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Stille Nacht

Stille Nacht

Titel: Stille Nacht
Autoren: Mary Higgins Clark
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aus Michigan erhalten.
Paige Laronde hatte am Tag ihrer Abfahrt von Detroit all ihre
Bankkonten aufgelöst. Und in einem Anfall von
Siegesgewißheit hatte sie einer anderen Bartänzerin anvertraut,
sie habe mit einem Typen zu tun gehabt, der ein wahres Genie
im Fälschen von Ausweisen sei.
Der Aussage zufolge hatte sie verkündet: »Das kannst du mir
glauben, mit diesen Papieren, wie ich sie für meinen Freund und
mich aufgetrieben hab, können wir beide ganz einfach verschwinden.«
»Wenn Siddons es über die Grenze schafft…«, murmelte Bud
Folney eher zu sich selbst als zu den anderen.
»Noch nichts von den State Troopers?« fragte er zum
drittenmal innerhalb einer Viertelstunde.
    »Nichts, Sir«, entgegnete Mort verhalten.
»Rufen Sie noch mal an. Ich will selbst mit denen reden.«
Als er Chris McNallys Vorgesetzten an der Strippe hatte und
mit seinen eigenen Ohren hörte, daß sich absolut nichts Neues
ergeben habe, entschied er, daß er selbst mit Trooper McNally
sprechen wollte.
    »Das wird echt was bringen«, brummte Jack Shore zu Mort
Levy.
Doch noch ehe Folney mit McNally verbunden werden
konnte, kam ein anderer Anruf herein. »Heiße Spur«,
verkündete eine Mitarbeiterin, die in Folneys Büro hereinplatzte.
»Ungefähr vor einer Stunde hat ein Trooper Siddons und das
Kind an einer Raststätte an der Route einundneunzig in Vermont
in der Nähe der White River Junction gesichtet. Er sagt, daß
Siddons’ Beschreibung haargenau auf den Mann paßt und daß
der Junge irgendeine Art Medaille umhängen hatte.«
»Vergessen Sie McNally«, sagte Folney energisch. »Ich will
mit dem Trooper reden, der die beiden gesehen hat. Und rufen
Sie jetzt sofort die Polizei von Vermont an, sie sollen an allen
Ausfahrten nördlich von der Stelle, wo sie gesichtet wurden,
Straßensperren errichten. Kann schließlich genausogut sein, daß
die Freundin sich auf dieser Seite der Grenze in ein Bauernhaus
verkrochen hat und dort auf ihn wartet.«
Während Folney wartete, blickte er auf Mort. »Rufen Sie
Cally Hunter an, und sagen Sie ihr, was wir eben erfahren
haben. Fragen Sie sie, ob sie weiß, ob Jimmy je in Vermont war
und, falls ja, wohin er dann gefahren ist. Es könnte ja
irgendeinen ganz speziellen Ort geben, den er sich zum Ziel
genommen hat.«
21
    Brian merkte deutlich, daß das Auto jetzt schneller fuhr. Er
schlug die Augen auf, schloß sie jedoch so schnell wie möglich
wieder. Es war leichter, auf dem Sitz zusammengekauert
liegenzubleiben und so zu tun, als ob er schliefe, anstatt
gezwungen zu sein, sich keine Angst anmerken zu lassen, wenn
Jimmy ihn anschaute.
    Er hörte auch zu, was im Radio kam. Obwohl es ganz leise
gestellt war, konnte er doch verfolgen, was berichtet wurde, daß
nämlich der Polizistenmörder Jimmy Siddons, der einen
Gefängnisaufseher angeschossen hatte, Brian Dornan
gekidnappt habe.
    Seine Mutter hatte ihm und Michael einmal ein Buch mit dem
Titel Gekidnappt vorgelesen. Brian hatte die Geschichte riesig
gefallen, als sie dann aber schlafen gingen, sagte Michael zu
ihm, er fände sie doof. Er behauptete, wenn irgendwer
versuchen würde, ihn zu kidnappen, dann würde er den Kerl
einfach treten und ihm eine reinhauen und weglaufen.
    Bloß, ich kann nicht weglaufen, dachte Brian. Und er war
sicher, daß der Versuch, Jimmy eine reinzuhauen, nicht
funktionieren würde. Er wünschte, es wäre ihm vorhin geglückt,
die Wagentür aufzustoßen und sich hinausrollen zu lassen, wie
er es vorgehabt hatte. Er hätte sich einfach zu einem Ball
zusammengekauert, wie sie es den Kindern im Turnunterricht
beibrachten. Ihm wäre schon nichts passiert.
    Jetzt aber war die Wagentür auf seiner Seite verriegelt, und er
wußte, daß Jimmy schon nach ihm grapschen würde, bevor er
auch nur den Knopf hochziehen und die Tür aufmachen konnte.
    Brian weinte nun beinahe. Er spürte, wie seine Nase sich
verstopft anfühlte und seine Augen wäßrig wurden. Er versuchte
daran zu denken, wie Michael ihn jetzt wohl Heulsuse nennen
würde. Manchmal half ihm das, wenn er sich bemühte, nicht zu
heulen.
    Doch jetzt half es überhaupt nicht. Sogar Michael würde
wahrscheinlich heulen, wenn er Angst hätte und wenn er schon
wieder aufs Klo müßte. Und im Radio hatten sie ja gesagt, daß
Jimmy gefährlich war.
    Aber obwohl er nun weinen mußte, achtete Brian darauf,
keinen Laut von sich zu geben. Er spürte die Tränen auf seinen
Wangen, aber er machte keine Bewegung, um
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