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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine Verschwörung bestehen, ein Geheimnis, um das nur sie beide wußten.
    In der folgenden Nacht nach Schwaneckes Rückkehr zum Bataillon, beziehungsweise zu Wernhers erster Kompanie, waren zwei Dinge geschehen, die weder Oberleutnant Wernher noch sein Spieß, noch der Wachhabende erklären konnte, zwei Dinge, von denen man noch lange sprach und die die Legenden um Schwanecke angereichert und ausgeschmückt wieder aufleben ließen:
    Schütze Karl Schwanecke war aus dem Schuppen, in den ihn Wernher einsperren ließ, verschwunden. Aber das war noch nicht alles: Mit ihm war aus der Schreibstube auch die Pistole des Spießes mit drei vollen Magazinen verschwunden und aus der Feldküche ein langes Schlachtmesser.
    Wie konnte das geschehen?
    Wernher hatte einen Doppelposten angeordnet, einen vor, den anderen hinter dem Schuppen. Er wollte sichergehen. Als um zwei Uhr morgens die Ablösung kam, fand sie beide Posten bewußtlos, schwer angeschlagen im Schuppen liegen – und den Karabiner des einen, mit der gesamten Munition der beiden, nahm Schwanecke gleichfalls mit.
    »Vielleicht will er 'ne Offensive starten …« sagten die Soldaten augenzwinkernd, als sie die rätselhaften Geschehnisse dieser Nacht lang und breit kommentierten. Es gab keinen einzigen unter ihnen, der es Schwanecke nicht gegönnt hätte, für alle Zeiten auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
    Als man am nächsten Vormittag Schwaneckes Ausbruch rekonstruierte, fand man folgendes heraus:
    Er mußte in stundenlanger, unendlich vorsichtiger Arbeit, die von den Posten unbemerkt geblieben war, zwei Bretter an der Seitenwand des Schuppens gelockert und herausgerissen haben. Dann zwängte er sich durch den ziemlich schmalen Spalt und erledigte zuerst den einen und dann den anderen Posten (beide hatten noch einige Tage lang ziemlich starke Kopfschmerzen, aber sie nahmen es Schwanecke keineswegs übel, daß er sie so zugerichtet hatte). Dann schleppte er sie in den Schuppen und spazierte schließlich seelenruhig zu der Schreibstube, wo er das Fenster eingedrückt und die Pistole weggenommen hatte. Anschließend war er zu der Feldküche gegangen, wo er Lebensmittel holen wollte. Er fand aber keine, denn alle waren unter festem Verschluß, und der Koch schlief daneben. Auch das wäre sicherlich kein Hindernis für ihn gewesen – aber wahrscheinlich nahte die Ablösung, die seinen Ausbruch entdecken würde, und so mußte er schließlich verschwinden, ehe er noch Eßbares mitnehmen konnte.
    »Haben Sie denn, in drei Teufels Namen, nichts gehört?« fragte Wernher seinen unglücklich schauenden Spieß aufgebracht.
    »Nein, Herr Oberleutnant.«
    »Sie schlafen doch neben der Schreibstube … er kann doch nicht … wo mag er wohl hin sein?«
    Er überlegte. Zur Front konnte Schwanecke nicht. Dort würde er fast sicher entdeckt werden. Nach Orscha? Das wäre gleichbedeutend mit Selbstmord. Dafür ist er sicher nicht ausgebrochen. Es blieb ihm nur noch ein Weg: der zu den Partisanen.
    Dies war es auch, was er später seinem Kommandeur, Hauptmann Barth, telefonisch mitteilte.
    »So ein Mistvieh!« sagte Barth – und Wernher war es, als hätte er in seiner Stimme einen bewundernden Unterton herausgehört und vielleicht auch ein Lächeln. Wenn man es recht besah – es war auch zum Lachen. Und zum Weinen: Was könnte man mit diesem Kerl alles anfangen!
    »Und was wollen Sie machen, Wernher?«
    »Was soll ich denn machen?«
    »Nichts. Einen Bericht schreiben.«
    »Nach ihm fahnden?«
    »Hätte das denn einen Sinn? Glaube nicht.«
    »Ich auch nicht, Herr Hauptmann. Er steckt todsicher im Wald – und wie sollen wir ihn dort finden? Wir sind ja sogar außerstande, ein ganzes Bataillon Partisanen aufzuspüren, das sich im Wald versteckt. Ich gehe jede Wette ein, daß er sich dort verbirgt.«
    »Die Wette würden Sie wahrscheinlich gewinnen, Wernher. Ein toller Knabe, was?«
    Und so war es auch: Schwanecke war im Wald von Gorki – in dem gleichen Wald, in dem sich auch sein Todfeind Tartuchin versteckte.
    Im Wald von Gorki saß Mischa Serkonowitsch Starobin vor seiner Erdhöhle, rauchte Machorka und lauschte nach unten, wo Anna Petrowna Nikitewna mit einem Topf klapperte.
    Oberleutnant Denkow war vor einer Stunde bei ihnen gewesen. »In drei Tagen geht's los, Genossen«, hatte er gesagt. »Wir werden jetzt die Deutschen endgültig wie Hunde vor uns herjagen. Wenn ihr wüßtet, was sich da hinten alles ansammelt … zwei-, dreihundert Stalinorgeln, ein paar hundert Panzer, so
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