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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten
Autoren: P. G. Wodehouse
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wie »ausgezeichnet« nicht zehnmal hintereinander zu sagen; doch gerade in diesem Augenblick gesellte sich eine große, stolze Frau zu der kleinen Gruppe und betrachtete die drei durch ihre seltsame Brille mit einem sehr einschüchternden Blick. Sie blickte den Earl mit den strengen Augen einer Erzieherin an, die eben entdeckt hat, daß ihr Schutzbefohlener Dummheiten macht.
    »Entschuldigung«, sagte sie.
    Ihre Stimme war ebenso kalt wie ihr Blick. Lavender Briggs konnte Lord Emsworth nicht ausstehen; aber sie haßte schließlich jeden, bei dem sie angestellt war, insbesondere Lord Tilbury, von der Mammoth Publishing Verlags-Gesellschaft, der Lord Emsworths Vorgänger gewesen war. Sie erfüllte zwar getreulich ihre Sekretärinnenpflichten, aber sie haßte es, Gehaltsempfänger sein zu müssen. Ihr Wunsch war es, ein eigenes Geschäft zu betreiben, zum Beispiel als Besitzerin eines Schreibbüros. Der Gedanke, daß sie niemals das erforderliche Kapital für ein derartiges Unternehmen würde aufbringen können, raubte ihr den nächtlichen Schlaf und ließ sie tagsüber noch unerträglicher erscheinen, als sie es normalerweise war. Genau wie George Cyril Wellbeloved, dessen Ansichten rein kommunistisch waren, und denen er seine gebrochene Nase verdankte, blickte auch sie die Reichen scheel von der Seite an. Die faulen Reichen, nannte sie sie manchmal.
    Lord Emsworth, der mit dem Knauf seines Stockes den Rücken der Kaiserin gestreichelt hatte – eine Geste, die die Silber-Medaillen- Gewinnerin sehr schätzte – drehte sich erschreckt um. Wenn immer er unerwartet die Stimme seiner Sekretärin vernahm, hatte er das Gefühl, wieder ein kleiner Junge zu sein, den man beim Marmelade-Naschen erwischt hat.
    »Was? Oh? Miss Briggs. Ein schöner Morgen heute, nicht wahr?«
    »Jawohl! Lady Constance hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, daß Sie sich fertig machen möchten, Lord Emsworth.«
    »Wie? Wie? Ich habe noch viel Zeit.«
    »Lady Constance ist anderer Meinung.«
    »Meine Sachen sind doch gepackt, oder?«
    »Jawohl!«
    »Der Wagen steht vor der Tür, und Lady Constance hat mich gebeten, Ihnen zu sagen – – –«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Lord Emsworth verärgert und fügte zur Sicherheit noch ein drittes »schon gut« hinzu. »Immer ist irgend etwas«, murmelte er und sagte sich im stillen, daß von all seinen Sekretärinnen nicht eine einzige – nicht einmal die tüchtige Baxter – diese Gabe besessen hatte, ihm jeden Funken Lebensfreude zu rauben, wie sie dieses widerwärtige Weib aufwies, das Connie gegen seinen ausdrücklichen Wunsch eingestellt hatte. Immer hinter ihm her, immer ihn antreiben, immer auf der Lauer und immer diese ewigen Aufträge, dies und das und jenes zu tun. Mit dieser Lavender Briggs, mit Connie, dem Duke und den widerlichen, kreischenden Jungen beim See wurde das Leben auf Blandings Castle wirklich unerträglich.
    Er warf der Kaiserin noch einen letzten, traurigen und sehnsüchtigen Blick zu, bevor er davonstolperte und überlegte, wie es schon so viele vor ihm getan hatten, daß die beste Art einer Parlamentseröffnung die wäre, eine Bombe unter das Hohe Haus zu legen und auf den Knopf zu drücken.
     
    Nachdem der Duke of Dunstable in der TIMES alles gelesen hatte, was ihn interessierte, und bei der Lösung des Kreuzwort-Rätsels nach der Hälfte steckengeblieben war, verließ er die Terrasse und begab sich in Lady Constances Wohnzimmer. Er wollte mit jemandem sprechen, und obzwar Connie seiner Meinung nach dumm war – wie alle Frauen – war sie besser als niemand.
    Er war ein großer, schwerer, glatzköpfiger Mann mit hervorstechender Nase, hervorquellenden Augen und einem buschigen weißen Schnurrbart, wie ihn Polizeimajore oder Walrösser zu tragen pflegen. In Whitshire, wo er normalerweise lebte, wenn er sich nicht selbst zu ausgedehnten Besuchen bei anderen Leuten einlud, war er alles eher als beliebt. Seine Beziehungen zu seinen Nachbarn könnte man mit denen eines Haifisches in einem Seekurort vergleichen – er war etwas, das unter allen Umständen zu vermeiden ist. Seine gebieterische Art und seine selbstherrliche Veranlagung ließen ihn niemals Freunde finden.
    Als er sein Ziel erreichte und ohne anzuklopfen eintrat, fand er Lady Constance an ihrem Schreibtisch sitzend vor und brüllte »Hoy!«
    Dieses einsilbige Wort, aus tiefer Kehle gesprochen und im Klang eher an amerikanische Arbeiterkreise erinnernd, ließ Lady Constance wie einen Delphin hochschnellen. Aber sie war
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