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Sturmbringer

Sturmbringer

Titel: Sturmbringer
Autoren: Michael Moorcock
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vor Augen führte. Seine Vorfahren, das wußte er, hatten ebenfalls hoch über allen anderen Dingen gestanden, doch hatten sie sich erfreut an den Konflikten der Menschen in den Jungen Königreichen; sie hatten sie aus der Ferne beobachtet und sich über solchen Dingen gesehen, über dem Morast des Sentiments und der Emotion, mit dem sich die neuen Menschen abmühten. Zehntausend Jahre lang hatten die Zauberer-Herrscher Melnibones die Welt gelenkt, eine Rasse ohne Gewissen oder moralisches Glaubensbekenntnis, eine Rasse, die keine Begründung brauchte für ihre Eroberungstaten, die keine Entschuldigung suchte für ihre naturgegebene Arglist. Elric, der letzte direkte Abkomme dieser Herrscher, war jedoch anders. Er vermochte grausam zu sein und böswillig Zauberei einzusetzen, er hatte wenig Mitleid, doch konnte er heftiger lieben und hassen als jeder seiner Vorfahren. Und vielleicht waren gerade diese starken Leidenschaften die Ursache für seinen Bruch mit der Heimat und für seine Reisen durch die Welt, auf denen er sich mit diesen neuen Menschen maß, weil er in Melnibone niemanden fand, der seine Gefühle teilte. Und wegen dieser doppelten Kraft von Liebe und Haß war er zurückgekehrt, um sich an seinem Cousin Yyrkoon zu rächen, der Elrics Verlobte Cymoril in einen Zauberschlaf versetzt und den Königsthron Melnibones an sich gerissen hatte, der Dracheninsel, des letzten Gebiets des gestürzten Strahlenden Reiches. Mit der Hilfe einer Piratenflotte hatte Elric in seiner Rache Imrryr dem Erdboden gleichgemacht, hatte die Träumende Stadt zerstört und für alle Ewigkeit seine Rasse zerstreut, die diese Stadt gegründet hatte, so daß die letzten Überlebenden nun als Söldner durch die Welt streiften und ihre Waffen dem Meistbietenden verkauften. Liebe und Haß; sie hatten ihn dazu gebracht, Yyrkoon zu töten, der den Tod verdient hatte, und unabsichtlich dabei auch Cymoril, die ein solches Schicksal nicht verdient hatte. Liebe und Haß. Diese Gefühle durchströmten ihn nun, während der bittere Rauch in seiner Kehle kratzte und er eine Gruppe von Stadtbewohnern passierte, die ziellos vor den neuesten Abscheulichkeiten der herumstreifenden dharijorischen Truppen flohen, die tief in diesen Teil Tarkeshs eingedrungen waren, ohne auf nennenswerten Widerstand der Armee des König Hilran von Tarkesh zu stoßen, dessen Hauptstreitmacht weiter im Norden konzentriert war und sich auf die Entscheidungsschlacht vorbereitete.
    Jetzt ritt Elric in der Nähe der Westlichen Sümpfe dahin, unweit der jharkorischen Grenze. Hier lebte ein kräftiges Waldund Landvolk, jedenfalls in besseren Zeiten. Inzwischen war der Wald niedergebrannt, und die Ernte auf den Feldern war vernichtet.
    Sein schneller Ritt führte ihn durch einen der kahlen Wälder, dessen Baumruinen sich gegen den wirbelnden grauen Himmel als kalte Silhouetten abhoben. Er zog die Kapuze seines Mantels herunter, bis der dicke schwarze Stoff sein Gesicht völlig verbarg, als plötzlich ein Regenschauer herabrauschte und zwischen den Baumskeletten hindurchwogte und über die dahinterliegende ferne Ebene, so daß die Welt plötzlich grau und schwarz wirkte, darüber das Zischen des Regens als beständiges, deprimierendes Geräusch.
    Er kam gerade an einer zerstörten Hütte vorbei, die halb in die Erde gegraben war, als eine schrille Stimme rief: »Lord Elric!«
    Er war erstaunt, daß man ihn erkannt hatte, wandte das ausdruckslose Gesicht in die Richtung, aus der die Stimme erklungen war, und schob dabei die Kapuze zurück. Eine zerlumpte Gestalt erschien in der Öffnung der primitiven Behausung. Sie winkte ihn näher heran. Verwirrt lenkte er sein Pferd auf den Rufer zu und sah, daß es sich um einen alten Mann handelte - vielleicht auch um eine alte Frau, er wußte es nicht.
    »Du kennst meinen Namen. Woher?«
    »Ihr seid überall in den Jungen Königreichen eine Legende. Wer würde das weiße Gesicht und die schwere Klinge nicht erkennen, die Ihr mit Euch führt?«
    »Das mag stimmen, doch ich ahne, daß es hier um mehr geht als ein zufälliges Erkennen. Wer bist du, und woher kennst du die Hochsprache Melnibones?« Absichtlich benutzte Elric die primitivere Allgemeinsprache.
    »Ihr solltet wissen, daß alle, die dunkle Zauberei betreiben, die Hochsprache der Vorbilder dieser Künste gebrauchen. Wolltet Ihr eine Weile mein Gast sein?«
    Elric blickte auf die Hütte und schüttelte den Kopf. In solchen Dingen war er ziemlich wählerisch. Der Zerlumpte lächelte,
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