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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1
Autoren: Wolfram Hänel
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dem Kopf zu der Tür, die ins Treppenhaus führt, gleichzeitig zieht er die Chipkarte seines Vaters aus der Tasche. Er schiebt die Karte durch den Schlitz, die Tür öffnet sich mit einem leisen Klick, der von dem Gekrächze der Walkie-Talkies übertönt wird.
    Sie hetzen die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal, im zweiten Stock reagiert der Türöffner nicht auf die Karte, erst als Lukas sie mit zittrigen Fingern umdreht und es noch mal versucht, kommt das erwartete Klicken.
    »Ganz ruhig«, sagt Hannah. »Keine Panik jetzt. Wir haben zehn Minuten, vielleicht eine Viertelstunde, bis sie ernsthaft anfangen werden, uns überall zu suchen. Also los!«
    Sie biegen auf den Gang zu den Büros der Verwaltung ein, am Ende kommt wieder eine Tür, die sie mit Hilfe der Chipkarte passieren, dann stehen sie vor dem Zimmer von Hannahs Vater. Auf dem Türrahmen ist eine Tastatur, alle Ziffern von null bis neun, daneben wieder der Schlitz für die Karte.
    »Was soll das denn?«, fragt Lukas irritiert. »Brauchen wir jetzt hier auch noch einen Code, oder was? Woher sollen wir wissen, was dein Alter …«
    Hannah nimmt ihm die Karte aus der Hand und schiebt sie in den Schlitz.
    »H gleich acht«, murmelt sie halblaut vor sich hin, während sie gleichzeitig an den Fingern mitzählt, »A gleich eins, N ist vierzehn, noch mal vierzehn, eins, acht …«
    Sie tippt die entsprechenden Ziffern in die Tastatur, über dem Zahlenfeld blinkt ein grünes Licht – die Tür ist entriegelt.
    »Au Mann«, stöhnt Lukas, während er hinter Hannah in das Büro tritt.
    Als Hannah den Computer hochfährt, beugt er sich über ihre Schulter, um auf den Monitor sehen zu können.
    »Passwort«, sagt Hannah immer noch murmelnd. » H-A-N-N-A-H …«
    »Zugang verweigert«, liest Lukas halblaut mit.
    »Wäre auch zu einfach gewesen. Also noch mal!«
    Sie tippt eine Zahlenkombination ein, ihren Geburtstag. Auf dem Monitor erscheint blinkend das Logo des Energiekonzerns. Hannah klickt in der Tool-Leiste auf »Dateien«.
    Die Liste, die sich öffnet, besteht wieder nur aus Ziffernkombinationen. Hannah scrollt weiter, das Bild zeigt unverändert nichts als Zahlen.
    »Und jetzt?«, fragt Lukas ratlos. Er blickt auf seine Uhr. Es sind schon über fünf Minuten vergangen, seit sie im Gebäude sind. »Kannst du mit irgendeiner Zahl was anfangen?«
    »Es sind zu viele«, sagt Hannah, »das schaffen wir nicht. Aber das gilt auch für ihn! Er muss irgendwo die Kombinationen notiert haben!«
    Sie zieht wahllos die erstbeste Schublade auf. Büroklammern, Stifte, Zettel mit handgeschriebenen Notizen, eine aufgerissene Packung Fisherman’s Friend, ein Manual für den Computer.
    Die nächste Schublade ist abgeschlossen.
    »Oder er hat es im Computer abgespeichert«, überlegt Hannah. Sie probiert verschiedene Ziffernfolgen.
    »Versuch es mit Winnetou«, schlägt Lukas vor.
    »Nichts.«
    »Karl May.«
    Hannah schüttelt den Kopf.
    »Saarbrücken!«
    »Das macht keinen Sinn«, sagt Hannah. »Hör endlich auf, mir in den Nacken zu pusten, ich muss mich konzentrieren!«
    Lukas schaut wieder auf seine Uhr. Dann tritt er einen Schritt von Hannah weg und sieht sich im Büro um. In der Sitzecke mit der Zimmerpalme hat er damals das merkwürdige Gespräch mit Hannahs Vater geführt. Zwischen dem Couchtisch und dem Ledersessel lehnt eine bunt gestreifte Einkaufstasche, aber das ist auch das Einzige im Raum, das irgendwie persönlich wäre. Es gibt noch nicht mal das übliche Familienfoto in dem Regal mit den technischen Fachbüchern. An der Wand hängt ein Lageplan des Kraftwerks, Lukas liest die einzelnen Beschriftungen: Reaktorgebäude, Kühltürme, Maschinenhaus, Schaltanlage, Notstromaggregate, Transformatoren, Lager für radioaktive Abfälle. Vor dem Fenster ragt die Reaktorkuppel auf, in dieser direkten Nähe wirkt die matt glänzende Außenhaut so bedrohlich, dass Lukas unwillkürlich schlucken muss. Ganz kurz hat er das Bild vor Augen, wie das Flugzeug damals genau ins World Trade Center geflogen ist. Er bemüht sich, den Gedanken zu verdrängen, dass es statt der Twin Towers auch ebenso gut die Reaktorkuppel irgendeines AKW s sein könnte.
    Dann sieht er das Faxgerät auf dem Tisch vor dem Heizkörper. Ohne auf etwas Bestimmtes zu hoffen bückt er sich zu dem Papierkorb und zieht ein einzelnes Blatt heraus, das an der oberen Kante eingerissen und schwarzgrau verschmiert ist. Eindeutig ein Fehleinzug aus dem Faxgerät, aber als er genau hinsieht, kann er ein paar
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