgte er mir ins Haus. Ich war aufgeregt, ich hatte Angst, ich war gottfroh.
    Während er schweigend am Küchentisch saß, stand ich vor der Kaffeemaschine und löffelte Kaffeepulver in den Filter. Ich versuchte die pochende Hitze in meinen Schläfen und in meinem Bauch zu ignorieren. Knisternde Spannung lag in der Luft, und es wollte und wollte kein rechter Gesprächsfluss aufkommen.
    „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wann Kersten nach Hause kommt“, sagte ich, nur um überhaupt etwas zu sagen. Ich schaltete die Kaffeemaschine ein. Jetzt erst merkte ich, dass ich vergessen hatte, das Filterpapier einzulegen.
    „Sie kommt nicht so schnell.“ Pauls Stimme klang heiser. „Bis fünf hat sie Schule und danach ist sie mit einem Mathestudenten verabredet.“
    Meine Verblüffung war perfekt. Ich fuhr herum und sah ihn an. Mein Mund wurde trocken auf einmal, und mein Atem flog plötzlich. „Aber Paul“, flüsterte ich, „dann kommen Sie nur ...?“ Der Rest des Satzes wollte mir nicht über die Lippen.
    „Ja.“ Er schluckte, zuckte mit den Schultern, lächelte verlegen. „Ihretwegen, Rita.“ Ich sah ihm in die Blauaugen, strich mir nervös übers Haar und drückte die Kaffeedose an meine atemlose Brust. „Das ist mir noch nie passiert“, sagte Paul leise. „Ich meine, dass ich eine Frau zum ersten Mal sehe, und mich sofort ...“ Er verstummte, lächelte verlegen und zuckte mit den Schultern.
    Plötzlich fühlte ich mich so unsicher, wie vor dem ersten Mal. Aber nicht lange. Ich ließ die Kaffeedose in die Spüle fallen, stürzte zu ihm, zog ihn von seinem Stuhl zu mir hoch und presste meine Lippen auf seinen Mund. Sehnsüchtig verloren sich meine
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