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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
Autoren: Jane Austen
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Stunde, welcher Ort, welcher Blick oder welches Wort den Grundstein dazu gelegt hat; es ist schon zu lange her. Ich weiß nur, daß ich selbst von allem erst etwas merkte, als ich schon ein gutes Stück Weg hinter mich gebracht hatte.«
    »Meiner Schönheit hast du schon am ersten Abend erfolgreich widerstanden; und mein Benehmen — gegen dich wenigstens bin ich doch alles andere als höflich gewesen. Ich habe mir sogar die größte Mühe gegeben, dir niemals etwas Nettes zu sagen. Sag die Wahrheit — hast du dich vielleicht in meine Keckheit verliebt?«
    »In deinen Übermut bestimmt!«
    »Du kannst es ruhig Keckheit nennen; sehr viel anderes war es nämlich wirklich nicht. Du hattest einfach — um der Wahrheit auf den Grund zu gehen — diese ewigen Schmeicheleien, diese ganze heuchlerische Liebedienerei, mit der man dir sonst immer entgegenkam, herzlich satt; die Frauen, die jedes Wort, jeden Blick, jeden Gedanken nur darauf anlegten, dir zu gefallen, stießen dich allmählich ab. Ich fiel dir auf, weil ich ihnen so gar nicht ähnlich war. Wenn du nicht im Grunde deines Herzens immer so ein guter Mensch gewesen wärst, hättest du mich hassen müssen; aber obwohl du dich wahrscheinlich darum bemüht hast, ganz konntest du dich doch nicht verleugnen, und ich bin überzeugt, daß du gerade die Menschen, die dir so schamlos den Hof machten, besonders verachtet haben mußt. — So, jetzt hab ich dir gesagt, warum du mich liebst. Und wenn ich es mir genau überlege, hast du eigentlich auch ganz recht damit. Es stimmt ja zwar, daß du keine einzige gute Eigenschaft von mir kennst; aber darauf kommt es einem ja auch gar nicht an, wenn man sich verliebt.«
    »Glaubst du nicht, daß man schon darin eine gute Eigenschaft sehen konnte, wie du damals Jane, als sie in Netherfield krank wurde, so rührend gepflegt hast?«
    »Die liebe Jane! Das war doch wahrhaftig das wenigste, was man für sie tun konnte! Aber meinetwegen, mach nur immerhin eine Tugend daraus. Meine guten Eigenschaften sind ja jetzt deine Belange, und du tust ganz recht daran, wenn du sie so viel wie möglich hervorhebst und übertreibst. Während ich andererseits das Recht erhalten habe, mich so oft mit dir zu necken und zu streiten, wie ich will. Ich werde das auch sogleich ausnutzen und dich fragen, warum du bis zuletzt so furchtbar ungern mit der Sprache herausrücken wolltest? Warum warst du so schüchtern, als du mit Bingley herkamst? Warum machtest du ein Gesicht, als ob ich dir völlig gleichgültig sei, nachdem du dir schon die Mühe gemacht hattest, herzukommen?«
    »Du sahst so ernst aus und warst so still und hast mich gar nicht ermutigt.«
    »Natürlich, ich war befangen!«
    »Das war auch ich.«
    »Du hättest doch aber wenigstens an dem Abend, an dem wir die Gesellschaft gaben, etwas mehr mit mir reden können.«
    »Ja, wenn ich weniger für dich empfunden hätte, wäre mir das gewiß leichter gefallen.«
    »Schade, daß du nie um eine Antwort verlegen bist und daß ich so gutmütig bin, das zuzugeben. Aber ich möchte doch gern wissen, wie lange du noch geschwiegen hättest, wenn ich dich nicht schließlich selbst gefragt hätte! Mein Beschluß, dir für deine Güte gegenüber Lydia zu danken, hat weiß Gott ein gutes Ergebnis gehabt, ein zu gutes, fürchte ich sogar; denn wo bleibt die Moral, wenn unser Glück von einem Vertrauensbruch herrührt?«
    »Keine Sorge! Die Moral bleibt trotzdem gewahrt, denn schließlich haben Lady Catherines Bemühungen, uns auseinanderzubringen, meine letzten Hemmungen beseitigt, so daß wir also unser Glück nicht deinen voreiligen und indiskreten Dankesbezeugungen verdanken, sondern meiner Tante. Ich hatte gar nicht die Absicht, noch länger zu warten. Die Mitteilungen meiner Tante hatten mir wieder Hoffnung gemacht, und ich war fest entschlossen, mir bei frühester Gelegenheit Gewißheit zu verschaffen.«
    »Dann ist uns also Lady Catherine eine wirkliche Hilfe gewesen; das wird sie bestimmt sehr glücklich machen, denn sie kennt ja nichts Besseres, als anderen helfen zu dürfen. Aber sag mir, warum bist du überhaupt nach Netherfield gekommen? Nur, um das Vergnügen haben zu können, nach Longbourn zu reiten und dort verlegen zu werden? Oder hattest du schon irgendwelche festeren Pläne?«
    »Der eigentliche Grund war ja, dich wiederzusehen und zu versuchen, mir darüber klarzuwerden, ob ich je hoffen durfte, deine Liebe zu gewinnen. Und der vorgetäuschte Grund, das heißt, der Grund, den ich mir selber
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