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Sturmbringer

Sturmbringer

Titel: Sturmbringer
Autoren: Michael Moorcock
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die Waffe in seinen Körper zu strömen, doch selbst als die Vitalität des kleinen Ostländers bereits voll absorbiert war, starrte Elric auf die kleine Leiche hinab, während die Tränen aus seinen roten Augen rannen und ein hemmungsloses Schluchzen seinen Körper schüttelte. Dann erst löste sich die Klinge. Er schleuderte sie von sich, und sie fiel nicht klappernd auf das Gestein, sondern landete weich und federnd wie ein Körper. Dann schien sie sich auf ihn zuzubewegen und innezuhalten, und er hatte den Eindruck, daß sie ihn beobachtete.
    Er ergriff das Horn und setzte es an die Lippen. Er ließ den Ton erklingen, der die Nacht der neuen Erde ankündigte, die Nacht, die der neuen Dämmerung vorausging. Und obwohl das Horn triumphierend ertönte, fühlte sich Elric nicht so. Er war angefüllt mit unendlicher Einsamkeit, unendlichem Kummer, den Kopf zurückgeneigt, während der Hornstoß gellte. Und als der triumphierende Ton allmählich zu einem ersterbenden Echo verhallte, in dem ein Anflug von Elrics Elend lag, begann sich wie von dem Horn gerufen am Himmel über der Erde ein gewaltiger Umriß zu formen.
    Es war der Umriß einer riesigen Hand, die eine Waage hielt, und während er noch hinschaute, begann sich die Waage auszurichten, bis beide Seiten im Gleichgewicht waren.
    Irgendwie dämpfte dieser Anblick Elrics Kummer, und er ließ das Horn des Schicksals los.
    »Also gibt es doch etwas«, sagte er, »und wenn es eine Illusion ist, dann wenigstens eine beruhigende.«
    Er wandte den Kopf zur Seite und sah, wie die Klinge den Boden verließ, in die Luft emporstieg und sich in seine Richtung wandte.
    »Sturmbringer!« schrie er, dann traf das Höllenschwert seine Brust, er spürte die eisige Berührung der Klinge an seinem Herzen, streckte die Finger aus, um sie zu umklammern, spürte, wie sich sein Körper verkrampfte, spürte, wie Sturmbringer aus den Tiefen seines Wesens

    seine Seele zog, wie seine ganze Persönlichkeit in das Runenschwert gesaugt wurde. Während sein Leben verströmte, um sich mit dem des Schwertes zu verbinden, erkannte er, daß es immer schon seine Bestimmung gewesen war, auf diese Weise zu sterben. Mit der Klinge hatte er Freunde und Geliebte getötet, hatte er ihre Seelen gestohlen, um seine eigenen nachlassenden Energien aufzufrischen. Es war, als habe ihn das Schwert stets mit diesem Ziel eingesetzt, als wäre er lediglich eine Manifestation Sturmbringers und werde nun in den Körper der Klinge zurückgeholt, die nie ein richtiges Schwert gewesen war. Und im Tode weinte er erneut, denn er wußte, daß der Bruchteil der Seele des Schwertes, den er darstellen mochte, niemals Ruhe finden würde, sondern zur Unsterblichkeit, zum ewigen Kämpfen verurteilt war.
    Elric von Melnibone, der letzte Strahlende Herrscher, schrie auf, dann brach sein Körper zusammen, und er lag mit ausgebreiteten Armen neben seinem Gefährten, unter der gewaltigen Waage, die am Himmel schwebte.
    Dann begann sich Sturmbringers Gestalt zu verändern; er wand und krümmte sich um den Körper des Albinos und stand schließlich über ihm.
    Die Wesenheit, die Sturmbringer gewesen war, die letzte Manifestation des Chaos, die diese neue Welt während ihres Wachstums begleiten würde, blickte auf den toten Elric von Melnibone hinab und lächelte.
    »Adieu, mein Freund. Ich war tausendmal verderbter als du!«
    Dann sprang das Wesen von der Erde empor und flog gen Himmel, lachte mit lautem Spott die Kosmische Waage an und füllte das Universum mit seiner ruchlosen Freude.
    Dies ist das Ende der Saga von Elric von Melnibone
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