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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten
Autoren: P. G. Wodehouse
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schließlich schlecht an Hilfsgeistlichen?«
    »Na ja, sie sind alle ziemlich arm. Bill hat keinen roten Heller.«
    »Langsam fange ich an, zu verstehen. Ein armer Freier. Merkwürdig, wie voreingenommen heutzutage viele Leute gegenüber armen Freiern sind. Bei mir war es genau das Gleiche. Als ich deiner Tante Jane den Hof machte, mißfiel dies ihren Eltern auf das Äußerste. Erst an dem Tag, an dem ich plötzlich zum edelsten aller Geschöpfe, einem Earl, wurde und vier Vornamen verliehen bekam und an der Garderobenwand an einem Haken eine Adelskrone hing, da veränderten sich ihre Gesichter. Ihr Vater hatte mich vorher als ›Soda-Verkäufer‹ abgestempelt und mich vermutlich häufig als Nichtsnutz bezeichnet; aber als ich mich in ihrer Wohnung in der Park Avenue mit einer Adelskrone am Kopf und einem Debrett-Band unter dem Arm vorstellte, da war auf einmal alles anders. Er gab mir seinen Segen und eine Zigarre. Gibt es denn für Bill Bailey keine Möglichkeit, ein Earl zu werden?«
    »Nicht, bevor er nicht seine siebenundfünfzig Onkel und Vettern umbringt.«
    »Was ein Hilfsgeistlicher natürlich nur sehr ungern tut. Was hat also Connie daraufhin unternommen?«
    »Sie hat das arme Wesen nach Blandings Castle hinausgeschleppt, wo sie beinahe hinter Schloß und Riegel lebt, da jeder Schritt überwacht wird. Aber diese Myra scheint ein vernünftiges und intelligentes Mädchen zu sein, denn – nachdem sie von ihren Spionen erfahren hatte, daß Lady Constance in Shrewsbury beim Friseur angemeldet ist und erst zum Abendessen wieder zurück sein wird – hat sie sofort Bill angerufen und ihm von diesem freien Tag erzählt, an dem sie schnell nach London fahren kann, um ihn zu heiraten. Sie hat ihn gebeten, sich mit ihr beim Standesamt in der Milton Street zu treffen, wo der Plan sehr schnell und billig ausgeführt werden soll.«
    »Verstehe. Sehr schlau. Ich glaube oft, daß diese schnellen Heiraten die besten sind. Kein großes Theater. Und schließlich, wer hat es denn schon gerne, wenn hunderttausend Bischöfe herumtanzen? Ich sage häufig – wer einen Bischof gesehen hat, hat alle gesehen.« Lord Ickenham machte eine Pause.
    »Nun«, sagte er und blickte auf die Uhr. »Ich glaube, daß es an der Zeit wäre, loszuziehen. Wir dürfen uns nicht verspäten.«
    Pongo erschrak. Für seine aufmerksamen Ohren klang dies beinahe wie der Auftakt für einen jener angenehmen und lehrreichen Nachmittage. Mit genau derselben Tonart und Stimme hatte sein Onkel ihm vor einigen Jahren diesen Besuch beim Hunderennen vorgeschlagen, denn – wie er sagte – gab es keine bessere Möglichkeit, die Seele des Menschen zu ergründen, als ihn bei seinen einfachen Hobbies zu betrachten.
    »Wir? Du kommst doch nicht mit?«
    »Natürlich komme ich mit. Zwei Zeugen sind immer besser als einer. Und die kleine Myra …«
    »Ich kann dir nicht garantieren, daß sie klein ist.«
    »Und Myra – gleichgültig, wie groß sie ist – würde mir nie verzeihen, wenn ich nicht käme, um ihre Hand zu halten, wenn sie verurteilt wird.«
    Pongo biß sich auf die Unterlippe und überlegte hin und her.
    »Na schön. Aber keine Scherze.«
    »Um Gottes Willen, mein Junge. Als ob ich bei derart heiligen Anlässen frivol sein könnte. Ich finde zwar, daß Bill ihrer unwürdig ist und daß ich die Zeremonie aufhalten sollte, wie es jeder vernünftige Mann tun würde. Was ist er eigentlich für ein Bursche? Bleich und schmächtig, wie ich vermute, beinahe etwas schwindsüchtig. Ich höre ihn direkt, wie er mit seiner hohen Tenorstimme die Kollekte des Tages zählt.«
    »Du liebe Güte! Bleich und schmächtig! Er hat drei Jahre lang für Oxford geboxt.«
    »Tatsächlich?«
    »Seine Gegner hat er wie Gras niedergemäht.«
    »Dann müßte ja alles in Ordnung sein. Ich werde ihn vermutlich an mein Herz drücken.«
    Seine Erwartungen wurden erfüllt. Der Reverend Cuthbert Bailey fand seine sofortige Zustimmung. Ihm gefielen kräftige Hilfsgeistliche, und Bill schien ein besonders kräftiger zu sein; einer von jenen Geistlichen, bei denen man sich leicht vorstellen kann, daß sie einen Abtrünnigen vor die Wahl stellen, entweder das Licht Gottes zu sehen oder eine ins Auge zu bekommen.
    Um seine vorherigen Bemerkungen noch zu bekräftigen, hatte Pongo auf dem Weg zur Milton Street seinem Onkel erzählt, daß Bill Bailey bei einer kürzlichen Ansprache an Seelenkranke sehr großen Beifall gefunden hatte; was Lord Ickenham sehr gut begreifen konnte. Er selbst hätte
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