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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten
Autoren: P. G. Wodehouse
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gehabt hatte. Er las den Brief, den Lady Constance eben geschrieben hatte. Nachdem er schließlich in dem Zimmer keine Beschäftigung mehr finden konnte, setzte er sich an den Schreibtisch und widmete seine Gedanken Lord Emsworth und der Kaiserin.
    Er war überzeugt davon, daß dieser durch den Umgang mit diesem widerlichen Mastschwein von Tag zu Tag mehr verdummte; und gescheit war er von Anfang an nicht gewesen, das war zumindest die Meinung des Duke.
     
    Der Wagen rollte langsam davon. Lord Emsworth saß drinnen und hielt verkrampft seinen Regenschirm fest. Lady Constance stand vor sich hingrübelnd in der Haustür und erweckte den Eindruck, als ob sie eben ein Kriegsschiff auf See geschickt hätte. Beach, der Butler, der der Abfahrt seines Herrn beigewohnt hatte, blickte sie mit respektvollem Mitgefühl an. Auch er kannte zur Genüge diese innere Anspannung, die stets entstand, wenn Lord Emsworth auf eine Reise geschickt wurde.
    Myra Schoonmaker erschien und sah aus wie Ophelia im vierten Akt, fünfte Szene, aus Shakespeares berühmten HAMLET, nur daß sie nicht mit Blumen umkränzt war.
    »Guten Tag«, sagte sie mit klangloser Stimme.
    »Hier sind Sie ja, meine Liebe«, sagte Lady Constance und spielte nicht mehr das geschlagene Wrack, sondern die Rolle der Gastgeberin. »Was haben Sie für heute morgen für Pläne?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht werde ich ein oder zwei Briefe schreiben.«
    »Ich muß auch einen Brief beenden. An Ihren Vater. Aber wäre es denn nicht schöner, sich an einem so herrlichen Tag im Freien aufzuhalten?«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    Lady Constance seufzte. Aber eine Gastgeberin muß fröhlich sein. Sie fuhr daher fröhlich fort.
    »Ich habe mich gerade von Lord Emsworth verabschiedet. Er fährt nach London.«
    »Ja. Das hatte er mir erzählt. Er schien nicht gerade begeistert darüber zu sein.«
    »War er auch nicht«, sagte Lady Constance, wobei ihr Gesicht einen verbitterten Ausdruck annahm. »Aber als Mitglied des House of Lords muß er eben gelegentlich seine Pflicht tun.«
    »Er wird sein Schwein vermissen.«
    »Zwei Tage lang wird er diese Gesellschaft wohl entbehren können.«
    »Er wird auch seine Blumen vermissen.«
    »In London gibt es genügend Blumen. Das einzige, was er zu tun hat, ist … um Gottes Willen!«
    »Was ist denn los?«
    »Ich habe vergessen, Clarence einzuschärfen, im Hyde Park keine Blumen zu pflücken. Er wird dort Spazierengehen und Blumen pflücken. Einmal wurde er aus diesem Grunde beinahe eingesperrt. Beach!«
    »Mylady?«
    »Falls Lord Emsworth morgen anruft und erklärt, daß er im Gefängnis sitzt und eine Bürgschaft braucht, so sagen Sie ihm, er soll sich sofort an seine Anwälte wenden – Shoesmith, Shoesmith, Shoesmith and Shoesmith in Lincoln’s Inn Fields.«
    »Jawohl, Mylady.«
    »Ich werde nämlich nicht da sein.«
    »Jawohl, Mylady. Ich verstehe.«
    »Er hat sicherlich ihren Namen vergessen.«
    »Ich werde das Gedächtnis Seiner Lordschaft auffrischen.«
    »Vielen Dank, Beach.«
    »Keine Ursache, Mylady.«
    Myra Schoonmaker starrte ihre Gastgeberin an. Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie sagte:
    »Sie werden nicht hier sein, Lady Constance?«
    »Ich muß zu meinem Friseur nach Shrewsbury und werde dort mit ein paar Freunden zu Mittag essen. Zum Abendessen bin ich selbstverständlich wieder zurück. Jetzt muß ich aber wirklich meinen Brief an Ihren Vater beenden. Ich werde ihn von Ihnen schön grüßen.«
    »Ja, tun Sie das bitte«, sagte Myra und schoß davon – in Lord Emsworths Arbeitszimmer, in dem ein Telefon stand. Die Nummer des Mannes, den sie liebte, war in ihr Herz eingraviert. Erhielt sich zeitweise bei seinem alten Freund aus seiner Oxforder Zeit, Pongo Twistleton, einem Neffen von Lord Ickenham, auf. Aber bis heute hatte sich noch nie eine Gelegenheit geboten, ihn anzurufen.
    Sie saß vor dem Apparat, ihren Blick wachsam auf die Türe gerichtet, denn wer wußte, ob nicht jeden Augenblick Lavender Briggs hereinkommen würde, obwohl Lord Emsworth verreist war. Sie hörte das Telefon in London läuten, bis sich plötzlich ein Stimme meldete.
    »Liebling«, sagte Myra. »Bist du es Liebling? Ich bin es, Liebling.«
    »Liebling!« sagte die Stimme anbetend.
    »Liebling«, sagte Myra, »es ist etwas Wunderbares passiert, Liebling. Lady Constance geht morgen zum Friseur.«
    »So?« sagte die Stimme und wirkte etwas verwirrt, als ob sie überlegte, ob sie Lady Constance für
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