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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz
Autoren: Boje Verlag
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nehmen.

13. KAPITEL: S CHEIN UND S EIN
    Als ich im Rückfenster des Taxis in Richtung Bahnhof den Bunker hinter uns immer kleiner werden sah, versuchte ich, mich langsam wieder zu entspannen. Aber das war schwierig. Der Treppenabstieg hatte mich geschafft, genau wie die Tatsache, nur wenige Meter von meiner Mutter entfernt gewesen zu sein. Mein Herz pochte wie verrückt und ich merkte, dass jeder dritte Schlag unregelmäßig war. Ich kannte das schon: Gleich würde jeder zweite Schlag aus dem Takt geraten, dann jeder. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf meinen Atem, pustete Luft durch meine geschürzten Lippen und atmete langsam und tief wieder ein.
    »Alles okay?«, fragte Greg besorgt, der seinen Arm um mich gelegt hatte.
    Ich nickte, während ich weiter konzentriert atmete und versuchte, mein Herz wieder in seinen gewohnten Takt zu bekommen.
    Greg war zum Ticketschalter gegangen, während ich auf einer der Bänke in der Bahnhofshalle versuchte, mich zu erholen. Ich spürte, wie der Schwindel vom Kopf in den Bauch zog und meinen gesamten Körper vereinnahmte. Auch wenn es klar war, dass ich gleich wahrscheinlich umkippen würde, versuchte ich weiter, dagegen anzukämpfen. Ich wollte nicht aufgeben, egal wie klein meine Chance war. Als ich merkte, dass ein dunkler Schleier sich über meine Augen legte, während die letzte Kraft aus meinem Körper wich, schoss mir noch ein Gedanke durch den Kopf – kipp nach rechts, damit du nicht von der Bank fällst! –, bevor alles schwarz wurde.
    *
    Ich spürte ein Ruckeln, dann ein Einrasten und ein mechanisches Schieben, gefolgt von einem Geräusch, das ich öfter gehört hatte als unsere Türklingel: das Martinshorn des Krankenwagens.
    Es wird schon, dachte ich, bevor ich wieder das Bewusstsein verlor.
    »Die Werte waren äußerst bedenklich«, hörte ich eine dumpfe Männerstimme, »es war unverantwortlich, dass sie sich dermaßen überanstrengt hat .«
    Wo war ich? Ich blinzelte mit den Augen, zu mehr war ich nicht imstande.
    Ich lag in einem Bett, nicht mein Bett allerdings, doch der Geruch kam mir bekannt vor. Aus dem Augenwinkel konnte ich eines dieser typischen Rollschränkchen neben dem Bett wahrnehmen.
    Bingo. Ich war im Krankenhaus.
    »Oh Gott, ich weiß«, hörte ich meine Mutter antworten, »wird es Folgeschäden geben?«
    »Ich denke nicht, aber wir können nichts ausschließen«, antwortete die Männerstimme. »Sie braucht jetzt erst mal uneingeschränkte Ruhe, keinerlei Aufregung.«
    »Natürlich«, sagte Lisa seufzend, und es war das Letzte, was ich hörte, bevor meine Augen wieder zu schwer wurden und ich zurück in den Schlaf glitt.
    *
    »Du hast gehört, dass wir nicht reindürfen!«
    »Ich will sie aber sehen!«
    »Das gibt Ärger, Mann, lass dir das gesagt sein!«
    »Und wenn schon!«
    »Und wenn schon? Den Ärger haben wir außerdem schon längst. Sie hat uns ’ne Anzeige eingebrockt und das ist sicher noch das kleinste Übel, das uns diese verrückte Übermutter auf den Hals hetzt. Komm schon, lass uns abhauen, sie ist sicher gleich wieder zurück. Wenn sie uns sieht, rastet sie total aus.«
    »Nein. Ich will zu ihr.«
    Ich spürte, wie sich jemand neben mir auf das Bett setzte, und obwohl meine Augen geschlossen waren, erkannte ich Greg. Er nahm meine Hand und streichelte sie sanft.
    »Sanny?«
    Ich reagierte nicht – ich war einfach zu schlapp.
    »Das war alles eine Scheißidee, von Anfang an«, hörte ich eine Stimme flüstern, und erkannte Tobi.
    »Ich weiß sowieso nicht, was diese bescheuerte Wette überhaupt sollte.« Das war Lex.
    »Wieso? Konnte doch keiner wissen, dass sie uns angelogen hat. Außerdem hat Greg die Wette sowieso gewonnen, immerhin hat er unser Maskottchen geknackt, nicht wahr?« Tobi.
    »Diese blöde Wette spielt schon lange keine Rolle mehr«, erwiderte Greg leise, »und das wisst ihr genau.«
    »Warum?«, hörte ich Lex’ Stimme jetzt, »du hast doch alles, was du wolltest. Wir spielen dein Lied für Marie in Berlin. Sie wird da sein, glaub mir. Und sie wird mit fliehenden Fahnen zurück in deine Arme gerannt kommen.«
    Die größten Träume zerplatzen mit dem leisesten Knall.
    So auch jetzt.
    Ein Schmerz durchfuhr mich, der nichts mit dem schlechten Zustand meines Herzens zu tun hatte. Es tat so fürchterlich weh. Aber gerade weil es so wehtat, wusste ich, dass ich nicht sterben würde.
    Irgendwie hatte ich unbewusst geahnt, dass an der Sache etwas faul gewesen war.
    Wieso sollten die coolsten Jungs der Schule
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