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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999
Autoren: Heinz G. Konsalik
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habe Befehl aus Orscha, Sie festzusetzen und dorthin bringen zu lassen. Falls Sie auftauchen. Haben Sie dazu etwas zu sagen?«
    Schwanecke sagte nichts. Er zuckte bloß mit den Schultern, legte den Kopf etwas schief und grinste weiter. Wernher ging einige Schritte auf und ab, drehte sich dann abrupt um und maß Schwanecke mit einem langen ernsten Blick.
    »Warum sind Sie eigentlich zurückgekommen? Wußten Sie, daß …?«
    »Klar«, sagte Schwanecke.
    »Warum sind Sie gekommen?«
    »Ich hatte Sehnsucht nach Ihnen, Herr Oberleutnant«, sagte Schwanecke.
    Aber Wernher kümmerte sich nicht um seinen Spott. »Sie – Deutschmann und Krüll sind die einzigen, die übriggeblieben sind«, murmelte er. »Alle anderen … Oberleutnant Obermeier …«
    »Krüll?« fragte Schwanecke. »Er ist –?« Jetzt war das Grinsen aus seinem Gesicht verschwunden.
    »Ja. Er liegt in Orscha im Lazarett.«
    »Solche Schweine haben immer Dusel –!«
    »Sie sprechen von einem Oberfeldwebel, Schwanecke!«
    »Na und? Wo steht's denn, daß ein Oberfeldwebel kein Schwein sein kann?«
    Wernher schwieg. Was sollte er darauf antworten? Er konnte den Mann zurechtweisen, aber hatte das noch einen Sinn? Hatte er am Ende nicht recht? Ob recht oder nicht, sagte er sich, ich müßte ihn anbrüllen, dachte er, ich müßte ihn hinausjagen … Aber er tat es nicht. Er wußte manches von Schwanecke, mit ihm konnte man nicht auf die gleiche Art fertigwerden wie mit den anderen.
    »Was haben Sie eigentlich ausgefressen?« fragte er. »Ist es das – mit Oberleutnant Bevern?«
    Schwanecke zuckte mit den Schultern.
    »Oder das mit dem Gesetz über Schwerverbrecher?«
    Keine Antwort.
    »Was wird man mit Ihnen anfangen?«
    Schwanecke strich sich mit der Handfläche vordem Hals, machte »Hrrk –«, blinzelte und grinste dann breit. Wernher war fassungslos. Dieser Mann machte sich offenbar lustig über seinen eigenen Tod, und dabei hatte er Deutschmann, seinen Kameraden, zurückgebracht, obwohl er hätte überlaufen können und am Leben bleiben und den Russen Märchen aufbinden vom politisch verfolgten Märtyrer – bitte, war ich nicht im Strafbataillon? Ich, ein Kommunist, Heil Stalin – … Und trotzdem kam er zurück und … Es hatte keinen Sinn.
    »Ich werde Sie über Nacht einsperren müssen«, sagte er. »Und morgen lasse ich Sie nach Orscha bringen. Dann …«
    Er zuckte mit den Schultern, als hätte er gesagt: Was kann ich dann weiter tun? Nichts. Es tut mir leid, aber da ist nichts zu machen –!
    »Und wenn ich abhaue?« Schwanecke sagte es mit einem lauernden Unterton in der Stimme und zugleich so, als würde er sich über den Oberleutnant lustig machen.
    »Abhauen? Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine – einfach ab durch die Mitte! Ich, wissen Sie, Herr Oberleutnant, ich war mal berühmt dafür. König der Ausbrecher! Keine Mauer hält ihn zurück, kein Gitter ist eng genug … stand sogar mal in der Zeitung.«
    »So?«
    »Bestimmt. Ich könnte in einem Zirkus auftreten. Sie wissen Entfesselungskünstler und so … ich hab' mal einen gesehen … ich hätte es allemal fertiggebracht, Ehrenwort. Hokuspokus – weg ist er … der Schwanecke, der verfluchte –!«
    Das letzte sagte er mit tiefer Stimme, es genußvoll in die Länge ziehend.
    »Es dürfte Ihnen schlecht bekommen«, sagte Wernher, der zur Tür ging und den Posten rief. »Es wird scharf geschossen, mein Lieber! Machen Sie keine Dummheiten!«
    »Mich trifft keiner«, grinste Schwanecke. »Hokuspokus, weg ist er, aufgelöst in der Luft, wie der Geist meines Onkels, den die Tante mal gerufen hatte. Spiritieren oder wie das heißt, spinitisieren … er kam, sagte ›Guten Tag‹ und weg war er wieder, obwohl ich versucht habe, ihn zu erwischen, einfach weg, kein Wunder, wo er aus der Familie Schwanecke war, ich mach's nämlich ebenso …«
    Wernher ließ ihn reden. Er glaubte, den anderen zu durchschauen: Es war die Angst, die ihn so reden ließ, und die Worte versuchten sie zu verdecken. Er wußte nicht, wie überrascht und fassungslos er am nächsten Morgen in der Hütte stehen würde, in die er Schwanecke einsperren ließ – und sich an diese Worte erinnern, Wort für Wort, von denen er jetzt glaubte, ihnen nicht das geringste Gewicht beimessen zu brauchen …
    »Ab mit Ihnen!« sagte er, als zwei Posten kamen, um Schwanecke abzuführen. »Machen Sie sich zuerst sauber.«
    »Mache ich«, nickte Schwanecke und blinzelte dann den Oberleutnant über die Schulter an, als würde zwischen ihnen
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