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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra
Autoren: Michael Stuhr
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seines Schädels empor.
    Langsam und vorsichtig versuchte Teri ihre Finger zu bewegen. - Es ging! Sie löste die Hände vom Wams Sed eb Reas und stand mit wackligen Knien auf. "Danke!", keuchte sie mit heiserer Stimme. "Danke, der hätte mich fast ..." Dann versagte ihr die Stimme, und die Knie gaben wieder nach - aber schon war Lkeide an ihrer Seite und stützte die Freundin. "Was heißt hier Danke?", fragte sie mit zitternder Stimme, und Tränen der Erleichterung rannen über ihr Gesicht. "Schau dir das hier an!" Mit der freien Hand zeigte sie Teri die zerbrochene Waffe, "Du schuldest mir einen Dolch!"
    "Und eine Spange!", lächelte Teri schwach. Dann knickten ihr die Knie endgültig weg und Lkeide ließ sie langsam auf den Felsboden des Simsweges gleiten.

    Die Dramilen kämpften mit der Kraft der Verzweiflung, doch es half ihnen nichts. Wie eine Springflut kamen die zweitausendzweihundert besten Kämpfer der Armee der Befreiten über die vom Mangel geschwächten und entnervten Überreste von Sed eb Reas Invasionstruppe. Schon zwanzig Sonnenhöhen nach Beginn des Angriffs gab es keine Straßenkämpfe mehr, und lange vor der Dämmerung waren die letzten Dramilen in ihren Schlupfwinkeln entdeckt und herausgezerrt worden.
    Teri hatte Lkeide gebeten, sie zur Höhle der Armee zu bringen. Nun lag sie auf dem Lager, das sie zuletzt mit Fakun geteilt hatte und versuchte, die grausame Kälte niederzukämpfen, die Szin eb Szins Berührung in ihr hinterlassen hatte. Als es ihr wieder besser ging, stand sie auf und ging in die Stadt hinunter. Lkeide, die die ganze Zeit über bei ihr geblieben war, mußte sie stützen, und es war ein mühsamer Weg für Teri, aber der kalte Wind, der vom Meer herüberwehte, tat ihr gut, und der Anblick der Felstürme ihrer Heimatstadt gab ihr neue Kraft.

    Llauk schrie nicht. Nicht als die Thedraner ihn schlugen und nach ihm traten - nicht als ein grober Holzschuh die Finger seiner rechten Hand zerquetschte und nicht, als sein Kopf hart auf das Pflaster schlug.
    Er hatte Sed eb Rea oben auf dem Simsweg töten wollen! - Bei allen Göttern, das war die Wahrheit, auch wenn sie niemand kannte! Gerade als der Kapitän diese kleine Hüterin an das Gitter zerrte, war Llauk vorgestürmt und hatte den Dolch aus seinem Umhang hervorgezogen. Es war eine geschmeidige, schnelle, mit ruhiger Hand ausgeführte Bewegung gewesen. Er hatte mit dem Leben abgeschlossen. Er war entschlossen gewesen, Sed eb Rea zu töten. Selbst dieses Ungeheuer in Menschengestalt in seinem Rücken - selbst Szin eb Szin - hatte ihn nicht davon abhalten können. - Und dann war Szin an ihm vorbeigestürmt und hatte seinen Herrn mit diesem wunderbaren, fürchterlichen Dolch vor seinen Augen ermordet.
    Voller Panik war Llauk in die Stadt geflohen. - Die Dramilen auf dem Simsweg waren verrückt geworden und bekämpften sich plötzlich gegenseitig. - Die Feinde waren über das Balkengitter geklettert, und Szin hatte ... - Das war alles zu viel gewesen für Llauk! Er hatte nicht gewußt, wohin er fliehen sollte, denn es gab keinen sicheren Ort für ihn in Thedra. - Also war er mit wehendem Gewand zu seiner Gouverneurswohnung gerannt und hatte sich in fliegender Hast einen Becher Wein nach dem anderen eingegossen. Vor Aufregung hatte er sich zweimal erbrechen müssen, aber er trank weiter, und als die Thedraner ihn holen kamen, hatte er schon jenes gnädige Stadium der Trunkenheit erreicht, das den Ängstlichen Mut gibt und den Schmerz lindert.
    Llauk wußte, dass er verloren war, und wenn er schon gelebt hatte, wie ein Wurm, so wollte er doch wenigstens sterben wie ein Mann. So wehrte er sich nicht, als er von den Thedranern zum Strand hinuntergeschleift wurde. Ohne aufzuschreien steckte er die Schläge und Tritte ein, und als die Meute von ihm abließ, blieb er regungslos liegen.
    Die entfesselte Menge schleppte einen langen Balken heran. Llauk stöhnte auf, als das schwere Kantholz auf seinen Rücken geworfen wurde. Brutal bog man ihm Arme und Beine zurück und fesselte sie hinter dem Balken.
    Nun nahmen einige Männer die Enden des Holzes auf und schleppten Llauk, mit dem Gesicht nach unten hängend, zu dem Gefängniskäfig, der einsam am Strand stand. Ein Ende des Balkens wurde auf die Oberkante des Käfigs gelegt, das andere in den Kies des Strandes gestellt, so dass der Gefesselte in der entstandenen Schräge hing.
    Llauk hing an dem Balken und schrie nicht. Er war bereit, Buße zu tun. Mochten diese Menschen mit ihm machen, was sie
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