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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spießig angezogen mit seiner grauen Cordhose, dem Sweatshirt und den hellen Lederschuhen. Wieso geht er nicht heim zu seiner Frau, dachte Medina und prüfte schnell seine Ringfinger, die leer waren. Kein Wunder, wer will den schon, ging es ihr gehässig durch den Kopf. Suchend blickte er sich um, bis er einen Stuhl neben dem Schrank fand, ihn heranzog und sich darauf setzte.
    „Mein Name ist Alexander Bacero. Ich habe mir Sorgen gemacht und bin mit dem Krankenwagen mitgefahren. Die Ärzte dürfen mir nichts sagen, also wollte ich warten, bis ich zu Ihnen darf.“
    Ja klar , dachte sie. Willst mich wohl flachlegen, schoss es ihr durch den Kopf. „Jaja, mir geht’s gut. Man will mir nur nicht sagen, was mit dem anderen ist.“
    Verwundert sah er sie an. „Mit wem?“, fragte er.
    „Sagen Sie bloß, Sie spielen mit? So schwer hat es mich jetzt auch nicht erwischt“, fauchte sie ihn an. Medina spürte nun wieder die Schmerzen im Kopf und wurde auf einmal müde.
    „Miss Thompson, da war niemand. Nur Sie. Ich versichere Ihnen …“
    Medina schloss die Augen, er verstummte. Sie wartete einige Minuten und öffnete sie wieder. Mist , wann würde endlich das Schmerzmittel kommen! Ihr Kopf dröhnte schlimmer als zuvor. Dennoch wollte sie auf der Stelle selbst überprüfen, ob sie jemanden überfahren hatte! Sie kroch aus dem Bett, schwankte einen Augenblick.
    „Bleiben Sie besser liegen, Miss Thompson“, sagte Alexander und sprang auf. Über einem weiteren Stuhl am Fenster waren Medinas Klamotten drapiert, sie schlurfte darauf zu, zog das Klinikhemd aus und schlüpfte in ihre Jeansshorts, T-Shirt und Boots. Slip und BH fehlten, denn sie trug so gut wie nie Unterwäsche.
    „Aber Miss Thompson!“, protestierte ihr Retter, als sie ohne ein Wort zur Tür ging und sie vorsichtig öffnete.
    „Ruhe“, zischte sie Alexander an. Der Flur war leer und nur schwach beleuchtet. Ein Blick auf die Uhr an der Wand bestätigte ihr, dass es nachts war. Genauer genommen 1:15 Uhr. Glücklicherweise lag ihr Zimmer weit am Ende nahe dem Treppenhaus.
    „Bin gleich zurück, bleiben Sie still“, ermahnte sie den Kerl und schlüpfte aus dem Zimmer, um mit wenigen Schritten die Stufen nach unten zu gelangen.
    Nach wenigen Augenblicken hatte sie sich orientiert und wusste, wo sie war. Also ging sie die Straße weiter bis zu einer Hauptstraße, die auch um diese Uhrzeit gut befahren war und in Richtung Unfallort führte. Dort stellte sie sich an den Bordstein, hielt den Daumen hoch und wartete. Es dauerte nicht lange, als neben ihr ein Wagen stoppte und sich das Fenster öffnete.
    „Sie wissen schon, dass trampen gefährlich ist, junge Lady? Wo wollen Sie denn hin?", rief ihr ein Mann mittleren Alters zu.
    Medina fand ihn vertrauenswürdig, da er tatsächlich sorgenvoll klang. Und wenn nicht, wüsste sie sich zu wehren.
    „Zur Wedemeyer Street. Ich habe dort gestern mein Handy verloren und wollte noch mal nachsehen.“
    „Um die Uhrzeit? Da kann man doch nichts mehr sehen. Na gut, meinetwegen. Steigen Sie ein, ich muss sowieso in die Richtung.“
    Sie sprachen nicht während der Fahrt, worüber Medina ganz froh war. Sie hatte keine Lust auf nette Konversation. Zehn Minuten später stand sie auch schon auf der besagten Straße und wusste nicht, was sie eigentlich hier zu suchen hatte. Als ob jetzt noch irgendwo Spuren zu sehen wären . Jetzt fand sie ihre Idee nur noch lächerlich, schlang die Arme um ihren Körper und hatte immer noch Kopfschmerzen. Ermattet setzte sie sich einfach auf den Randstein und starrte in die Dunkelheit.
    Der Blitz ‒ zumindest fühlte es sich so an ‒ schoss mit einem Schlag durch ihren Kopf und schien ihre Gedanken aufzuwirbeln. Automatisch schloss Medina die Augen, der Schmerz füllte ihren Kopf aus, war kaum mehr auszuhalten. Es begann eine Szene vor ihren Augen abzulaufen. Immer und immer wieder. Wie ihre Großmutter sie und ihren Bruder in die Ecke des Schlafzimmers schob und sich schützend vor sie stellte. Sie sprach mit jemandem. Medina versuchte, hinter ihr hervorzulugen, aber Oma schob sie wieder hinter ihren Rücken.
    Dann hörte der Schmerz so plötzlich auf wie er gekommen war und Medina öffnete ihre Augen. Sie wusste jetzt, was sie tun musste. Sie musste zurück! Zurück zu dem Ort, an den sie sich seit zwölf Jahren nicht zu erinnern vermochte.
    3.
    Als sich Medina zurück in ihr Krankenzimmer schleichen wollte, sah sie Alexander mit mehreren Schwestern im Gang stehen. Er gestikulierte mit
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