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Stets Zu Diensten, Mylady

Stets Zu Diensten, Mylady

Titel: Stets Zu Diensten, Mylady
Autoren: Paula Marshall
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doch jetzt verließ ihn seine hart errungene Fassung. Er starrte Miss Rowallan ungläubig an. “Warum denn, um alles in der Welt?”
    “Nicht hier, Sir”, erwiderte sie. “Warum, habe ich Ihnen gerade erklärt, und ich wiederhole mich nicht gern. Ich wünsche, mit Ihnen ins Geschäft zu kommen. Also teilen Sie mir bitte Ihre Adresse mit. Vielleicht sollte ich hinzufügen, dass es entschieden zu Ihrem eigenen Vorteil wäre, mich zu empfangen.”
    “Duke Street Nummer zehn”, brachte er mühsam hervor. “Ich habe dort Räumlichkeiten gemietet. Auf der ersten Etage.”
    Miss Rowallan zog ihre schön geschwungenen Brauen hoch. “In der Duke Street? Können Sie es sich leisten, dort zu wohnen?”
    “Selbstverständlich nicht. Aber was blieb mir anderes übrig?”
    “Gewiss, ich verstehe. Erwarten Sie also meinen Besuch um elf Uhr. Mrs Grey wird mich begleiten. Machen Sie sich keine Umstände, wir werden keine Bewirtung benötigen.”
    Ohne Wills Antwort abzuwarten, rief sie dem Kutscher zu: “Weiter, James.”
    Will Shafto starrte entgeistert dem eleganten Gefährt nach, als entführe es eine Erscheinung aus der jenseitigen Welt, die ihn mit sich nehmen wollte – und er wusste nicht, ob zum Himmel oder zur Hölle.

2. KAPITEL
    “Nichts Neues von Josiah Wilmot, Bert?”
    Gilbert Barry, Will Shaftos Kammerdiener, Butler und Koch in einer Person, schüttelte bedauernd den Kopf. “Nichts. Aber wie ich ihn kenne, kommt er plötzlich hereingestürmt und zieht ein neues Ass aus dem Ärmel.”
    “Das ist das Ende, Bert, und Sie wissen das so gut wie ich”, sagte Will mit tonloser Stimme, während er aus dem Fenster starrte. “Wenn Sie mich jetzt verlassen wollen, kann ich es Ihnen nicht verübeln.”
    “Davon kann keine Rede sein, Sir. Ich lasse Sie doch nicht im Stich, nachdem ich mich um Sie gekümmert habe, seit Sie ein kleiner Knirps waren. Und dann haben Sie mir ein Dach über dem Kopf gegeben, als ich mit meinem schlimmen Bein aus dem Krieg heimkehrte. Meine kleine Pension aus der Armee hält mich schon über Wasser, solange ich nur bei Ihnen eine Bleibe habe. Nein, Sir, ich verlasse Sie nicht. Außerdem könnte ein armseliger Krüppel wie ich lange nach einem so rücksichtsvollen Dienstherrn suchen.”
    “Aber genau das werden Sie wohl oder übel bald müssen, Bert”, sagte Will düster. “Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Schulden mich ins Marshalsea bringen.”
    “Warten Sie ab, Sir. Noch ist nicht aller Tage Abend. Wer weiß, was morgen ist.”
    Diese tapfere Zuversicht seines alten Dieners konnte Will nicht mehr teilen. Seine Demütigung im Hause Allenby war eine zu gute Geschichte, als dass er auf Diskretion – und sei es nur um Sarahs willen – zählen durfte. Wie ein Lauffeuer würde sich dieser Skandal in Londons besserer Gesellschaft verbreiten. Er durfte es nicht einmal wagen, sich in einem seiner Clubs zu zeigen, denn damit wäre er das Risiko eingegangen, dass man ihm den Zutritt verwehrte, was einer vollständigen gesellschaftlichen Ächtung und dem endgültigen Ruin gleichgekommen wäre. Niedergeschlagen und hoffnungslos ging er an diesem Abend sehr früh zu Bett.
    Am kommenden Morgen brachte er nur mit Mühe und ohne rechten Appetit sein Frühstück hinunter, denn alles hatte den bitteren Geschmack der Niederlage angenommen.
    Nur Miss Rowallans bevorstehender Besuch veranlasste Will, sich aus seinem bequemen Morgenmantel zu schälen und lustlos von Bert ankleiden zu lassen. Er kontrollierte nicht einmal sein Aussehen im Spiegel, sondern verließ sich vollkommen auf seinen Diener. Er hätte den Anblick seines eigenen Gesichts kaum ertragen. Es war schlimm genug, ein Mitgiftjäger zu sein; als ein solcher bloßgestellt zu werden, war gänzlich unerträglich.
    Wie er nicht anders erwartet hatte, traf Miss Rowallan mit ihrer Anstandsdame auf die Minute pünktlich ein und ließ sich von Bert in den Salon führen.
    “Auf Madams Bitte hin habe ich dem Lakai erlaubt, in der Küche zu warten”, informierte der alte Diener Mr Shafto, während er die beiden Damen zu einem großen französischen Sofa geleitete.
    In ihrem schlichten grauen Morgenkleid mit weißem Leinenkragen und weißen Manschetten sah Miss Rowallan beinahe wie eine Quäkerin aus. Sie nahm ohne Umstände auf dem Sofa Platz, und während sie sorgfältig, Finger für Finger, die Handschuhe auszog, sagte sie im liebenswürdigsten Ton: “Es wäre schön, wenn Mrs Grey sich zu meinem Lakai gesellen könnte. Ich ziehe es vor,
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