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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel
Autoren: Andreas Götz
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paar Krähen und dem leise gestellten Rumoren der Stadt war nichts zu hören.
    »Sascha! Sascha!«, schrie sie. »Wo bist du?«
    »Ich bin im Bauwagen, Joy!«, kam es zurück. »Hörst du mich? Mach schnell!«
    Aufatmen. Er lebte! Der Schmerz in ihrem Knie zählte nicht mehr, als sie Richtung Bauwagen loshumpelte. »Ich komme!« Auf halber Strecke kam ihr Saschas Warnung entgegen: »Joy! Sie kommt zu dir! Pass auf! Sie kommt!«
    Okay, dachte sie und umfasste das Eisenrohr, jetzt ist Schluss mit lustig. Die soll nur kommen!
    Nur Sekunden später sah sie Mareike auch schon um die Ecke des Bauwagens schießen, genau auf sie zu und unverkennbar zum Äußersten entschlossen. Auf Skrupel oder gar Gnade durfte sie diesmal nicht hoffen.
    »Du verdammtes Miststück!«, brüllte sie ihr entgegen. »Ich hätte dich doch totschlagen sollen.«
    »Hättest du. Aber jetzt bin ich die mit dem Eisenrohr in der Hand.«
    Mareike grinste spöttisch. »Vielen Dank, dass du mir das Ding mitgebracht hast. Es ist genau richtig, um dir damit den Schädel einzuschlagen.«
    Joy spürte das Adrenalin in ihre Adern schießen. Sie fühlte sich wie eine Wildkatze auf dem Sprung. Hellwach und bis in die Haarspitzen angespannt. Sie hatte sich schon auf vielen Spielplätzen und Schulhöfen geprügelt und war jedes Mal als Siegerin vom Platz gegangen. Einen Kampf wie diesen, in dem es auf Leben und Tod ging, hatte sie allerdings noch nie geführt. Ich mach dich fertig, feuerte sie sich selbst an, ich hau dich kaputt.
    Mareike kam heran, als könnte es nur eine Siegerin geben: sie. Auch wenn sie nicht wie eine Kämpferin aussah, hatte Joy Respekt. Diese hageren Typen waren oft verdammt zäh. Und listig war sie auch, das hatte sie eindeutig bewiesen. Mareike zog den Elektroschocker aus der Gesäßtasche. »Wiedersehen macht Freude«, höhnte sie. Doch statt mit dem Gerät auf sie loszugehen, duckte sie sich plötzlich und stürmte ihr entgegen. Mit dem Kopf voraus knallte sie wie ein Rammbock in Joy hinein. Die war zu überrascht, um auszuweichen oder einen Schlag anzusetzen. Hart knallte sie auf die Erde, ein metallisches Klingen drang in ihr Ohr. Scheiße, dachte sie, das Rohr! Sie hatte ihre Waffe verloren. Und Mareike war schon auf dem Sprung, sie sich zu holen. Blitzschnell drehte Joy sich herum. Sie bekam Mareikes Fuß nicht richtig zu fassen, doch die Berührung genügte, um sie ins Straucheln zu bringen. Ha!, jubelte Joy innerlich, fuhr hoch und holte sich, was ihr gehörte. Keine Sekunde zu früh, denn Mareike rappelte sich gerade wieder auf. Schon nahte sie wieder mit ihrem Elektroschocker.
    »Du bist tot!«, schrie sie. »Du bist tot!«
    Joy schwang das Metallrohr. »Bleib mit dem Scheißding weg, sonst zieh ich dir eins über!«
    Mareike ließ sich nicht davon beeindrucken und kam näher. Auf ihrem Gesicht ein böses Grinsen. »Glaubst du, du kannst das? Mir den Schädel einschlagen?«, fragte sie höhnisch.
    Joy schwieg. Wich einen Schritt zurück. Und noch einen. »Ich will dir nichts tun. Aber wenn ich muss …«
    Noch ein Schritt zurück. Ihr Fuß sackte in eine Mulde, sie geriet ins Taumeln, fiel. Mist! Schon war Mareike über ihr. Der Elektroschocker stieß in Joys Seite – doch der Stromstoß blieb aus. Fehlfunktion, anscheinend. Glück gehabt! Doch kein Moment, sich darüber zu freuen, denn schon packte Mareike das Rohr, um es ihr zu entreißen. Joy aber ließ es nicht los. Da erhaschte sie im Augenwinkel einen Blick auf den Bauwagen. Und erschrak. Rauch stieg auf. Der erste Gedanke: Sascha ist da noch drin! Der zweite: Ich muss zu ihm! Die Angst um ihn verschaffte ihr neue Kräfte. Sie rammte Mareike die Faust in die Seite, warf sie ab und wand ihr das Rohr aus der Hand.
    Vom Bauwagen her ertönte lautes Krachen. Was war passiert? War das alte Ding endgültig zusammengebrochen? Und hatte Sascha unter sich begraben? Joy wollte aufspringen, doch Mareike stürzte sich wieder auf sie und riss sie herunter, packte ihr Handgelenk und schlug es mit voller Kraft gegen den steinigen Boden. Ein heftiger, stechender Schmerz, der in den ganzen Arm ausstrahlte. Ein Schrei. War ihr Handgelenk zerschmettert? Es fühlte sich so an. Und plötzlich schwebte über ihr das Metallrohr, bereit, auf sie herabzusausen. Als es dann geschah, war ihr, als sinke das Ding unendlich langsam, sie hatte sogar noch die Ruhe, zu denken: Okay, jetzt passiert es, sie schlägt mir den Schädel ein, und ich sterbe …
    Aber es passierte nicht. Ehe das Rohr ihren Kopf
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