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Striptease

Striptease

Titel: Striptease
Autoren: Lindsay Gordon
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die ganze Zeit nicht hineingeschaut. Aus meinem Augenwinkel sah ich ihn lächeln, als der Zugführer eine unverständliche Ansage durch das Geknatter des Lautsprechers versuchte.
    Und dann ging das Licht aus.
    Alle wurden noch ungehaltener. Während ich zuhörte, wie sich die Fahrgäste beschwerten und sich darin überboten, es eiliger zu haben als alle anderen – weil sie wichtiger waren als alle anderen –, lächelte ich nur und nahm die Situation, wie sie war: als eine Gelegenheit.
    Seit dem Augenblick des Lichtausfalls schien die Hitze zugenommen zu haben. Eine unheimliche Stille war im Abteil entstanden, als die Beleuchtung – wider Erwarten – nicht sofort wieder aufflammte. Ich stand reglos da, als mich eine Vorahnung wie ein elektrischer Schock durchfuhr. Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und ich erkannte die Umrisse der anderen Pendler. Die Blicke der Rucksackfrau waren immer noch auf den Plan geheftet. Es war ein unsinniger Versuch, ihn in der Dunkelheit zu studieren.
    Ich räusperte mich und stellte meine Aktentasche langsam auf den Boden. Als ich mich wieder aufrichtete, drehte ich mich so, dass ich direkt vor Mr. Q stand. Meine Poren prickelten. In der unheimlichen Stille des Abteils glaubte ich das ohrenbetäubende Rauschen meines Bluts zu hören. Mit meinem linken Fuß trat ich langsam einen Schritt zurück und seufzte vernehmlich, als ich fast ins Leere fiel, während mein Hintern Kontakt mit Mr. Qs Oberschenkel hatte.
    Ich verlagerte mein Gewicht auf den anderen Fuß und meinen Po gegen Qs Leiste. Ich lächelte und wusste, dass er es auch tat. Ich fühlte es in meinem Nacken. Ich verweilte in der Position und genoss das Gefühl des Augenblicks. Mit unbewegtem Körper drückte ich mein Hinterteil weit nach hinten, bis ich den gewünschten Kontakt hergestellt hatte. Ich verhielt mich ruhig, damit er meinen Druck spüren konnte. Dann drehte ich meine Hüfte von der einen zur anderen Seite, animiert von seiner Erregtheit, die er gegen mich drückte. Als ich mich noch fester an ihn lehnte, gerieten alle meine Nerven in Aufruhr. Das würde gut werden, das spürte ich.
    Aber plötzlich ging das Licht wieder an. Mit einem Ruck erwachte der Zug zum Leben. Ich verlor die Balance und griff zum Handlauf über meinem Kopf. Im Bruchteil einer Sekunde war der Kontakt zwischen Q und mir abgebrochen. Da mir leicht schwindlig geworden war, packte ich den Handgriff fester, bis wir die nächste Station erreichten.
    Ich schaute mich rasch um, ob mein Verhalten aufgefallen war. Das Mädchen mit dem Rucksack zog mit dem Finger eine Route über den Plan. Sleepys Augenlider hingen weiterhin auf Halbmast. Die anderen Fahrgäste hatten sich wieder ihrer Lektüre zugewandt oder kontrollierten ihr Make-up.
    Niemand schien die kleine, aber bedeutende Indiskretion zwischen mir und Q bemerkt zu haben. Während wir zur nächsten Haltestelle rumpelten, signalisierten mir meine angespannte Brust, mein dampfender Slip und der leichte Druck von Q gegen meinen Po, was ich unbedingt zu tun hatte. Als die Türen aufsprangen, griff ich meinen Aktenkoffer, wirbelte auf den Fersen herum und entschwand auf den überfüllten Bahnsteig. Einige Sekunden war ich in der wütenden Herde der Pendler gefangen, die den Ausgang wie einen Flaschenhals verstopften und eine lange Schlange bildeten.
    Wir waren zusammengepresst und versuchten, trippelnd vorwärtszugelangen. Ich geriet in Panik und nutzte eine kleine Lücke, um mir einen Weg die Treppen hinauf zu bahnen. Kein Zweifel, dass ich alle damit verärgerte, aber ich musste dringend an die frische Luft.
    Endlich draußen, machte ich einen tiefen Atemzug und füllte meine Lunge mit Autoabgasen und vorbeiziehendem Zigarettenrauch. Ich beruhigte mich am brausenden Verkehr, schaute auf meine Uhr und machte mich seufzend auf den langen Weg zum Büro.
    Über meine Abenteuer in öffentlichen Verkehrsmitteln könnte ich ein Buch füllen. Was ist herrlicher als heimliche unsittliche Kontakte mit Fremden in der Öffentlichkeit?
    Es gibt Zeiten, in denen ich mich nur über den Arbeitstag retten kann, indem ich daran denke, dass ich bald wieder in einen Zug oder eine U-Bahn steigen werde und sich eine neue Spielwiese auftut. Züge sind mein Ding. Ich habe längst aufgehört, all die Männer und Frauen zu zählen, die ich im nationalen Zugnetz geneckt, begrabscht und gerieben habe.
    Gerade bin ich vier Stationen zu früh ausgestiegen und kann den Rest zum Büro zu Fuß gehen. Warum bin ich
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