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Steueroasen Ausgabe 2013

Steueroasen Ausgabe 2013

Titel: Steueroasen Ausgabe 2013
Autoren: Hans-Lothar Merten
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19. Jahrhundert lockten sie Unternehmen aus wohlhabenden Regionen mit Steuervergünstigungen. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es dann die ersten Fälle grenzüberschreitender Steuervermeidung: Vermögende Engländer nutzten die im britischen Gesetz vorgesehene Unterscheidung zwischen Wohnsitz und Steuerdomizil, indem sie ihre Firmen beispielsweise auf den Channel Islands ansiedelten.
    In den 1920er-Jahren schufen britische Richter eine weitere Möglichkeit der Steuervermeidung für Personen, die sich internationale Mobilität leisten konnten. Sie entschieden, dass ein in Großbritannien eingetragenes Unternehmen von der Steuer befreit sei, solange der Vorstand seine Sitzungen im Ausland abhalte und die Geschäftstätigkeit ebenfalls vollständig im Ausland stattfinde. Damit entstand die räumliche Trennung zwischen Firmen- und Steuersitz eines Unternehmens. Dieses Konzept bildet bis heute die Grundlage der meisten Steueroasen.
    Als Zufluchtsort vor Steuern sind diese Länder sichere Häfen, auch im nautischen Sinne. Ihre Reputation ist unterschiedlich:
Das eine Extrem bildet der steuerfreie Vatikanstaat , der sich in göttlicher Zustimmung sonnt.
Das andere Extrem sind Staaten wie Nauru im Pazifik, deren laxe Gesetze und Rahmenbedingungen Kriminelle und Steuerbetrüger aus aller Welt anlocken.
    Die traditionsreichste Steueroase ist ganz eindeutig die Schweiz . Schon lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verzeichneten die Schweizer Banken einen regen Kapitalzufluss aus Staaten, die von politischen und sozialen Unruhen geprägt waren. Politische Neutralität und Währungsstabilität galten für Vermögensinhaber als Garanten für den Kapitalerhalt. Steuernsparen und Renditechancen waren zu jener Zeit Nebensache.
    Nach dem Krieg tauchten neue Steueroasen auf. Vor allem als Zufluchtsorte vor hoher Besteuerung:
Für einige, wie das marokkanische Tanger , erwies sich der Status als Steueroase nur als eine kurzlebige, aber abwechslungsreiche Episode der Geschichte. Bis 1956 war die „ Internationale Zone Tanger “ ein steuerfreies Sammelbecken für Millionäre, Jetsetter und Glücksritter. Mit umfangreichen Steuervergünstigungen versucht Marokko jetzt erneut, an die steuerfreie Zeit anzuknüpfen und Kapital nach Tanger zu locken.
Für andere Länder, wie Liberia oder Liechtenstein , wurde der Status als Steueroase Grundlage für ein lukratives Geschäft. Im Schifffahrtsregister Liberias wird heute die zweitgrößte Handelsflotte der Welt geführt. Die Schiffseigner sind steuerbefreit. In Liechtenstein steuert die Finanzindustrie über 30 Prozent zum Wirtschaftswachstum des Landes bei. Jahrzehntelang wurde im Fürstentum Steuerbetrugskriminalität von Ausländern geduldet und bewusst gefördert.
Für eine dritte Gruppe entwickelten sich Steueroasen zur Raison d’être – man denke nur an die Länder der Karibik .
    Obwohl die Welt in den letzten zwei, drei Jahrzehnten aufgrund von Kommunikationsnetzwerken, Informationstechnologien, multinationalen Geschäften und koordinierten Finanzvorschriften enger zusammengerückt ist, sind Steueroasen auch heute noch Zufluchtsorte für Kapital aus von Währungsturbulenzen gebeutelten Regionen. Waren es zunächst Jugoslawien, Russland oder Länder in Lateinamerika , sind es heute Griechenland, Italien oder Spanien . Aktuell können sich die Banken in der Schweiz vor Geld kaum retten. Sparer aus den Südländern der Eurozone ziehen Milliarden ab, um diese in der Schweiz zu parken. Dabei steht die Sicherung von Vermögenswerten im Vordergrund.
    Steueroasen behielten ihre Rolle aber auch als Schutz vor zu hoher Steuerbelastung. Denn erhöhen sich in den Industrieländern die Spitzensteuersätze für Unternehmen um einen Prozentpunkt, erhöht sich der Kapitalfluss in die Offshore-Zentren um 5 Prozent – in die Offshore-Zentren der Karibik sogar um bis zu 19 Prozent.
    Gleichzeitig haben Steueroasen die Rahmenbedingungen für ein breites Spektrum von Geschäftsfeldern drastisch verbessert, um Finanzgeschäfte zu erleichtern. Dazu schufen sie moderne und zielgerichtete Gesetze zur Behandlung von Trusts und international verflochtenen Konzernen sowie sektorspezifische Regulierungen. Ihre Niedrig-Steuer-Systeme konnten sich behaupten und verschafften diesen Jurisdiktionen den Vorteil fiskalischer Transparenz verglichen mit dem
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