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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz
Autoren: Boje Verlag
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leiser.
    »Meine Mutter hat rausgefunden, dass … dass ich nicht ganz genau da bin, wo ich sein sollte«, gab ich schulterzuckend zu. Ich konnte durch das schwache Licht der Laterne vor dem Fenster Kiras Gesicht sehen und wie sie ihre Augen aufriss.
    »Oh Mann. Wo solltest du denn jetzt sein?«
    »In einer Klinik an der Ostsee. Für Herzpatienten.«
    »So schlimm …?«
    »Nein, nein, schon in Ordnung«, winkte ich flüsternd ab, »mir geht es gut. Ist so ’ne langfristige Sache. Ich bin fit, wirklich.«
    »Ehrlich?«, hakte Kira nach und klang besorgt.
    »Ja. Nur werden meine Eltern mich jetzt suchen. Besser gesagt, sie tun es bereits. Und sie haben die Polizei eingeschaltet.«
    »Und du bist sicher, dass du jetzt nicht besser nach Hause gehst? Ich meine, nicht, dass es richtig Ärger gibt und so …«
    »Ich bin so sicher wie noch nie bei irgendetwas«, antwortete ich entschlossen.
    »Okay«, sagte Kira, »dann frage ich nicht weiter nach. Ich gehe davon aus, dass du nicht willst, dass die anderen es wissen?«
    »Richtig«, nickte ich.
    »Du ziehst das also echt durch?«
    Ich nickte wieder. »Richtig.«
    »Alles klar. Dann lass uns jetzt schlafen, Bonnie«, murmelte sie gähnend und legte sich wieder hin.
    »Bonnie?«
    Kira drehte sich zu mir um.
    »Ja, sicher, Bonnie aus dem Film Bonnie und Clyde , die sind doch auch auf der Flucht.«
    Auf dieser Reise bekam ich eine Menge Namen, dachte ich noch, bevor auch mir die Augen zufielen, nachdem ich den wohl aufregendsten Tag meines bisherigen Lebens erlebt hatte.
    *
    Der Gig am folgenden Tag in der Blues Garage lief spektakulär gut. Crystal hatte mit dem Konzert am Vortag echte Fans gewonnen, die auch heute extra gekommen waren, um die Band zu sehen. Long John war mehr als zufrieden, als er Kassensturz machte.
    »Hier«, sagte er wohlwollend, »eine Runde Extra-Cash für alle. So voll war die Bude lange nicht mehr. Ihr seid echt gut drauf!«
    Zufrieden nahmen die Jungs das Geld entgegen.
    »Sanny hat auch was davon verdient«, sagte Lex, »immerhin wäre das alles ohne sie nicht so gekommen.«
    Die anderen nickten zustimmend.
    Ich winkte ab. »Nein, ich will kein Geld.« Dann kam mir ein Gedanke. »Aber da wäre schon eine Sache.«
    »Was du willst«, sagte Greg und sah mich neugierig an.
    Ich überlegte. Die Polizei suchte nach einem Mädchen mit feuerroten Haaren. Dagegen konnte man was unternehmen.
    »Ich hätte gern eine Kappe.«
    Tobi lachte laut auf. »Eine Kappe? In Rot?«
    Ich schüttelte den Kopf. »In Rot gerade nicht. Schwarz wäre gut.«
    »Das wird wohl zu machen sein«, sagte Greg, »die hast du dir wirklich mehr als verdient, Red.«
    »Du kannst meine haben!«, meldete sich Flocke zu Wort, »es wäre mir eine Ehre, wenn sozusagen mein größter Fan, also du, meine Kappe tragen würde …«
    Lachend buffte ich ihn in die Seite. »Nein danke. Ich möchte gern eine eigene.«
    »Schade«, erwiderte Flocke enttäuscht, »das hätte ein guter Auftakt für einen eigenen Flocke-Fanclub werden können!«
    »Der kommt ganz sicher noch«, tröstete ich ihn lachend.
    »Sicher?«
    »Hundertprozentig«, sagte ich und legte meinen Arm um ihn.
    *
    Unsere letzte Station vor Berlin war Hamburg, und zwar das berühmt-berüchtigte Uebel & Gefährlich , ein Musikclub in einem ehemaligen Luftschutzbunker auf dem Heiligengeistfeld. Tobi hatte die Info, dass knapp tausend Gäste in dem Club Platz hatten, womit der Gig zum bisher größten unserer Tour werden würde, abgesehen natürlich vom Auftritt beim Maschseefest.
    »Wow!« Als wir auf den Flakturm des ehemaligen Bunkers zufuhren, blieb mir fast die Luft weg.
    Flocke schien meine Meinung zu teilen: »Halligalli superschnalli! Mega abgefahren, geilomater Bunker!«
    »Nicht schlecht!«, bemerkte auch Lex mit Blick auf das Gebäude.
    Für die Nacht hatte Tobi uns was in einem Band-Haus gebucht, eine halboffizielle Herberge für Bands auf der Durchreise, und darüber war ich wirklich erleichtert, denn eine weitere Nacht auf einem Schrottplatz oder so was Ähnliches musste ich nicht unbedingt haben.
    »Soundcheck ist von halb sechs bis halb sieben, dann Pause bis neun«, erklärte uns Lilly, die voll tätowierte Barfrau, nachdem wir mit dem Fahrstuhl bis in den 4. Stock gefahren waren.
    »Heute Abend ist hier ein Liftboy«, erklärte sie weiter. »Manchmal verkleidet er sich ein wenig strange, also wundert euch nicht.«
    Flocke lutschte auffällig laut an einem der in Schnaps eingelegten Kirschlollis, die am Eingang für alle
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