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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher
Autoren: Stanislaw Lem
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Dieser Bunker hier… Der Baumeister, bei dem ich ihn bestellt hatte, muß ganz schön gestaunt haben, aber ich habe gut gezahlt, und da fragte er nicht. Anderthalb Meter Eisenbeton – außerdem wurden die Wände mit Panzerstahl ausgelegt. Nicht etwa mit genietetem – Nieten könnte man leicht abkneifen –, sondern mit elektrisch geschweißtem! Das ist ein viertel Meter vom besten Panzer, den ich bekommen konnte – er stammt von einem alten Kriegsschiff. Sehen Sie sich alles genau an…«
      Ich kniete am Rande der Verschalung nieder, beugte mich vor und sah die Bunkerwand. Die Eisenplatten waren von oben nach unten geborsten, verbogen wie Bleche einer ungeheuren Konservendose, sie klafften auseinander und zeigten zwischen ihren zerfetzten Rändern eine tiefe Ausbuchtung, aus der das Eisengeflecht der Bewehrung, noch mit Betonbrocken daran, herausragte.
      »Das hat er gemacht…?« fragte ich und dämpfte unwillkürlich die Stimme.
      »Ja.«
      »Wie?«
      »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn zwar aus Stahl gebaut, aber ich habe absichtlich weichen, nicht gehärteten genommen, außerdem war im Bunker kein Werkzeug, als ich ihn einschloß… Ich kann nur Vermutungen anstellen… Ich weiß selbst nicht, jedenfalls hatte ich die Decke besonders gut gesichert – mit dreifachem Panzer, und das kostete mich ein Vermögen. Solche werden nur für Bathyscaphe verwendet. Den schlägt nicht einmal ein Panzergeschoß durch, deshalb denke ich, daß er sich gar nicht erst lange damit befaßt hat.
      Ich nehme an, daß er sich eine Art Induktionsofen produziert hat, mit dem er sich den Kopf härtete, vielleicht induzierte er auch Ströme in den Wandplatten selbst – ich sage Ihnen ja, ich weiß es nicht. Wenn ich ihn beobachtete, verhielt er sich durchaus ruhig: wirtschaftete dort herum, stellte Verbindungen her, erkundete den Raum…«
      »Konnten Sie sich mit ihm irgendwie verständigen?«
      »Aber nein. Seine Intelligenz, was weiß ich, bewegt sich auf dem Niveau einer Eidechse. Zumindest die Ausgangsintelligenz. Wozu er gelangte, das kann ich Ihnen nicht sagen, denn es interessierte mich mehr, wie er zu zerstören ist, als wie ich ihn nach diesem oder jenem fragen kann.«
      »Was haben Sie gemacht?«
      »Es war nachts. Ich wachte auf mit dem Gefühl, daß das ganze Haus einstürzt. Den Panzer hatte er wohl heiß zerschnitten, aber den Beton mußte er schmieden. Als ich hierherkam, saß er schon zur Hälfte im Durchbruch. In spätestens einer halben Stunde wäre er bis zur Erde unter den Fundamenten gelangt. und dann wäre er hindurchgegangen wie durch Butter. Ich mußte rasch handeln.«
      »Sie haben ihm die Elektrizitätszufuhr abgeschaltet?«
      »Sofort. Aber ohne Wirkung.«
      »Unmöglich!«
      »Und dennoch. Ich war nicht vorsichtig genug gewesen. Ich wußte, wo das Kabel verlief, das das Haus versorgte, aber mir kam nicht in den Sinn, daß weiter unten noch weitere Kabel sein konnten. Da war noch eins – mein Pech. Er gelangte zu ihm und machte sich von meinen Ausschaltern unabhängig…«
      »Aber das setzt doch vernünftige Tätigkeit voraus?«
      »Nichts dergleichen: gewöhnlicher Tropismus, aber während die Pflanze zum Licht strebt und das Aufgußtierchen zu einer bestimmten Konzentration von Wasserstoffionen, so suchte er Elektrizität. Die Stärke, die ihm das von mir kontrollierte Kabel lieferte, genügte nicht, also begann er sogleich nach zusätzlichen Quellen zu suchen.«
      »Und was haben Sie gemacht?«
      »Zunächst wollte ich das Elektrizitätswerk anrufen, wenigstens die Versorgungsstation, aber auf diese Weise hätte ich meine Arbeiten verraten – womöglich hätte das ihre Fortsetzung erschwert. Ich wandte flüssigen Sauerstoff an. Zum Glück hatte ich welchen. Mein ganzer Vorrat ging drauf.«
    »Hat ihn die niedrige Temperatur gelähmt?«
      »Es entstand Überleitfähigkeit, er war also im Grunde nicht gelähmt, sondern ohne koordinierte Bewegungen. Er warf sich hin und her… na, ich kann Ihnen sagen, das war ein Schauspiel! Ich mußte mich höllisch beeilen, denn ich wußte nicht, ob er sich nicht auch einem solchen Bad anpaßt, deshalb ließ ich mich erst gar nicht auf ein Ausgießen des Sauerstoffs ein, sondern warf ihn mitsamt den Dewarbehältern hinein…«
      »In Thermosflaschen?«
      »Ja, das sind solche großen Thermosflaschen.«
      »Daher wohl das viele Glas.«
      »Eben. Er hat alles zertrümmert, aber das war alles, was sich
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