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Stuermische Gefahr

Stuermische Gefahr

Titel: Stuermische Gefahr
Autoren: Alia Cruz
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abwenden.
    Er lächelte. Das gab ihr den Rest. Ihr Verstand schien sich zu verabschieden. Was wollte sie noch gleich hier?
    „Wollen Sie zu mir?“
    Wow, seine Stimme war so tief, aber auch so samtig, wunderschön und berührte Stellen in ihr, die man mit der Hand nicht anfassen konnte.
    „Ich, wollte …“, ja, was wollte sie denn bloß? „Ich bin Scarlett, die Nachtschwester. Ich wollte nach Ihnen sehen.“
    „Okay.“ Er sah sie an. Sein Blick ließ sie alles um sich herum vergessen. „Hab ich Sie erschreckt? Ich bin aufgewacht.“
    „Das wusste ich … also … ich dachte nur, dass Sie schlafen.“ Sie musste sich zusammenreißen. Endlich mal die Klinke loslassen und ihren Beinen befehlen, das Zimmer zu betreten. Warum wollten die verdammten Dinger nicht funktionieren? Er hielt etwas in der Hand. Ein Foto. Ihre Hand ließ nun endlich die Klinke los , und sie schob sich durch die Tür.
    „Wie fühlen Sie sich?“
    „Ganz gut. Setzen Sie sich einen Augenblick zu mir? Oder haben Sie keine Zeit?“ Ihre Kehle war trocken. Wusste er noch, dass sie Stunde um Stunde neben seinem Bett gesessen hatte? „Doch, doch.“ Sie lächelte ihn steif an und setzte sich auf den Stuhl , auf dem sie schon so oft gesessen und sich so wohl gefühlt hatte in seiner Nähe. Jetzt war es anders.
    „Kennen Sie mich?“ Die Frage irritierte sie noch ein wenig mehr. „Natürlich, Sie liegen ja schon etwas länger hier.“
    Sein Gesichtsausdruck spiegelte Verzweiflung wider und ließ etwas in ihr schmelzen. Am liebsten hätte sie seine Hand genommen und ihm Trost gespendet. Sie hätte ja offiziell seinen Puls fühlen können. Stattdessen setzte sich sich nur und faltete ihre Hände in ihrem Schoß.
    „Oh nein, das meinte ich nicht. Das kam Ihnen jetzt sicher komisch vor. Ich dachte , Sie wüssten es.“
    „Was denn?“
    „Ihre Stimme kam mir so bekannt vor. Ich dachte, vielleicht kennen wir uns.“
    „Heißt das … ?“ Jetzt verstand Scarlett.
    „Ich kann mich nicht erinnern. Nicht, wie ich hierhergekommen bin. Nicht an meinen Namen, an meine Familie, an gar nichts.“
    Am liebsten wäre sie von ihrem Stuhl aufgesprungen und hätte ihn in die Arme genommen. Es tat fast körperlich weh, hier so ruhig zu sitzen. Wie verloren er sich fühlen musste. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut. Verloren und einsam, war sie das nicht auch? Sie hätte ihm so gern gesagt, dass alles gut werden würde, dass sie ab sofort immer für ihn da wäre. Aber das konnte er nicht verstehen, er würde sie sicher für verrückt halten. Verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten , um ihm Trost zu spenden. Sie konnte den verzweifelten Ausdruck in seinen schönen Augen kaum ertragen. Er sollte lächeln und seine Augen sollten leuchten. Sie schluckte ein paar Mal, bevor sie antwortete, ihr Mund war ganz ausgetrocknet. Er raubte ihr den Atem , und der Schmerz in seinem Gesicht tat ihr unendlich weh. Das also zum Thema Routine und Profes sionalität. In diesem Moment schwor sie sich, wenn sie ihm irgendwie helfen konnte, würde sie es tun. Vorerst konnte sie nur ehrlich zu ihm sein, was seine Amnesie betraf , und versuchen ihn zu trösten.
    „Das kann sich schnell wieder legen, das kommt vor in solchen Fällen.“
    „Ich weiß, es kann jedoch sein, dass die Erinnerung nicht mehr wiederkommt. Das hat mir der Arzt gesagt.“
    Wieder war da der Impuls , seine Hand zu nehmen. Natürlich war es erfreulich, dass er keine schlimmen Hirnschäden davongetragen hatte, andererseits musste es ein furchtbares Gefühl sein , aufzuwachen und nicht mehr zu wissen, wer man war .
    „Komischerweise scheint mich niemand zu vermissen.“
    „War die Polizei schon hier?“
    „Die sind für morgen angekündigt.“
    Scarlett deutete mit einer Kopfbewegung auf das Foto. „Was ist das?“
    „Das Einzige, was ich bei mir hatte. Steckte wohl in meiner Hosentasche.“
    Er reichte ihr das Foto. Da war er selbst drauf. Er hatte den Arm um einen jungen Mann gelegt. Die beiden sahen sich nicht sonderlich ähnlich. Der andere Mann war jünger. Im Gegensatz zu Johns kurzen blonden Haaren, hatte der andere lange hellbraune Haare und war kleiner, aber er hatte die gleichen blauen Augen. „Könnte das Ihr Bruder sein? Sie haben die gleiche Augenfarbe.“
    Die Frustration wurde in seinem Gesicht offensichtlich. „Ich hab keine Ahnung, vielleicht auch ein Cousin , oder ich bin schwul.“ Er grinste schief.
    Scarlett musste lächeln. „Ich finde , er sieht eher nach Verwandtschaft
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